Vorderdeck

[Miguel Bolivar]

Vorräte, Zelte, Campinggerät, Werkzeuge? Miguel sah seinen Verdacht bestätigt, dass es hier um eine echte Expedition ging. Und das so kurz vor der Zeremonie beim Tempel! Es fehlte gerade noch, dass ausgerechnet jetzt hier irgendwelche Gringos durch den Dschungel stolperten... Nach aussen bemühte er sich allerdings um eine neutrale Mimik. "Kein Problem..."

Dann fühlte er auch schon Teo an seinem Ellenbogen und nickte. Er konnte es gar nicht erwarten, bis sie ihm erzählte, was es mit all dem auf sich hatte. Und die Dringlichkeit in ihrer Stimme vorhin beim Flüstern, machte ihm schon jetzt Sorgen. Warum sollte sie ihm so unbedingt etwas sagen wollen, wenn es nicht auch etwas mit ihm zu tun hatte?

tbc: Hinterdeck
(Sébastien ignoriert den Wink mit dem Zaunpfahl und bleibt, wo er ist - auch in der Hoffnung auf ein paar Worte des Professors...)

[Mercedes Bueno]

Dr. Bueno sah den beiden Einheimischen nach, wie sie an der Kajüte vorbei zum Hinterdeck gingen und somit aus dem Blickfeld verschwanden. Nun, selbst wenn dieser Fischer sich ihnen als Träger anschloss, würde er nicht ausreichen. Es wäre wohl am klügsten, zum Dorf aufzubrechen; da musste es ja in der Tat ein paar Träger geben. Allerdings verspürte sie nicht allzu viel Lust, dabei ihre gesamte Ausrüstung mitzuschleppen, denn noch hatten sie ja keine Träger.
"Ich sehe mich einmal um, ob es hier nicht einen Ort für ein Zwischenlager gibt", erklärte sie Prof. Williams und Lemaitre. Das wäre nicht nur die beste Zwischenlösung, sondern gab ihr auch eine gute Ausrede, endlichen diesen Seelenverkäufer zu lassen und ihre Füße wieder auf gute, trockene, feste Erde zu setzen!
Sie nahm ihre Tasche mit sich, ließ die schwere Reisetasche mit den Büchern aber vorerst noch an Bord, und machte sich mit etwas mulmigem Gefühl beim Anblick der schmalen Gangway auf den Weg an Land. Irrte sie sich, oder war die wackliger geworden, seit sie an Bord gegangen war?!
Noch ehe sie sich an den Balanceakt wagen konnte, erkundigte sich ein in ihren Augen doch eher schmuddeliger Typ vom Steg aus nach dem Professor. Schweißflecken auf dem Hemd, wann das Haar das letzte Mal einen Kamm gesehen hatte, wollte sie auch nicht wissen - nein, das Gespräch mit dem suchte sie lieber nicht. "Professor Wiliams, da möchte Sie jemand sprechen", rief sie zurück, und mit einem dünnen Lächeln an den Fremden beeilte sie sich, wirklich auf den Steg zu kommen.

tbc: Handelsposten/Steg

[Ray Williams]

Ray hatte zwar den Behördenärger noch nicht komplett verdrängt, war schließlich kaum mehr als eine Minute her, dass er das Telefon abgeschaltet hatte, aber Dr. Buenos Sorgen und Sebastiens Reaktion darauf, hatten etwas komisches an sich.

„Mercedes, wenn es keinen Plan gäbe, hätten wir diesen Exkurs nicht finanziert bekommen.“

Jaja, da war er wieder. Der Schaden, den die Behörden gerade bei ihm verursacht hatten. Weg von den Finanzierungsplänen, Rechtfertigungen und Zweifeln. Hier in der Bucht, Pardon, dem Hafen, konnte er das Abenteuer schon fast riechen. Zwischen der Expedition und dem ziel stand nichts außer ein paar Bäumen. Wie konnte man da Bedenken haben?
Er atmete tief durch, löste die Hände wieder von der Reling und überlegte, ob man sich auch als Archäologieprofessor in irgendeiner Form nützlich machen sollte.
Noch nützlicher als indem man Doktorinnen mit Aktionismus verschreckte. Jedoch kam er am Ende seines Gedankenganges zu dem klaren Ergebnis, dass weder das Schiffsmädchen Hilfe brauchte, noch es irgendetwas gab, was er gerade sagen oder tun konnte, was Dr. Bueno nicht zumindest ein wenig verschrecken würde.

Während er noch über das Für und Wider von Höflichkeit nachdachte, sagte Viktoria etwas von 'so wenig Zivilisation', dass er seinerseits etwas zusammenzuckte und hoffte, dass niemand sie falsch verstand.
Zivilisation war relativ.

Leicht wiegte er den Kopf hin und her, hörte sich das mit den Trägern an und nickte schließlich zu Mercedes Aufzählung.

„Stimmt alles, aber wir machen uns erst Gedanken über ein Basiscamp, wenn wir wissen, wo wir uns längere Zeit aufhalten werden.
Bei näherer Betrachtung bin ich sogar der Meinung, dass wir für den Anfang überflüssiges Gepäck hier vor Ort lassen sollten. Wenn ihr so wollt, ist das hier unser 'Basiscamp'.“
Dass sie genau den satz hatte hören wollen, war ihm dabei nicht klar.

Wer wollte ihn sprechen?
Er sah zum Steg.

„Okay, Moment ...“

Tbc: Handelsposten / Steg

[Narracion]

[Sofia Pereira]

cf: Steg

Ja, gut. Scheinbar hatte Sofia mit ihrer Ablehnung ein wenig übertrieben. Dabei wußte sie, daß Adam eigentlich gar nicht so verkehrt war. Wenn man über seine ganzen Macken und Angewohnheiten mal großzügig hinweg sah. Was man ihm aber trotz allem nicht absprechen konnte, war die Tatsache, daß er ein kluger Kopf war. Der sich nur leider immer viel zu viele Sorgen und Gedanken machte. Und im Gegensatz zu dem Dritten in ihrem Bunde war er kein Schwätzer.
Sofia betrachtete die ihr hingestreckte Hand, störte sich aber nicht sonderlich an den schwach zu erkennenden Schmutzflecken und schüttelte sie mit freundlichem Lächeln.
"Ich bin Sofia, die Urenkeling von Oscar Jones."
Auch wenn die junge Frau es nicht recht verstehen konnte, war der Alte hier scheinbar so etwas wie eine Institution und die Leute mochten ihn. Für sie nicht nach zu vollziehen, aber sich als seine Enkelin vor zustellen, machte immer einen guten Eindruck und ausserdem beantwortete es die Frage, was sie an diesem gottverlassenen Ort überhaupt wollte, noch bevor jemand sie stellen konnte. Ihre neue Bekanntschaft schien nett zu sein und ausserdem einiges über den Ort, dessen Bewohner und über die Reisenden zu wissen, weshalb Sofia sich dazu entschloss, sie bei Laune zu halten. Vielleicht könnte sie ihr ja noch das ein oder andere nützliche entlocken. Sobald sie mit dem im Sterben liegenden Adam fertig geworden waren.
"Arbeitest du hier?"
wollte sie wissen, als sie den Steg, der auf das Schiff führte glücklich hinter sich gelassen hatten und nickte in Richtung Deck, damit klar wurde, daß sie von der Caminante sprach.

[Adam Turpin]

[Einstieg]

Es ging ihm dreckig. Gelinde gesagt. Es ging ihm nicht nur dreckig, er war auch dreckig, weil irgendwie alles an diesem Kahn dreckig war. Beinahe so, als hätten Captain und Crew absichtlich gegen sämtliche Hygienevorschriften dieser Welt rebelliert und das mit einem Perfektionismus, der selbst für seine Verhältnisse erschreckend gewesen wäre. Seit er diesen Seelenfänger zum ersten Mal in San Palabra gesehen hatte, bepackt mit leichtem Gepäck aber massenweise Dokumenten - nur für den Fall - hatte er breits gewusst, dass er seinem Verderben entgegen steuerte. Es war wie ein real gewordenes Face-off zwischen Wolverine und Sabretooth: keiner würde sterben, aber alle würden es sich wünschen. Oder er zumindest.
Für den Fall, dass er seekrank werden könnte - Bootstouren standen bisher nie auf seiner bemerkenswert kurzen Liste von Dingen, die er machen wollte bevor er starb - hatte er sich bereits bei der Abfahrt mit Tabletten und zwei, drei Tröpfchen Baldrian halbwegs aus dem Leben geschossen und das Übersetzen tatsächlich überlebt. Obwohl ihm jetzt so schlecht war, dass er sich fragte, ob er sich ohne die Tabletten besser gefühlt hätte. Ein wenig käsig um die Nase war er auch und generell irgendwie durch den Wind, als er sich an Deck an eine Tasse mit undefinierbarem Inhalt krallte, den der Captain als Kaffee bezeichnete, der aber verdächtigerweise die Konsistenz von Motoröl hatte. Paar Minütchen auch, dann konnte er sich seinem Schicksal stellen...

Das natürlich just in diesem Moment über die Gangway aufs Vorderdeck trat und ihn so viel zu früh und dermaßen außerplanmäßig aus der Routine warf, dass er beinahe schon empört reagierte. "Oh nein! Oh nein, nein, nein, nein! Weiche von mir Dämon!" Er meinte ganz klar Sofia und nicht Teo, die er zwar eigenartig, aber irgendwie sympathisch gefunden hatte. Beinahe als wollte sie seine Tasse klauen, presste er das siffige Ding an seine Brust. "Das hier ist alles deine Schuld! Nur dass du's weißt!"

[Teo Howard]

cf: Handelsposten/Steg

"Ja, ich bin die Mechanikerin hier", erwiderte Teo, und auch, wenn es für Außenstehende meist vollkommen unverständlich war, lag beinahe Mutterstolz in ihrer Stimme bei diesem Bekenntnis. Mochte die Caminante auch nicht schön oder luxuriös oder auch nur zuverlässig sein - sie gehörte ihr, und Teo war bereit, sie jederzeit gegen jede Kritik vehement zu verteidigen. "Man sieht gar nicht, dass ihr verwandt sein", fuhr sie dann rasch fort, ehe ihre neue Bekannte am Ende noch etwas Gemeines über ihr Baby sagte. "Dir fehlen die Falten." Sie lachte und wollte sich gerade erkundigen, wie es dem alten Mann denn ging (Junge, Junge, war das eine Fahrt gewesen, als sie sein ganzes Zeug hergeschleppt hatten - da war sie freilich noch sowas wie Schiffsmädchen gewesen und hatte nur mit Anpacken können, weil sie die Schule geschwänzt hatte! War ja jetzt auch schon Jahre her!), aber ehe sie dazu kam, drang dieses Gebrüll von der Stelle, wo sie ihren Passagier zuletzt leidend.. nein: LEIDEND zurückgelassen hatte.
Erstaunt blinzelte sie. Dämon? Hui, das klang spaßig!
Sie trat zur Seite, um Sofia das Feld zu überlassen, wisperte aber noch rasch: "Vielleicht kann ich mir auch einen Fingerhut leihen..."

[Sofia Pereira]

Mechanikerin also? Teo schien ehrlich stolz darauf zu sein und Sofia wäre es im Leben nicht eingefallen, darüber Witze zu machen. Scheinbar sah die Andere etwas in dem Kahn, das den meisten Aussenstehenden verborgen blieb. Sofia sah... Altmetall. Das traf es ganz gut. Altmetall und Rost, aber wenn das Teos Vorstellung von Leben war, würde sie sich ganz sicher nicht anmaßen und ihr etwas anderes erzählen wollen. Auf ihren Urgroßvater angesprochen, oder besser gesagt; ihren vielleicht- eventuell-und wenn nicht, war es im Grunde auch egal- Urgroßvater reagierte die junge Frau im ersten Moment ein wenig zurückhaltend. Es gefiel ihr nicht, wenn die Leute ihre Verwandschaft mit ihm zu sehr hinterfragten. Als sie aber schließlich etwas von fehlenden Falten hörte, stimmte sie in Teos Lachen ein.
Sofias eben noch freundlicher Gesichtsausdruck verdunkelte sich schlagartig, als sie Adams Reaktion zu sehen bekam. Im ersten Moment hatte sie Mitleid mit ihm haben wollen, als er so da hockte wie ein Häufchen Elend und sich scheinbar jegliche Farbe aus seinem Gesicht bis auf weiteres verabschiedet hatte. Als Dämon bezeichnet zu werden, brachte sie jedoch dazu, alles Mitgefühl augenblicklich über Board zu werfen.
"Ich freu mich auch dich zu sehen."
entgegnete sie sarkastisch und entwand ihm mit einer geschickten Bewegung die Kaffetasse an der er sich so hilfesuchend festkrallte. Im ersten Moment eigentlich nur, um ihn zu ärgern, als ihr der Geruch des Gebräus jedoch in die Nase stieg, um ihn zu schützen. Das konnte seinen Zustand nur verschlechtern, statt ihn zu verbessern. Kurzentschlossen kippte sie das Zeug über die Reeling, drückte Adam die entleerte Tasse zurück in die Hand – nur für den Fall, daß er das Bedürfnis hatte, sich weiter daran fest zuhalten und musterte ihn von oben bis unten. Natürlich nicht, ohne beinahe fassungslos mit dem Kopf zu schütteln. Manchmal hatte Sofia das ungute Gefühl, sie wäre so etwas wie ein Babysitter. Für einen Frauenheld, der nicht wußte, wann er zu dick auftrug und für... naja, für Adam eben. Was auf den alles zutraf, darüber wollte sie lieber gar nicht erst nachdenken. Dabei hatte sie sich eigentlich wirklich darauf gefreut, hier mitten im Nirgendwo ein bekanntes Gesicht zu sehen. Die Betonung lag auf hatte.
Ob sie ihm gleich sagen sollte, daß er sie beide zurück rudern würde? Nein, dann erlitt er wahrscheinlich einen Herzinfarkt und ausserdem würde diese Mitteilung nur dann wirklich lustig sein, wenn er wieder einigermassen bei Kräften war.
"Denkst du, du kannst aufstehen?"
erkundigte sie sich so sanft wie es ihre Ungeduld und Verärgerung über die unterkühlte Begrüßung eben zuliessen und warf Teo einen verschwörerischen Blick zu,
"oder sollen wir dir helfen....?"

[Adam Turpin]

Die plötzliche Abstinenz seines höllischen Kaffees entlockte ihm ein leises, beinahe kindlich-beleidigt anmutendes "Eeeey!", ehe er, eher perplex als tatsächlich zugetan, die leere Tasse wieder entgegen nahm und sie immer noch derartig misstrauisch musterte, als wäre sie eben durch ein Loch im Boden aufgetaucht, umgeben von Schwefel und Rauchschwaden.
So musste sie ihm gar nicht erst kommen. Dass er diesen ganzen vermaledeiten Trip auf sich nahm, war schließlich ausschließlich ihre Schuld. Ihre, und die von diesem Idioten, der vermutlich nie aus dem Knast hätte entlassen werden dürfen und der seit einiger Zeit systematisch seine Nerven ruinierte. Schätze. Im Dschungel. In einem Tempel. Die Dame hatte auch zu viele Abenteuerfilme mit Hugh Jackman gesehen.
"Ich kann aufstehen, vielen Dank." So sicher wie er klang, war er sich da nicht, aber die Blöße würde er sich jetzt schonmal gleich gar nicht geben. Demonstrativ stand er auch auf, ein wenig wackelig vielleicht noch auf den Beinen und sein Kreislauf schrie auch Protest, aber er stand und schaffte es sogar, die Tasse heile irgendwo abzustellen. Wenn er nicht gleich von diesem Kutter runterkam, passierte irgendein Unglück.
"Wenn du mich das nächste Mal irgendwohin einlädst", letzteres Wort erfuhr eine besonders unangenehme Betonung, "dann warn mich ein paar Wochen vorher vor." Nur damit er nicht wieder vollkommen unvorbereitet irgendwohin schipperte, wo es schätzungsweise mehr Mücken gab, als Einwohner auf dem gesamten Planeten.

[Sofia Pereira]

Sofia ließ Adams Protest ungerührt über sich ergehen. So lange er sich auf die Äusserung eines einzigen Wortes beschränkte, war das nichts, auf das sie hätte reagieren oder eingehen müssen. Mit zunehmender Unruhe sah sie dem Mann dabei zu, wie er sich langsam und noch ein wenig unsicher erhob. Immerhin schaffte er es, grade stehen zu bleiben, das war immerhin ein Fortschritt. Vielleicht wären sie ja doch nicht gezwungen ihn von Bord zu werfen und er würde es allein bis auf den Steg hinunter schaffen. Wenn Adam sich nicht ständig wegen jeder noch so kleinen Kleinigkeit, die seinen Tagesablauf störte so aufgeführt hätte, wäre wahrscheinlich selbst Sofia bei seinem Anblick weich geworden. So war es allerdings eher schwierig, ihn und seine Befindlichkeiten ernst zu nehmen.
Sofia wollte Adam vom dem Schiff runter und ihn in traute Zweisamkeit verfrachten. Zum einen, damit er sich erholen konnte und ihr weniger auf die Nerven ging, zum anderen aber auch, damit sie endlich mit ihrer Arbeit beginnen konnten und nicht zuletzt um zu verhindern, daß er in seiner derzeitigen Verfassung noch etwas ausplauderte, das nicht für Teos Ohren bestimmt war. Aber statt das zu tun, was sie befürchtete, beschwerte er sich. Na klar. Sie war in ihrer unendlichen Güte bereit, ihre Schätze mit ihm zu teilen und was erntete sie dafür? Genörgel und Vorwürfe. Ein strafender Blick, der eigentlich augenblicklich dafür hätte sorgen müssen, daß Adam sich noch schlechter fühlte und an Schuldgefühlen erstickte, traf ihn und Sofia machte große Augen und ein bekümmertes Gesicht.
"Es ist nicht meine Schuld wenn du so unflexibel bist. Ich dachte, ich tu dir etwas Gutes. Natur, Sonne, hübsche Frauen...."
Sie machte eine ausladende Handbewegung in Richtung Umgebung, die abgesehen von dem schäbigen Kahn auf dem sie grade standen wirklich schön war. Auch wenn ihr völlig klar war, das Adam dafür im Moment überhaupt keinen Blick hatte.
"Und was machst du? Du beschwerst dich."
Sofia schaffte es, ehrlich verletzt zu klingen. So, als hätte sie ihm wirklich etwas Gutes tun wollen und als sei er ein Eisklotz der ihre rührenden Bemühungen nicht zu schätzen wußte. Sie mußte ihm ja grade vor Teo nicht so überdeutlich sagen, was sie davon hielt, daß er sich dermaßen anstellte.