Wirtshaus

[Scott Mitchell]

Scott lachte leise bei Dr. Buenos irritierter Nachfrage auf.
"Machen Sie sich keine Sorgen, Sie werden alle schon kennen lernen. Wobei Sie sich darauf gefasst machen können, dass einige von diesen Kandidaten sie nach ein paar Stunden, ja, selbst wenn sie sie noch nicht einmal kennengelernt haben, bereits besser kennen als Sie sich selbst."
Und das Erstaunliche war, dass Einige eine wirklich gute Nase hatten. Er hatte den Leuten gar nicht erzählt, wo er herkam und schon hieß, 'ey, New Mexico!' im schönsten spanischen Dialekt. Nun er hatte nichts zu verheimlichen. Und manche Geschichten machten sein Leben nur aufregender als es war. Warum sollte ihn das stören!

[Mercedes Bueno]

Wirklich überzeugen konnte sie das ja jetzt nicht, und das konnte man Dr. Bueno auch mit Leichtigkeit vom Gesicht ablesen. Offenbar schien Scott der Meinung zu sein, es ginge ihr um belanglosen Smalltalk, um das Knüpfen am Ende gar freundschaftliche Kontakte - aber hier ging es doch um etwas Ernsthaftes!
Sie gab einen undefinierten Laut von sich, der von Skepsis über Desinteresse bis hin zu Zustimmung so etwa alles enthalten konnte, nippte an ihrem Kaffee und bemühte sich, eine bequeme Sitzposition zu finden. Es war wohl an der Zeit, erst einmal einen Schlafplatz zu finden. Andererseits hatte sie ja auch ein Zelt dabei. Die Aussicht, trotz dörflicher Umgebung unter einer Plane nächtigen zu müssen, behagte ihr wenig, aber ehe sie Quartier in irgendeiner zugigen, tropfenden Hütte bei vollkommen unbekannten Barbaren nahm...
Dr. Bueno blies in ihre Tasse. Sie hatte ein Abenteuer gewollt. Nun, es sah anders aus als in ihren Plänen, aber zweifelsfrei hatte sie eines gefunden.

tbc: nächster Tag

[Narracion]

[Ruby Pires]

[Einstiegspost]

Sollte sie sich nun Sorgen machen, oder eher nicht? Am Morgen war ihr unerwarteter Gast mit der Erklärung, sie wolle zur Kirche, von dannen gehumpelt und ward seit dem nicht mehr gesehen worden. Wirklich traurig war Ruby nicht darüber. Sicherlich, als zuvorkommende Person hatte sie die feine Frau Doktorin gastfreundlich in ihrem Häuschen aufgenommen und sich am Abend sogar noch den verstauchten Knöchel näher angesehen – wobei die Wissenschaftlerin auf eine hausgemachte Salbe verzichtet hatte – aber so wirklich gebrauchen, konnte sie Gäste momentan nicht. Und schon gar nicht solche Gäste.

Ein bisschen nachdenklich und auch ein bisschen grummelig, stand sie also hinter der Theke ihres Wirtshauses und beseitigte die letzten Spuren des Vorabends. Einige Gläser wollten noch gespült und poliert werden und sie konnte sich bald dran machen, noch ein paar Flaschen Schnaps nachzufüllen, bevor sie sich für ein Weilchen verabschieden musste. Wenn sie, wegen dieser neugierigen Wissenschaftlerin, überhaupt dazu kam. Ruhig bleiben, nachdenken, polieren. Ruhig bleiben, nachdenken, polieren.

[NSC]

Donna Camargo
Donna öffnete die Tür zum Wirtshaus, ohne sich lange mit Klopfen aufzuhalten. Vermutlich wäre sie gegen die Tür gelaufen, wenn sie wider Erwarten geschlossen gewesen wäre. So aber rauschte sie ins Innere, blickte sich um, als erwartete sie den Angriff von versteckten Unholden, und steuerte schließlich auf den Tresen zu. Natürlich, da stand sie und polierte Gläser! Gläser! Als würde das irgendetwas ändern! Wenn sie schon nicht zur Messe ging, könnte sie ja wenigstens solange etwas Nützliches tun!
Donna war zwar überzeugte Selenistin, aber das hielt sie nicht davon ab, vor den nicht-selenistischen Nachbarn die ebenso überzeugte Christin zu geben. Zur Messe saß sie in der ersten Reihe, schon um nicht aufzufallen.
"Ruby!" Sie vollführte mit ihrem Kinn eine Geste, die man als grüßendes Nicken erkennen konnte, wenn man Donna kannte. Sie marschierte zur Theke, stützte sich mit den Händen auf der Oberfläche ab, auch wenn sie die Arme dafür ziemlich stark zur Seite strecken musste, und funkelte die Gastwirtin an. "Sie war in der Messe. Der Messe!" Sie hob vorwurfsvoll die Brauen. "Was gedenkst du, gegen sie zu tun?" Sie musste nicht einmal die Stimme senken, solange sie nur über Rubys Gast und nicht diese ganze schreckliche Expedition sprach, denn ihr Unwillen gegen jeden Fremden, der einen Fuß nach Atempo setzte, war allgemein bekannt.

[Ruby Pires]

Und RUMMS da flog die Türe auf.
Generell hatte sie solchen Übereifer nur zwei Phänomenen zu verdanken; entweder bereits besoffene Kundschaft, was um die Uhrzeit allerdings ungewöhnlich gewesen wäre, oder... sie. Es. Donna. Man konnte als Mensch so vorurteilsfrei sein wie man wollte, jeder, wirklich restlos jeder, hatte irgendwie was gegen Donna. Und wenn es nur ihre Stimme war, die prompt nervtötend durch die Kneipe hallte und Ruby kaum merklich die Augen verdrehen ließ. War doch nur eine Frage der Zeit gewesen.
Auf die schroffe ‚Begrüßung’ hob sie nur fragend die Augenbrauen. „Skandal, sie hat eine christliche Messe besucht. Diese Heuchlerin!“ Natürlich ging es um sie. Ihren ungebetenen Gast, der seit seiner Ankunft in Atempo rumzuschnüffeln schien. Nur mit ihr hatte die gute Doktor Bueno noch nicht gesprochen. „Ich dachte daran, sie mit der Machete da zu meucheln und anschließend in meinem Obstgarten zu verbuddeln“, sprach’s trocken und deutete auf das beeindruckende Hackbeil, das hinter der Theke als Deko an der Wand hing.

Hoffentlich verstand Donna, dass das ein Witz sein sollte. Ruby zuckte mit den Achseln und griff sich das nächste Glas, um ihre Poliererei fortzusetzen. „Im Ernst, was soll ich bitte tun? Die Frau ist eh schon ramponiert, ich kann sie ja nicht einfach auf die Straße setzen.“ Und genau da lag ja das Problem. In vier Tagen musste sie aufbrechen und bis dahin galt es, Mercedes irgendwie loszuwerden.

[NSC]

Donna Camargo
"Sehr witzig", bemerkte Donna humorfrei und blähte empört die Nasenflügel auf. Seit Mama nicht mehr das Ruder führte - und Donna war sehr großzügig darin, die Tatsache zu übersehen, dass auch Mama Santos, ehe sie ihre Priesterschaft aufgegeben hatte, nicht alleine über die Geschicke des Rad des Mondes gewaltet hatte - nahmen diese jungen Priesterinnen ihre Aufgabe einfach nicht mehr ernst! Da spazierte eine Ungläubige einfach so durch ihr Dorf, drang dreist bis in die tiefsten Orte dörflicher Gemeinschaft vor, um ihr die Geheimnisse der Selenisten zu entreißen - und das alles, während eine Schar Gringos in Donnas Dschungel nach Donnas Tempel suchten! - und diese junge Priesterin hier hatte nichts Besseres zu tun, als Gläser zu polieren und dumme Witze zu reißen! Empörend! Wenn ihre eigenen Kinder dort erst mal Einfluss nahmen statt ihrer wohl nutzlosen Anverwandtschaft, würden sich die Dinge aber ändern!
"Wenn sie gesund genug ist, um in die Kirche zu humpeln, kann sie ja wohl nicht zu ramponiert sein, um sie zum Handelsposten und auf dieses Schiff da zu schaffen!" Donna schob schmollend die Unterlippe vor. "Soll sich doch der Gringo dort um sie kümmern, bis dieser Seelenverkäufer sie in die Stadt bringt. Das ist nicht unsere Aufgabe!" Und erst recht nicht die von Selenisten. Sie verengte angriffslustig die Augen. "Wie lange willst du sie denn hochpäppeln?"

[Ruby Pires]

Es war nicht wirklich ein Geheimnis, dass Donna sich allgemeine Dorfdominierung wünschte, von absoluter Einreisesperre für Fremde mal ganz zu schweigen. Doch als Selenistin war sie wertvolles Mitglied ihrer Gemeinde, weswegen Ruby, mehr als andere, versuchte freundlich zu ihr zu sein... aber mal ehrlich, manchmal machte es einem diese Frau aber auch schwer!
„Das Problem ist ja, dass sie keinerlei Absicht hat wieder dahin zurück zu fahren, wo sie hergekommen ist. Sie gehört zu dem Trupp, der in den Dschungel aufgebrochen ist. Zumindest haben die sie gestern bei mir abgeliefert.“ Ruby hoffte ja insgeheim, erfahren zu können wie weit diese Forscher bei ihrer Suche nach dem Rad waren, aber bisher schwieg die Doktorin wie ein Grab. Sie bezweifelte allerdings, dass sie bei ihrer Recherche bezüglich des genauen Standortes des Tempels weiter gekommen waren. Mehr als ein Lied, schienen sie als Grundlage nicht zu haben. Auch wenn die Grundlage zugegeben schon nicht schlecht war. „Nicht mehr lange. Glaub mir, ich weiß genauso gut wie du, dass es zeitlich etwas knapp wird. Aber ich kann sie ja bei dir abladen, hm? Es wäre eine gute Tat für die Gemeinde.“ Ruby lächelte zuckersüß.

[NSC]

Donna Camargo
"Hah!" Donna stieß einen abfälligen Laut aus, stieß sich vom Tresen ab und verschränkte die Arme vor der Brust, während sie Ruby beinahe feindselig musterte. "Die kommt mir nicht über die Schwelle, diese Städterin. Ich hätte auch gar keine Zeit, mich um sie zu kümmern, immerhin habe ich zwei Haushalte, die ich führen muss - und Mama wäre entsetzt, wenn ich sie für eine solche.. solche.. für so eine vernachlässigen würde. Gerade momentan ist schrecklich viel vorzubereiten." Es war nie ganz einfach, Mama unauffällig aus dem Dorf zu schaffen; als May noch nicht in Atempo gelebt hatte, waren sie immer offiziell zu ihr gereist, aber mit der Ankunft ihrer Schwester war diese Ausrede entschwunden. Und ausgerechnet die war jetzt eine Priesterin geworden!
"Wenn keiner sie aufnimmt, hat sie halt keine Chance und muss verschwinden. Das ist ja wohl ganz logisch. Aber wenn du ihr natürlich Hilfe anbietest.. und dann schickst du deine Aushilfe auch noch mit diesen grässlichen Forschern mit!" Nicht, dass Donna seit Scotts Ankunft auch nur ein einziges gutes Haar an dem Amerikaner gelassen hätte, aber es war ja wohl das eine, ihn im Wirtshaus als Aushilfe jobben zu lassen, und etwas ganz anderes, mit seiner Freistellung diese Forscher zu unterstützen! "Was hast du dir dabei überhaupt gedacht?!"

[Ruby Pires]

Solche... solche... abwartend hob Ruby die Augenbrauen, während sie Donna bei der Wortfindung zusah. Ein Wunder, dass ihr am Ende kein Schimpfwort einfiel, das passend genug für ihren ungebetenen Gast war. Sonst war sie auf dem Gebiet weitaus eloquenter. „Jaja, ich weiß.“ Sie winkte ab und widmete sich dem nächsten Glas. „Ich dachte nur, wenn du so erpicht darauf bist, sie loszuwerden, könntest du dich etwas an der Lösungsfindung beteiligen.“ Immer freundlich lächeln und einfach ignorieren, dass sie die Dorffurie vor sich hatte.
„Freu dich doch, dass meine Aushilfe weg ist“, Ruby zuckte nonchalant mit den Schultern. Scott hatte ihr in der letzten Zeit zugegeben etwas auf den Füßen gestanden, was der primäre Grund gewesen war, ihn mit den Forschern ziehen zu lassen. Er war ein netter Junge und eine ordentliche Hilfe, aber den Göttern sei’s gedankt, dass er genauso wenig Ahnung vom Dschungel hatte, wie der Forschertrupp, den er begleiten sollte. Nach einigem Hin und Her und der ein oder anderen Abwägung der Situation, hatte sie es als nicht besonders gefährlich eingestuft, Scott ziehen zu lassen. Ob der Trupp sich nun mit oder ohne den Jungen verlief, machte da keinen Unterschied.
„Kann Mama nicht mal in die Karten sehen und eine Lösung für mein Problemchen finden?“ Nicht das sie die Frage wirklich ernst meinte. Zwar kam sie mit den ‚Irren’ des Dorfes ein wenig besser klar als andere, aber nach wie vor nicht wirklich gut.