Schlafbereich

[May Comida]

May schüttelte langsam aber bestimmt den Kopf.
Yane musste hier hin zurück. Es war schon grober Unfug, dass sie den Männern ohne einen Schutz überhaupt erst nachgestiegen ist. Aber das dann auch noch weiterverfolgen? Auf gar keinen Fall.
Da würde sie nicht mitmachen. Und Allegra wäre sicherlich auf ihrer Seite. Und stopp.. Warum wollte sie das überhaupt?
Fragend hob sie beide Hände.

[Yane Alboni]

Yane krampfte sich der Magen zusammen.

Sie wollte hier nicht weg! Diese Leute waren interessant, sie hatten etwas mit dem Tempel zu tun, sie waren zu einer eigenartigen, beinahe auffälligen Zeit hier aufgetaucht, sie jetzt allein weiter herumsuchen zu lassen erschien ihr so fahrlässig, außerdem war sie neugierig - das gestand sie sich ein - und sie wusste sich doch zu schützen und zu verstecken! Santiago hatte sie beim Austreten nicht gesehen und auch jetzt würden die zwei, die gegangen waren, die sich etwa südwestlich von ihr befanden und die zwei, die geblieben waren, etwa nordöstlich von ihr, auch nicht finden, denn der Baumstamm war ein verdammt gutes Versteck!

Wieder einmal zu spät bemerkend, dass in einer solchen Sitzung kein Gedanke verborgen blieb, wurde sie sich der Reaktionen ihrer älteren Kolleginnen bewusst. Klar, setz dich mitten rein und leg dich schlafen - die erwischen dich bestimmt nicht und stechen dich im Schlaf ab!

Mays zorniges Gesicht hatte sie mehr als deutlich vor Augen, wie sie den lackierten Finger hob und sie mahnend zur Vernunft rief. Hätte sie jemals Eltern gehabt, sie wären nicht halb so schlimm gewesen wie May und Allegra. Wenigstens Ruby war halbwegs auf ihrer Seite.

Yane schmollte.

[Allegra Dominguez]

Störrisch wie ein Teenager! Nun, wenn man es genau betrachtete, war sie das ja auch beinahe noch. Allegra spürte nur zu gut, dass Yane sich gerade in erster Linie mit ihren eigenen Wünschen und der Furcht, dass diese durchkreuzt werden könnten, beschäftigte. Ja, ja, sie war neugierig und wollte mehr Zeit in der Nähe der fremden, aufregenden Männer verbringen, schon klar. Und natürlich war sie total klug und hatte jede Möglichkeit bedacht und war deshalb ganz bestimmt super sicher. Teenager-Gedanken! Allegras Unzufriedenheit grollte deutlich. Sie wollte dem Kind nur zu gern ein paar Argumente um die Ohren hauen, aber dazu war diese Verbindung einfach nicht geeignet.

Sie bemühte sich, das Bild des Schattens, der über die Namen an der Tafel wanderte, noch einmal zu intensivieren. Yane war doch feinfühlig, sie würde doch spüren müssen, wenn einer der Männer dort von einem Schatten besessen war! Solange das nicht der Fall war, hatten sie noch eine Chance, dass das alles glimpflich ablief. Bloß dass diese Männer direkt am Rand jenes Weges lagerten, den die anderen Selenisten bald gehen würden, beunruhigte Allegra zutiefst. Wie sollte jemand wie Mays Schwester mit ihrem unfangreichen Anhang diesen Augen verborgen bleiben?

[May Comida]

May spürte deutlich wie ihre Konzentration schwächer wurde und sie nur noch halbwegs bei der Sache war.
Dennoch konnte sie noch Yanes und Allegras Gefühle erfühlen.
Sie selbst hätte in Yanes Alter wohl auch nicht anders gedacht und sie selbst hätte sich auch gegen den Rat der anderen Priesterinnen gestellt.
May seufzte im Schlaf. Und sie konnte auch Allegras Unruhe verstehen. Sie waren einfach zu nah dran. Sie waren darauf angewiesen, dass sie sichtbar für sie blieben würden.
Und das funktionierte zur Zeit dummerweise nur mit Yane. Mays Ratlosigkeit nahm immer mehr Platz in ihrem Gedankenstrom ein.

[Yane Alboni]

Die schiere Tatsache, dass sie die Fremden, weder Santiago noch den bislang unbekannten Williams allein im Dschungel herumstochern lassen konnten und ausschließlich Yane nah genug war um wirklich etwas tun zu können, gaben ihr die Ruhe jetzt die richtigen Ansichten präsentieren zu können. May war nur noch peripher wahr zu nehmen, also beeilte sich Yane und zeigte den anderen ein Bild, das sie ihrer eigenen Visualisierung entnahm: Wächter, die in ihre Richtung kamen. Gegen eine physische Attacke hatte Yane nichts zu bieten, entsprechend brauchte sie Hilfe, auch um die zu warnen, die sich zum Tempel aufgemacht hatten. Und natürlich mussten die gewarnt werden, die sich bereits mit den Vorbereitungen beschäftigten.

Es war unmöglich Allegra und May glaubwürdig zu vermitteln, dass es nicht nur Yanes Neugier war, die sie bleiben lassen wollte. Sie spürte, dass sie dort noch gebraucht werden würde. Es wäre falsch jetzt zu gehen. Doch sie musste das OK der beiden abwarten, ehe sie die Verbindung kappen und weiter machen konnte.

Erwartungsvoll ließ sie Schweigen eintreten.

[Allegra Dominguez]

Nun gut. Entweder, Yane hatte nichts von einem Schatten gesehen - und wie man 'nichts' transportieren sollte, war immer eine schwierige Frage - oder sie wollte nicht auf diese Frage antworten. Ein drittes Mal nachzuhaken würde vermutlich ebenso erfolglos sein. Da Allegra außerdem spürte, wie May immer weiter davonglitt, beschloss sie, die Sache lieber kurz zu halten - wie lange sie selbst diese Verbindung nach würde halten können, war eh dahingestellt.

Yane wollte also Verstärkung. Na großartig. Statt herzukommen und sie dabei zu unterstützen, die Tempel vor einer Entdeckung zu schützen, würde sie also dort bleiben, sich in Gefahr bringen, die sie selbst nicht einschätzen konnte, und zur Krönung wollte sie auch noch, dass die Tempelwächter zu ihr kamen! Natürlich würden sie einen oder zwei Tempelwächter zu ihr schicken; das war doch auch deren Aufgabe! Es war hingegen nicht die Aufgabe einer jungen, viel zu unerfahrenen Priesterin!

Allegra sandte Yane das Bild von ihr entgegenkommenden Personen - und dann spürte sie, wie sie selbst aus der Verbindung rutschte - eine Spur zu früh, ehe sie das eindringliche Bild hätte hinterherschicken können, wie Yane sich stante pede auf den Weg zum Tempel zu machen hatte, sobald die Wächter da waren! Die würden eine Ablösung sein, keine Verstärkung! Bloß schade, dass sie diesen letzten Teil nicht mehr hatte kommunizieren können...

Unruhig warf Allegra sich im Bett hin und her und versank in einen traumlosen Schlaf.

tbc: nächster Tag

[Narracion]