Wirtshaus

[NSC]

Donna Camargo
"Du hast uns den Schlamassel doch eingebrockt." Hochmütig reckte Donna das Kinn und lockerte dabei die verschränkten Arme wieder ein wenig, weil sogar ihr die Lächerlichkeit einer solchen Pose klar war. "Hättest sie doch darauf hinweisen können, dass es hier absolut nichts zu finden gibt und dass sie besser in ein Krankenhaus muss mit ihrem Humpelding." Sie vollführte eine fahrige Bewegung mit der Hand. Was genau dieser ungebetene Gast hat, wusste sie nicht, und sie wollte es auch nicht wissen. Wie sie Ruby kannte, hatte die sie aber sogar verarztet, damit sie schon bald wieder ganz allein und krückenfrei auf den Beinen war. Bei den Selenen! Und sowas nannte sich Priesterin!
"Und", fuhr sie fort, senkte dabei aber ihre Stimme zu einem Zischen, das verschwörerisch geklungen hätte, wenn der schnippische Vorwurf nicht von jeder Silbe getropft wäre, "du weißt, dass Mamas Kräfte so kurz vor Vollmond dazu zu schwach sind." Seit sie das Priesteramt abgegeben hatte, litt selbst Mama Santos darunter, dass ihre Kräfte schwanden, je öfter sie sie einsetzte und je mehr Zeit seit dem letzten Ritual vergangen war. Jetzt, so kurz vor dem nächsten, war da nur noch ein sehr schwaches Glimmen der Kräfte, die Mama Santos früher für gewöhnlich und in letzter Zeit zumindest noch an den Tagen direkt nach Vollmond hatte. Andererseits war die Vorhersehung nie Mamas große Stärke gewesen, doch das was Donna gleichgültig. "Ansonsten würde sie sicher deinen Mist wegräumen."

[Ruby Pires]

„Ich? Hab ich die Herrschaften nach Narracion eingeladen oder was?“ Irgendwie war sie grade ganz froh, dass keiner der Expeditionsteilnehmer an Donna geraten war. Zwar hätte die dorfeigene Rassistin niemals etwas über die Tempelanlage preisgegeben, wahrscheinlich aber gleichzeitig so heftig dementiert das es sie gab, dass es schon wieder auffällig geworden wäre. Wenn sie denn überhaupt irgendeine Art der Konversation mit den Fremden geführt hätte und nicht direkt mit der Machete auf sie losgegangen wär.
„Natürlich würde sie das.“ Sie hätte nicht mit Mama Santos anfangen dürfen. Ruby mochte die alte Dame mehr, als die Heulboje vor sich, aber auch nicht wirklich. Die ehemalige Priesterin hatte nur widerwillig ihren Posten abgegeben – Gott sei Dank nicht an Ruby selbst – und seitdem Mama in Rente gegangen war, war Donna noch leidiger als ohnehin schon.

„Ich werde mit Sicherheit keinen Gast wegschicken, schon gar nicht wenn er verletzt ist“, Ruby senkte nun ebenfalls die Stimme, auch wenn sie bezweifelte das jemand vor der Tür rumlungerte. Zumindest noch nicht um die Uhrzeit. „Bis zum Ritual sind es noch vier Tage. Wer weiß was in der Zeit noch alles passiert. Bis übermorgen werd ich sie schon los.“ Sie hatte ja keine andere Wahl. Spätestens am Tag des Rituales würde sie sich früh im Morgengrauen auf den Weg machen müssen, um noch pünktlich anzukommen. Und das war der Notplan. Lieber wäre es ihr, wenn sie noch am Vortag aufbrechen könnte. Donna schien nicht begeistert und Ruby setzte wieder das patentierte Wirtinnen-Lächeln auf. „Möchtest du was trinken?“

[NSC]

Donna Camargo
"Nach Narracion nicht, nein", murmelte Donna und funkelte Ruby vorwurfsvoll an. Man konnte es mit der Gastfreundschaft doch auch übertreiben - zumal bei solchen Leuten! Irgendwo musste es doch einen Schlussstrich geben, und den zog Donna, sobald ihr Glauben, ihre Familie, ihr Dorf - kurz: ihre Art zu leben auch nur im entferntesten bedroht wurde - zumindest in ihren Augen. Aber dass diese Expedition schlecht, böse und zu allem Überfluss auch noch mit einem extrem schlechten Timing versehen war, konnte doch nicht einmal Ruby abstreiten!
"Hmmm", machte Donna langgezogen, kniff die Augen leicht zusammen und warf Ruby einen langen, nachdenklichen Blick zu. Spätestens übermorgen also.. Das konnte schon viel zu spät sein. Außerdem bedeutete das, dass Donna diesen Dorn in ihrem paranoiden Fleisch noch zwei weitere Tage ertragen musste.
"Ich nehme dich beim Wort. Zwei Tage!" Sie hob die Brauen und gönnte Ruby auf ihre freundliche Frage nur eine gekräuselte Oberlippe, während sie sich langsam umdrehte und zur Tür watschelte. "Zwei Tage!", wiederholte sie im Gehen noch einmal mahnend.

[Ruby Pires]

„Das hier ist ein Wirtshaus, Donna. Ob du’s glaubst oder nicht, ich verdiene mein Geld damit, gastfreundlich zu sein.“ Das ging schon seit Jahren nicht in den Kopf ihres ungebetenen Gastes. Vermutlich würde Donna ihren Laden am liebsten zusperren oder zumindest ein riesiges Schild an der Tür anbringen, das Fremden das Betreten des Ladens verbot oder ähnliches.
Das Timing der Expedition war tatsächlich mehr als schlecht und auch der verknackste Knöchel der Doktorin kam ungelegen, aber was sollte sie bitte machen? Sie hatte in der letzten Nacht schon gewartet, bis Bueno eingeschlafen war und dann eine leise, kurze Séance in ihrem Schlafzimmer abgehalten um etwas Beistand oder eine Eingebung zu erbitten, aber bisher hatte sie kein Zeichen bekommen.
„Jaja, zwei Tage.“ Sie sah ihr hinterher bis die Tür hinter ihr ins Schloss gefallen war, dann atmete sie einmal erleichtert aus und verdrehte sichtlich die Augen. Gott, diese Frau war eine Pest. Nicht mehr und nicht weniger. „Zwei Tage... zwei Tage, sonst was? Legst du mir nen Pferdekopf ins Bett?“, grummelte sie in ihren nichtvorhandenen Bart und stellte das letzte polierte Glas in den Schrank unter der Theke.

Wo war diese übereifrige Wissenschaftlerin eigentlich hin? Vielleicht sollte sie Bueno mal suchen gehen, bevor die auf blöde Ideen kam und ein Loch in die Mitte des Dorfes buddelte oder sowas. Nur Stress mit den Fremden. Und mit den Einheimischen auch.

[NSC]

Donna Camargo
Donna zog die Tür hinter sich ins Schloss und atmete schnaubend aus. Ihrer Meinung nach war es schon eine dumme Idee gewesen, dass eine Ausländerin - also jemand, der nicht in Atempo lebte - das Gasthaus überhaupt übernehmen hatte dürfen. Das sollte ein netter, gemütlicher Ort sein, an dem man beruhigt mit den Nachbarn zusammen sitzen konnte - kein Anlaufpunkt für Gringos! Natürlich musste selbst Donna zugeben, dass von gelegentlichen Familienbesuchen wie dieser Frau einmal abgesehen, die zeitgleich mit der Expedition eingetroffen war, um Oscar zu besuchen, eigentlich nie jemand zu ihnen kam. Dass gestern eine ganze Horde Gringos mit Städtern und sogar echten Ausländern eingefallen war, hatte sie sogar ziemlich erschreckt.
Manchmal vergaß Donna beinahe, dass es außerhalb von Dorf und Dschungel eine Welt gab. Das waren die guten Tage.
Kopfschüttelnd ließ sie das Gasthaus hinter sich. Sie musste diese Sache noch einmal mit Mama besprechen. Wenn ihre selenistischen Kräfte auch schwach waren - vielleicht schaffte Mama es ja, diese Fremde mit ihrem grässlichen Voodoo-Spuk genug zu ängstigen, dass sie ein Krankenhaus in San Palabra für einen viel, viel besseren Ort hielt.

tbc: wo gebraucht

[Narracion]

[Ruby Pires]

‚Ruuuby... Schätzelein...’ Skeptisch, eine Augenbrauen hochzogen, bedachte sie den leicht betrunkenen, etwas älteren Herrn über die Theke hinweg mit einem tadelnden Blick. „So schonmal gar nicht mein Freund. Bier gibt’s nur ohne Spitznamen, die Regel kennst du.“ Schuldbewusst sah der Schleimbolzen auf seine Schuhspitzen, bis Ruby ihm schmunzelnd noch ein Bierglas über die Theke schob. Er war angesoffen, sicher, aber nicht so schlimm, dass sie Sperrstunde für ihn aussprach.
Das Gasthaus war, wie beinahe jeden Abend, brechend voll. Die Tische waren größtenteils besetzt, kein Hocker an der Bar war mehr frei und einige hatten sich mit ihren Gläsern vors Wirtshaus verzogen, um noch ein wenig die frische, narracitische Abendluft zu genießen. Mit Gewittern musste man heute vermutlich nicht mehr rechnen, weswegen es die Meute bedenkenlos ins Freie trieb. Und Ruby vertraute ihren Gästen genug, dass sie nicht irgendwann einfach mit den Gläsern verschwanden. Es war beinahe schon eine schauspielerische Meisterleistung, wie sie es schaffte, gute Miene zum bösen Spiel zu treiben. Während sie lachte, plauderte und den ein oder anderen Selbstgebrannten mittrank, wenn sie eingeladen wurde, drehten sich ihre Gedanken doch nur pausenlos um das Ritual und den ungebetenen Gast, den sie seit dem Morgen auch nicht mehr gesehen hatte.

Mit einem fröhlichen Grinsen und einem letzten Schäkern verschwand der Romeo auch samt Bierglas nach draußen und Ruby sah ihm einen Moment schmunzelnd nach, bis sie das allzu vertraute Gesicht erkannte, das kurz darauf in der Tür erschien. „Javier!“ Freudig strahlte sie ihm entgegen, auch wenn sie keine Ahnung hatte, was ihn ins Dorf führte. Sollte er nicht eher am Tempel alles für das Ritual vorbereiten? „Lange nicht gesehen. Was darf’s sein?“ Überschwänglich wie eh und je.

[Javier Santos]

Javier hatte sich von May und Allegra verabschiedet und war nach Atempo aufgebrochen. Er freute sich, mal wieder ins Dorf zu kommen, mit der zahlreichen Verwandtschaft zu erzählen und zusammenzusein. Ein wenig Unruhe schwang schon mit, als er sich dem Wirthaus näherte. Die Leute wurden von Ruby anscheinend gerade nach draußen befördert. Sehr gut. So konnte er in Ruhe nach der Fremden fragen, die bei ihr abgestiegen war. Er ließ die Gäste passieren und betrat das Wirtshaus.
Er erblickte Ruby, welche ihn freudestrahlend begrüßte. Er freute sich und lachte. "Hallo Ruby."
Er folgte Ruby zum Tresen und setzte sich.
"Nun, erzähl- Ich hörte schon im Dorf- eine Fremde ist hier bei dir? Was ist los? " Das Lächeln war nun doch etwas angespannt. Er hob die Hand- er haßte schlechte Nachrichten und seufzte. "Nein, halt- bring mir erst was kühles zum trinken bitte, alkoholfrei." Er lächelte.

[Ruby Pires]

"Junge, Junge, diese Tratschmäuler", sie grinste leicht und ignorierte dabei völlig, dass sie meistens bei Klatsch und Tratsch ganz vorne mit dabei war. War ja quasi ihre Pflicht, als Wirtin. Sie dirigierte Javier ein wenig abseits des Pulkes an die Ecke der Theke. Zwar waren viele Gäste draußen, aber auch der Schankraum war noch gut belegt und niemand musste direkt mithören können, was sie zu bereden hatten. Rasch hatte er ein Glas Soda mit Mango und Eiswürfeln vor der Nase.
"In den letzten Tagen waren einige Fremde hier", beinahe schon automatisch senkte sie die Stimme. Für die anderen Gäste sah es vermutlich so aus, als würde sie mit einem guten Freund ein paar privatere Themen besprechen, obwohl es eigentlich nur eine Frage der Zeit war, bis sie doch unterbrochen werden würden.

"Ein kompletter Forschungstrupp ist durch Atempo marschiert, angeblich auf der Suche nach einem Inkatempel." Ihr Blick genügte eigentlich schon. Die Vermutung, dass sie nach dem Rad suchten lag einfach zu offensichtlich auf der Hand. "Eine Dame hat sich allerdings noch bei der Anreise den Fuß verknackst und ist vorerst hier im Gasthaus untergekommen. Sie schnuppert im Dorf rum, hat mir so schon Donna auf den Hals gehetzt, den elenden Drachen, aber was soll ich tun? Ich kann sie ja nicht an ihr Bett fesseln, auch wenn's ihrem Fuß gut tun würde." Sie seufzte kellertief. "Nun darf ich zusehen, wie ich die Frau Doktorin loswerde, bevor ich mich selber auf den Weg machen muss." Und die Zeit rannte ihr unaufhaltsam davon.

[Javier Santos]

Javier folgte Ruby ein wenig abseits der Leute. Er nahm sein Glas und hielt es in der Hand. Was Ruby dann allerdings sagte, schockte ihn so sehr, daß er es einfach nur in der Hand hielt. Forscher suchen nach dem Rad des Mondes! Ja, es war doch so schlimm. Er holte tief Luft. Was tun, was tun, was tun? Hoffen, das sie den Tempel nicht fanden? Ob man dieser Doktore mal auf den Zahn fühlt....?
"Wir müssen unbedingt wissen, wo sie sind!" erklärte er schließlich. "Was ist mit Miguel? Ich hab ihn nicht im Dorf gesehen?" fragte Javier stirnrunzelnd.