Außentreppe

[Allegra Dominguez]

"Ist der Weg von der Schlucht zu den acht Königinnen schon frei?" Wenn ihr Besuch schon heute eintreffen sollte, sollte er nicht gezwungen sein, einen langen Umweg durch den Dschungel nehmen zu müssen, denn je schneller er den Tempel erreichte, umso besser.
Allegra aschte ab, kniff die Augen leicht zusammen und blinzelte in die Sonne. "Wenn nicht, sollte das schnell geschehen. Ich könnte auch gerade gut etwas Bewegung gebrauchen - und die Schutzrunen an den acht Königinnen überprüfen könnte ich dann auch gleich." Die beiden anderen Tempelwächter waren vermutlich gerade irgendwo im Dschungel, und auch, wenn es Aufgaben gab, die sich besser mit vereinten Kräften erledigen ließen, konnte sie zumindest bei allem, was reine Handarbeit war, gut mitanpacken. Dann waren sie zumindest schon mal zu zweit.

[NSC]

Javier Santos
Auf Allegras Frage hin schüttelte Javier beiläufig den Kopf, unterbrach sie allerdings nicht. Als sie schließlich geendet hatte, nickte er lächelnd und erhob sich mit einer ruckartigen Bewegung. „In Ordnung.“ Der Tempelwächter klatschte einmal in die Hände, vertrieb, oder unterdrückte zumindest für einen Augenblick, den letzten Rest Müdigkeit aus seinem Geist und wandte sich dann der Priesterin zu. „Dann sollten wir sofort aufbrechen, ehe ich es mir hier zu gemütlich gemacht habe. Sonst könnte ich noch anfangen Faulheit zu entwickeln.“ Ein letztes, kurzes (aber überaus wichtiges) Strecken, dann war der bärtige Tempelwächter bereit und machte sich mit beschwingt großen Schritten daran die Stufen wieder nach unten zu steigen.

[Allegra Dominguez]

"So etwas müssen wir im Keim ersticken", erwiderte Allegra schmunzelnd, drückte ihre Zigarette nach einem letzten Zug auf der Treppenstufe auf und erhob sich. Sie hatte Javier noch nie faul erlebt - und dass er es je werden könnte, hielt sie auch für eher unwahrscheinlich. "Ich hole nur eben meine Tasche und meinen Hut." Und ihren Kaffeebecher konnte sie bei der Gelegenheit auch gleich wegbringen.
Leichtfüßig lief sie hinter Javier die Außentreppe des Tempelgebäudes hinab. "Bist du sicher, dass du dir nicht noch einen Kaffee für auf den Weg gönnen willst?", fragte sie, ehe sie mit ihrer Tasse im Tempel verschwand und kurz darauf mit einem Strohhut auf dem Kopf und eine stabilen Tuchtasche über der Schulter wieder aus dem kühlen Gebäude trat. Ein leichter Kräuterduft drang aus der Tasche - Zutaten für die Erneuerung der Schutzrunen, die zu ihrem Kummer nicht als Tabak geeignet waren. Wer auch immer auf dem Weg zu ihnen war, brachte hoffentlich frische Vorräte mit; ihr Tabakbeutel war viel zu leicht geworden in den vergangenen vier Wochen.

tbc: Hochplateau

[Narracion]

[Diego Santos]

[Einstieg]

Irgendwas zupfte an seinem kleinen Finger. Nur ganz leicht, als hätte jemand einen Bindfaden daran befestigt und würde von oben ganz sacht daran ziehen. Irgendwohin in Richtung Dschungel, weg vom Tempel. Netter Versuch, aber das hatten sie sich so gedacht. Diego öffnete die Augen und irgendwas huschte die Treppe runter und verschwand. Nicht mehr als ein Flirren in der Luft, etwas dunkler. Irgendwo war noch eine Lücke, vielleicht irgendein Talisman nicht ordentlich genug verbuddelt oder mit zu viel Abstand. Er würde sich das Ganze nach dem Frühstück genauer ansehen und die Schutzmarkierungen um den Tempel herum nochmal kontrollieren.
Für irgendwen, der grade vorbei kam, könnte es so aussehen als würde Diego sich bloß faul die Morgensonne auf den Pelz scheinen lassen. Hockte gemütlich auf den Treppen, Gesicht zum aufgehenden Sonnenschein hin, leise vor sich hinschmunzelnd und allgemein zufrieden mit sich und der Welt. Alles war noch still und friedlich und sein schier endloser Optimismus verbot ihm auch, über den ganzen Stress und die vielen Problemchen zu denken, die die Ritualsvorbereitungen so mit sich brachten. Das Leben konnte so schön einfach sein.

[Allegra Dominguez]

cf: Vortag

Die Visionen, die sie in der letzten Nacht von Yane und May empfangen hatten, hingen noch fest in Allegras Kopf, als sie langsam die Treppe hinaufschritt. Eigentlich war es viel zu früh für sie, aber eigentlich ging sie ja auch nicht so früh ins Bett wie am Tag zuvor. Und sie brauchte jetzt eine Zigarette, um ihre Gedanken bündeln zu können, eine Zigarette und einen Kaffee und ein bisschen gute, frische Luft. Nun, wie es aussah, würde sie die nicht einmal allein genießen müssen.
"Guten Morgen, Diego", rief sie zu ihm hinauf, kaum dass sie die ersten Stufen genommen hatte, in der Hand einen dampfenden Becher. Ganz am Ende der Treppe lag die Kammer, in der sie meditierten, aber sie bezweifelte, dass sie dort klarere Bilder bekommen würde als in ihrem Bett in der Nacht. Zwei Gruppen! Und in einer dieser Mann, den Yane in einer seltsamen Vision gesehen hatte.
Ächzend ließ sie sich neben dem Tempelwächter nieder. "Was für eine Nacht."

[Diego Santos]

"Morgen!", kam's bemerkenswert wach, fit und gutgelaunt zurück. Grade nochmal Schwein gehabt. Wär Allegra nur ein Minütchen früher aufgetaucht, hätte sie vielleicht noch die Präsenz des kleinen Schattens gespürt, der grade die Treppe runtergewischt und im Dschungel verschwunden war. Ein schwächliches Ding, aber definitiv durch eine Sicherheitslücke geschlüpft.
Er schmunzelte leicht, als die Priesterin sich neben ihm niederließ, standardmäßig mit Kippe und Kaffee bewaffnet. "Schlecht geschlafen? Hat May geschnarcht?", er grinste frech. Vermutlich würde May ihm dafür irgendwas über den Kopf ziehen. Oder es zumindest versuchen. War bei seiner Körpergröße nicht unbedingt leicht.

[Allegra Dominguez]

"Wenn ja, habe ich es verpasst." Allegra stellte den Kaffee ab, um sich erst einmal der Zigarette widmen zu können. Sie lächelte schief; einerseits wäre es ihr viel lieber gewesen, wenn sie von Mays Schnarchen wachgehalten worden wäre, andererseits war jetzt wenigstens die quälende Ungewissheit vorüber, welche Bedrohung sie verspürt hatte. Schade nur, dass statt einer klaren Antwort viele kleine Fragezeichen über die Hintergründe und die nächsten Schritte mitgekommen waren.
"Yane hat sich gemeldet. Sie ist im Dschungel - und sie hat uns gezeigt, warum wir uns Sorgen machen sollten. Es sind Fremde im Dschungel - zwei Gruppen. Eine davon ist eine Expedition, die andere Gruppe..." Allegra zögerte, ehe sie den Kopf schüttelte, mit den Achseln zuckte und einen tiefen Atemzug inhalierte. "Die andere Gruppe wird von Yane beobachtet. Sie hatte eine Vision von ihrem Anführer. Und derzeit sind sie an der Großen Hand."
Seltsam, sie hatte gehofft, dass es helfen würde, es auszusprechen. Dass die kalte Hand, die ihren Magen umklammerte, sich bei den Worten öffnen würde. In Wahrheit drückte sie nur noch fester zu.

[Diego Santos]

Tja, so schnell konnte gute Laune verfliegen. Eine Expedition? Im Dschungel? Und noch irgendeine Gruppe? Sehr viel schlechtere Nachrichten konnte man vermutlich nicht in einem Satz verpacken.
"Und Yane ist allein da draußen? Sind die Kerle gefährlich?" Er klang so gar nicht begeistert. Seit die Kleine - und das war für Diego leicht zu sagen, weil sowieso jeder kleiner war als er - zur Priesterin ernannt worden war, hatte sich sein Großer-Bruder-Beschützerinstinkt irgendwie gemeldet. Er mochte Yane und so wie Allegra dreinblickte, hatte sie sich in irgendeine Scheiße geritten.

[Allegra Dominguez]

Gefährlich! Allegra blies den Rauch durch ihre Nasenlöcher, während sie Diego beinahe spöttisch ansah. Natürlich waren sie gefährlich, in mehr als einer Hinsicht! Das Problem war nur, dass Yane..
"Yane findet sie in erster Linie interessant." Allegra seufzte schwer und aschte ab. Sie wollte ungern alle Empfindungen, die sie im Kontakt mit Yane gespürt hatte, vor anderen ausbreiten, aber wenn sie Diego zu ihr schickte, sollte er wissen, worauf er sich einließ. "Sie will noch nicht herkommen, auch wenn ich glaube, dass das besser für sie wäre. Sicherer." Sie machte eine winzige Pause, ehe sie ernst fortfuhr: "Und wir brauchen sie hier. Bei so vielen Gringos in der Nähe müssen wir stärkere Mauern errichten."
Und je mehr Selenisten dafür zusammenarbeiteten, um so stärker und zuverlässiger würden sie werden.