Steg

[Garcia Blanco]

"Tja...", antwortete Garica langgezogen, während er entzückt die Reisegenehmigung und den Pass studierte - kein dickes Bündel mit allen Formularen und Ausweisen, die sich eine Verwaltung nur ausdenken konnte, sondern wirklich nur zwei läppische Dokumente! "Theoretisch, Senor...", er warf einen kurzen Blick auf den Ausweis, ehe er wieder den Kopf hob und Des mit dem Blick einer Katze musterte, die vor einer ebenso ahnunglosen wie fetten Maus hockte, "..Carter, verstößt das natürlich gegen keine Auflagen. Aber wie Ihnen sicherlich bekannt ist, gibt es in der Boccacciobucht keine Ansiedlungen." Er liebte dieses Gesetz, wirklich, er liebte es! "Daher kann Ihr Freund sich hier unmöglicherweise aufhalten, denn der einzige, der eine permanente Aufenthaltsgenehmigung vor Ort hat, Senor Carter, bin ich." Wieder grinste er breit. "Das heißt, dass ich Sie leider als Tourist einstufen muss, und als solcher müssen Sie ja irgendwo wohnen. Sie haben aber leider keine Genehmigung für die Übernachtung in dieser Schutzzone. Sie werden sicher verstehen, dass zum Schutz der Natur nicht jeder hier campen darf, nicht wahr, Senor Carter?"
Garcia zuckte mit falschem Bedauern die Achseln. "Sie werden wohl oder übel zurückfahren müssen. Außer..." Er legte eine dramatische Pause ein, während er bereits überlegte, wieviel er seinem Gegenüber wohl für eine vorläufige Campingerlaubnis abknöpfen konnte. Übertreiben durfte er es ja auch nicht.

[Des Carter]

Eine Genehmigung zur Übernachtung... der Kerl meinte das tatsächlich ernst.
Einen Moment kam Des nicht drum herum, den Typen einfach nur perplex anzustarren. War der Kerl überhaupt echt? Oder stand er grad vor irgendeinem kleinen Schmalspurganoven? Durften Verwalter so... naja, SO aussehen? Er erinnerte sich dunkel an irgendeine Mail von Ray, in der irgendwas stand von wegen, es hätte Monate gedauert um alle nötigen Papiere zusammenzusammeln. Wieso überlas er solche Sachen tendenziell eigentlich immer, oder vergaß sie zumindest innerhalb weniger Nanosekunden?!
"Außer... was?" Oh, er wusste was kam. Und es sah nichtmal so aus, als hätte er irgendeine größere Wahl, weswegen ihm wohl nichts anderes übrig blieb, als zu hoffen dass er genügend Scheine im Portemonnaie hatte. Fing ja schon gut an.

[Garcia Blanco]

"Ich könnte für Sie natürlich auch eine Ausnahme machen, Senor Carter." Zumindest für seine Verhältnisse schnurrte Garcia beinahe - zumindest bekam seine Stimme einen recht öligen Beiklang. "Für Notfälle gibt es ein Formular, das ich Ihnen ausstellen könnte. Damit könnten Sie sich erst einmal eine Weile hier aufhalten."
Der Gringo sah nicht gerade so geleckt aus wie der vom Vorabend - der leider alle Unterlagen dabei gehabt hatte. Schade, von dem hätte er sicher mehr abkassieren können als von diesem Senor Carter.
"Natürlich müssten Sie mir dafür einen guten Grund", er hob vielsagend die Brauen - hoffentlich war Senor Carter mit den hiesigen Geschäftsgebaren vertraut und ersparte es ihm, ihm direkt zu sagen, was er von ihm erwartete, "nennen, warum Sie ein solcher Notfall sind. Sonst würde ich meine Kompetenzen überschreiten."
Nun, nicht, dass Garcia ihm nicht auch direkt einen Preis nennen würde - aber am Ende war das einer, der seine Arbeit prüfen sollte.. ha, ha, guter Witz, als würde das wen interessieren! .. und außerdem gaben die Leute mehr, wenn man ihnen keinen Preis nannte. Schon aus Angst, es könnte zu wenig sein.

[Sofia Pereira]

Sofias Laune hatte einen ungeahnten und ihr bisher völlig unbekannten Tiefpunkt erreicht. Sie verfluchte den Tag, an dem sie beschlossen hatte, sich in dieses nicht nur Gott,- sondern von allen Göttern und guten Geistern verlassene Nest zu begeben. Ihr angeblicher Urgroßvater, der scheinbar eben so wenig wie sie sicher war, ob sie in irgendeiner verwandschaftlichen Beziehung standen, hatte sich zwar als so alt wie erhofft, aber weitaus halsstarriger als erwartet erwiesen. Egal was sie tat, egal wieviel Honig sie ihm ums Maul schmierte – er sagte einfach gar nichts. Wenn man von den Beschwerden über ihr Essen einmal absah. Dabei gab die junge Frau sich ehrliche Mühe. Nicht weil sie dem Alten, der sie bei sich wohnen ließ, damit sie ihm den Haushalt führte, glücklich sehen wollte, sondern damit er keinen Grund zu Klage hatte und ihr vertraute. Tat er aber nicht. Er maulte und schikanierte sie und was noch viel schlimmer war; er schwieg wie ein Grab. Nichts mit Reichtum und Schätzen, dafür aber zu schrubbende Fußböden. Der Rest des kleinen... ja was überhaupt? Selbst "Dorf" wäre für die paar herum stehenden Hütten noch übertrieben gewesen, zeigte sich ihren Bemühungen gegenüber zwar nicht ganz so verschlossen, dafür aber ungleich ärmlich. Alles in allem war ihr Aufenthalt hier zumindest bisher der totale Reinfall. Wenn man einmal von den Gerüchten absah, die in den letzten Tagen verstärkt im Dorf kusierten. Sofia hatte von Archäologen und einem tief im Dschungel versteckten Tempel gehört. Und wo ein versteckter Tempel lag, da lagen doch auch Gold und Schätze, oder etwa nicht? Vielleicht lag da auch gar nichts ausser von Grünzeug überragten Steinen, aber das wollte Sofia einfach nicht glauben, so daß sie sich kurzerhand an ihre beiden ... Freunde konnte man nicht sagen. Gehilfen vielleicht? Das traf es schon eher, zumindest nach Sofias Einschätzung. Die beiden mochten das natürlich momentan vielleicht noch anders sehen, aber letztendlich waren sie genau das und Sofia kontaktierte sie nicht, um ihnen etwas Gutes zu tun, sondern weil sie irgendwen brauchte, der die zu erhoffenden Schätze mit ihr aus dem Dschungel schleppte.
Sie hatte das Ganze ein wenig ausgeschmückt und von sicherem Reichtum und Anderen, die die eigentliche Arbeit übernehmen würden gesprochen. Vielleicht war das einfach die Verzweiflung darüber, in diesem verfluchten Kaff ganz allein fest zusitzen. Wie auch immer, schlußendlich freute sie sich sogar darüber, daß zumindest einer der Beiden sofort her kommen würde. Als Vorhut so zusagen. Sie sollten mehr Informationen einholen und alles in die Wege leiten. So weit war Sofia mit dem Plan auch einverstanden. Allerdings würde sie ganz sicher nicht die ganze Arbeit erledigen, damit ein Dritter sich dann an ihren Bemühungen bereichern könnte. Aus dieser Perspektive betrachtet war es also vielleicht auch ganz gut, daß Adam als erster hier auftauchen würde. Wenn sie genug Zeit hatte, würde sie ihn vielleicht davon überzeugen können, daß Drei im Grunde genommen mindestens einer zu viel sind...

Es dauerte seine Zeit, bis sie endlich den Handelsposten erreichte und der Gedanke, daß sie zu Fuß weitaus schneller gewesen wäre, drängte sich ihr auf. Ausserdem hätten sich ihre Arme dann nicht angefühlt, als hätte sie die letzten vier Tage damit verbracht Liegestütze zu üben. Sofia war kein besonders sportlicher Mensch, harte Arbeit war sie auch nicht gewöhnt und rudern schon gar nicht. Es war das erste und garantiert das allerletzte Mal, daß sie sich in eine solche Nussschale begab, um sich dann halb die Schultern aus zukugeln in dem Versuch vorwärts zu kommen. Ohne dabei um zukippen und in die richtige Richtung steuernd. Eine Herausforderung, die sie so nicht erwartet hatte. Immerhin fuhren hier selbst die Kinder mit Booten herum, da konnte das doch nicht so schwer sein. Hatte sie zumindest geglaubt und wurde eines besseren belehrt. Schließlich erreichte sie aber doch noch den Steg des Handelspostens (das sogar trocken und an einem Stück), dafür aber am Ende ihrer Kräfte und ihrer Nerven. Wenn sie jetzt auch noch gezwungen sein würde stundenlang auf das Schiff zu warten, das Adam hier absetzen sollte, würde sie ihn mit einem Paddel erschlagen. Auch wenn er eigentlich nichts dafür konnte.
Wärend die junge Frau ein Paddel quer über ihre Knie legte, versuchte sie mit dem anderen steuernd dem Steg so nahe zu kommen, daß sie sich daran festhalten konnte. Wie genau es dann weiter gehen sollte, wie sie aus dem Boot kam und wie sie dafür sorgte daß es nicht wegtrieb, würde sie sich dann überlegen. Erst mal war wichtig, den Steg überhaupt zu erreichen. Ich muß aussehen wie die letzte, dämliche Touristin, schoss es ihr durch den Kopf, als sie Menschen in der Nähe erblickte und davon ausgehen konnte, daß diese sie und ihre wenig professionellen Bemühungen ebenfalls sehen konnten. Wohl eher mit Glück als durch wirkliches Können gelang es ihr sogar tatsächlich eine Hand auf das Holz zu legen und sie hielt sich krampfhaft daran fest. Steg erreicht. Das war schon mal gut.

[Teo Howard]

cf: letzter Tag

Nachdem sie gemeinsam mit ihrem Onkel erfolgreich zwei Pakete aus dem Frachtraum geangelt hatte, wollte Teo diese gerade zu Garcia schleppen - das eine war eh für ihn, und sie hatte sich schon beim Einladen gefragt, was da drin sein mochte - und Mäuschen spielen, wie sich ihr einer Passagier denn so schlug, als sie das Ruderboot entdeckte. Das sah jetzt aber nicht sehr - professionell aus. Den ersten Gedanken, dass es Miguel sein konnte, verwarf sie daher aus mehreren Gründen. Der war doch jetzt hoffentlich schon meilenweit fort mit der Expedition, und außerdem konnte der viel besser und geschickter rudern.

"Ahoi", grüßte sie fröhlich. Hmmm, die kam ihr nicht sonderlich bekannt vor, höchstens.. na, vielleicht war sie vor ein paar Wochen mal mit der Caminante hergekommen. Da die meisten, die sie von San Palabra zum Handelposten fuhren, regelmäßig dabei waren - die Schulkinder vor allem - fiel ein vorher unbekanntes Gesicht natürlich besonders auf, und Teo konnte sich nicht wirklich an ihren Namen erinnern. Sprach dafür, dass sie sich nicht viel mit ihr unterhalten hatte.
Trotzdem entschied sich Teo spontan für das kameradschaftliche Du. So unter Matrosen. "Brauchst du Hilfe beim Festmachen und Aussteigen?", erkundigte sie sich, während sie die Pakete abstellte und sich hilfsbereit schon mal niederkniete.

[Sofia Pereira]

Wärend Sofia noch mit der eigentlich nicht allzu komplizierten Technik von Ruderbooten kämpfte, schallmeite ihr ein fröhliches Ahoi entgegen. Die junge Frau mußte sich, beladen mit unvorstellbar viel Frust und einem Paddel auf die Zunge beissen um nicht etwas unflätiges zu erwiedern. Als sie den Kopf hob, um heraus zu finden, wer da so viel gute Laune versprühte, erblickte sie eine blonde junge Frau, die ihr so eben ihre Hilfe anbot. Das machte sie gleich ein ganzes Stück weniger unerträglich und ehrlich gesagt war Sofia verdammt froh darüber, daß sich jemand erbarmte ihr zur Hand zu gehen. Sie würde Adam rudern lassen. Den ganzen verdammten Rückweg würde er sich, sein Gepäck und sie durch die Gegend rudern, wärend sie faul in der Sonne lag. Der Gedanke daran versöhnte sie ebenfalls mit ihrem Schicksal, so daß sie ein freundliches Lächeln zu Stande brachte.
"Ja, sehr gern."
Sie reichte der junge Frau das Ende des Seils, Verzeihung; Taus hinauf, damit diese es festmachen konnte, ehe sie die Ruder im Boot verstaute. Es schwankte beängstigend, als sie aufstand und auch wenn Sofia eigentlich niemand war, der sich besonders anstellte oder erschrocken quietsche, war dieses Gefühl von schwankendem Boden unter ihren Füßen alles andere als angenehm. Sie fing sich aber recht schnell wieder, stützte beide Hände auf dem Steg ab und schob sich nach oben. Weitaus eleganter übrigens, als sie noch beim Rudern ausgesehen hatte. Sichtlich erleichtert, wieder feste Materie unter sich zu fühlen, blickte sie den eigentlich ziemlich überschauberen Steg hinab.
"Die Caminante hat noch nicht angelegt, oder?"
erkundigte sie sich bei ihrer Helferin, ohne daß diese Tatsache sie wirklich erstaunt hätte. Hier unten tickten die Uhren anders, das war ihr gleich am ersten Tag ihrer Ankunft bewußt geworden. Die Menschen hier schienen alle Zeit der Welt zu haben, Pünktlichkeit war ihnen ein Fremdwort und man konnte nie so ganz genau sagen, ob eine getroffene Verabredung auch wirklich eingehalten werden würde. Da es für das kleine Schiff ebenfalls keine festgelegten Fahrpläne gab, konnte Sofia einfach nur darauf hoffen, daß es möglichst bald hier eintrudeln würde und sie nicht den Rest des Tages mit warten verbringen mußte.

[Teo Howard]

Für Teo war es ein Leichtes, das Boot zu vertäuen - hatte sie doch dasselbe vor noch nicht allzu langer Zeit mit einem viel größeren Schiff gemacht. Sie drehte sich gerade pünktlich um, um zu sehen, dass Sofia sich schon selbst aus dem Boot an den Steg geholfen hatte. Na, das sah doch schon gar nicht mehr so tapsig aus.

"Äh, doch", lachte sie überrascht und zeigte dann auf das Schiff, über dessen Gangway sie just auf den Steg spaziert war. Gut, sie kannte eine Menge Leute, die das rostige Aussehen gern verdrängten und sich hinterher wunderten, dass sie tatsächlich mit diesem Schiff heil über die Bucht geschippert waren. "Wir sind vor einer knappen Viertelstunde angekommen." Sie legte kurz den Kopf schief. Eine Fremde, die ausgerechnet an einem Tag hier eintrudelte, an dem sie zwei Passagiere an Bord hatten - das konnte kein Zufall sein. "Gehörst du zu Des oder zu dem Typ, der mich gefragt hat, ob die Caminante seetauglich ist?" Sie runzelte die Stirn. Am liebsten hätte sie den Typen bei seiner verstörten Nachfrage nur mit Rettungsring hinterherschwimmen lassen, aber zum Glück hatte er wenigstens an Bord weitestgehend die Klappe gehalten.

[Sofia Pereira]

Sofia runzelte nachdenklich die Stirn, als ihre Helferin auf etwas deutete, daß dem ersten Anschein nach nur noch von Rost zusammen gehalten wurde. Das da war die Caminante? Selbst sie, die sie nicht unter paranoiden Anwandlungen litt, so wie Adam es tat, hätte sich auf dem Kahn alles andere als sicher gefühlt. Vielleicht noch ein bißchen weniger als in einem Ruderboot und das war schon nicht sehr angenehm. Vor ihrem geistigen Auge stellte sie sich Adam vor, der seekrank, verängstigt und über Fluchtmöglichkeiten nachdenkend an der Reeling stand und sich panisch festklammerte. Wahrscheinlich mit dem Gedanken im Hinterkopf, was er tun sollte, wenn das Geländer ihn nicht halten würde und er ins Wasser stürzte. Vielleicht hatte er ja auch genau das getan, immerhin war er nirgends zu entdecken und die junge Frau erklärte, daß sie bereits vor einer viertel Stunde hier angelegt hätten. Jeder normale Mensch schaffte es doch in dieser Zeit ein Boot zu verlassen. Ja, ok, na gut. Jeder normale Mensch, sie dachte jedoch grade an Adam. Das war dann wahrscheinlich etwas anderes.
Sofia musterte die fremde Frau und überlegte, ob diese wohl irgendwie zu dem Schiff und dessen Besatzung gehörte. Immerhin schien sie über die Passagiere an Boot bestens informiert zu sein. Sie fragte zwar nicht dannach, weil sie nicht aufdringlich erscheinen wollte, speicherte es jedoch in ihrem Hinterkopf ab. Das könnte vielleicht noch einmal nützlich sein und Sofia merkte sich aus Prinzip alles, was irgendwie von Nutzen sein könnte.
"Des?"
wiederholte sie schließlich und schüttelte den Kopf. Einen Des kannte sie nicht, aber der andere von ihr beschriebene Mitreisende konnte eigentlich nur Adam sein.
"Wenn er dabei leicht panisch klang, dann warte ich auf den."
antwortete sie lachend und blickte sich nach Adam um, von dem nach wie vor jede Spur fehlte.
"In letzter Zeit kommen hier ziemlich viele Leute her..."
bemerkte sie in einem Nebensatz und hoffte, daß Teo ihr vielleicht ein wenig mehr über die Reisenden der letzten Zeit sagen könnte. Sofia wußte schon, daß sich seit neustem Archäologen hier herum trieben und sie glaubte zu wissen, daß dort wo Forscher und Leute wie sie selbst zu finden waren, andere Schatzjäger oder Abenteurer nicht besonders weit sein konnten. Sollten sie Konkurrenz bekommen, wäre es vielleicht gar nicht schlecht, das im Vorfeld zu wissen.

[Teo Howard]

"Ja, das ist er", grinste Teo, während sie kurz an Sofia vorbei zum Stegende landeinwärts blickte, wo Desmond gerade mit Garcia in.. nun, der richtige Ausdruck war sich: Verhandlungen vertieft war. Teo hätte ihn ja gewarnt, aber leider war Desmond ihr Feind. Also irgendwie. Ja, das Mädchen aus dem Ruderboot hatte Recht: In letzter Zeit kamen ziemlich viele Leute hier an!

"Aber", Teo räusperte sich und senkte vertraulich ihre Stimme, "wenn du wirklich warten willst, könnte das ein wenig dauern. Er ist kurz nach San Palabra eingedöst und versucht gerade, seinen Kreislauf wieder in Schwung zu bringen. Mit etwas, von dem ich hoffe, dass es Kaffee ist." Sie hob bedeutend die Brauen. Es hatte schwarz ausgesehen, aber es hätte sie auch nicht gewundert, wenn der Typ entweder irgendeine Tablette darin aufgelöst hatte oder zumindest einen ordentlichen Schuss.
Sie deutete mit dem Daumen auf das Schiff. "Willst du nicht lieber rasch mit an Bord kommen? Vielleicht kommt er schneller auf die Beine, wenn er seine... Freundin sieht?" Wie eine Schwester sah die jedenfalls nicht aus. Und für eine Psychiaterin war sie zu jung, auch wenn der Typ sicher eine brauchen könnte. Die Caminante und seetüchtig! Hah!

[Sofia Pereira]

Warum nur überraschte sie nicht, was sie da grade hörte? Das klang so sehr nach Adam, daß er es einfach sein mußte. Ganz egal wieviele Reisende heute noch hier gelandet waren, Sofia war sich mehr als sicher, daß nur er es schaffte, sie derart mädchenhaft auf zuführen. Sie schüttelte mit erhobenen Augenbrauen und deutlichem Missfallen den Kopf. Nicht über das Angebot, mit an Board zu kommen. Zwar sah der Kahn nicht sonderlich vertrauenserweckend aus, aber einen kurzen Aufenthalt dort würde sie sicher hinter sich bringen können. Viel eher ärgerte es sie, daß Adam gleich bei seiner Ankunft einen derart bleibenden Eindruck hinterließ und sie dazu zwang, sich um ihn zu kümmern. Mehr oder weniger. Sie beschloss ihn einfach so lange zu treten, bis er freiwillig wieder auf die Beine kam. An wievielen eingebildeten Krankheiten konnte man eigentlich leiden ohne daran zu sterben?
"Er ist nicht mein Freund!"
platzte es aus ihr heraus. Wäre ja noch schöner, wenn man sie auf diese Weise mit ihm in Verbindung brachte. Als ihr auffiel, daß sie vielleicht ein wenig übertrieben reagierte, fügte sie hinzu:
"Also nicht so ein Freund."
War das jetzt deutlicher? Wahrscheinlich nicht, aber Sofia hatte weder Lust ihre Beziehung zu Adam zu erklären, was auch gar nicht so einfach war, wie man auf den ersten Blick vermuten könnte. Arbeitskollegen vielleicht, aber das hätte Fragen nach der Arbeit aufgeworfen und die zu beantworten war die junge Frau noch weniger bereit. Trotzdem wollte sie nicht, daß jemand auf die Idee kam, sie wäre Adams Freundin. Das hätte ihr ganz sicher die Tour versaut und ausserdem war es einfach.... nein. Die junge Frau überlegte ernsthaft, ob sie behaupten sollte, seine Krankenschwester zu sein, mußte aber einsehen, daß ihr medizinisches Wissen derart beschränkt war, daß sie nicht mal ein Pflaster fachmännisch aufkleben konnte und entschied sich daher lieber dagegen.
Sie folgte Teo an Board des Rostdampfers und fragte sich, in welchem Zustand sie Adam wohl vorfinden würde. Und ob sie ihn überhaupt dazu bewegen könnte, das Schiff zu verlassen.
"Können wir ihn über Board werfen, wenn er sich nicht von alleine bewegt, oder verstößt das gegen irgendwelche Seefahrer Kodexe?"
erkundigte sie sich ganz ernsthaft bei der Anderen, schmunzelte aber dabei.