Fischmarkt

[Narracion]

Der kleine Platz, der an die Piers der Fischerboote grenzt, wird jeden Vormittag - außer sonntags - zum Marktplatz, auf dem der frische Fang unter die Leute gebracht wird. Privatkunden finden sich dabei genauso ein wie Händler oder die Köche von Restaurants. Nur die Fischkonservenfabrik bekommt ihre Waren geliefert.

Auf der den Piers gegenüberliegenden Seite des Platzes finden sich neben einer Hafenkneipe auch ein Schnellimbiss, dessen Karte kein einziges Fischgericht enthält, sowie eine Kaffeebude, die sowohl Fischer wie auch Käufer mit Koffein und Schmalzkringeln versorgt.

Ist der Markt beendet, wird es stiller auf dem Platz, auch wenn sich Möwen und streunende Katzen um übrig gebliebende Fischreste zanken. Bis zum nächsten Marktmorgen ist abgesehen von den Fischern, die ihre Boote beladen oder zum Auslaufen bereit machen, kaum jemand in diesem Hafenbereich unterwegs. Allerdings leben in San Palabra viele Fischer.

[Narracion]

[Dante Powell]

Es hatte seine Vorteile, groß zu sein. Wenn man sich den Weg durch einen überfüllten Marktplatz bahnte, bei dem man alle Naslang Gefahr lief, von den Versprechungen der Händler erschlagen zu werden, konnte man gut die Übersicht behalten. Der Nachteil war, dass man viele Blicke auf sich zog, vor allem, weil man fremd in der Gegend war. Allerdings blieb die Aufmerksamkeitsspanne der Einheimischen kurz - oder sie waren nur eifrig darum bemüht, ihre Fischkäufe vorzuschieben, um sich später in aller Ruhe das Maul zerreißen zu können.
Dante steuerte gelassen den Schnellimbiss am Rand des Marktplatzes an. Sein Magen knurrte, und es war eh noch zu früh, zu Santiago und Damian aufzuschließen. Zumindest brachte er gute Nachrichten: Das Wasserflugzeug war gechartert, und für einen Schein extra würde der Pilot nach dem Absetzen vergessen, dass er sie überhaupt gesehen hatte. Sobald Santiago das Go gab, würden sie deshalb aufbrechen können.
Im Geheimen fragte Dante sich bereits, wie lange es wohl dauern würde, bis das Mädchen seinen nicht vorhandenen Schwanz einziehen und sich einen Ausweg aus dem Dschungel überlegen würde.

[Emily Evans]

Also manchmal war es wirklich ein Fluch, so schrecklich klein zu sein, gerade in Situationen wie dieser, wenn man jemanden suchte und sich nicht auskannte. Emily unterdrückte grinsend ein Fluchen, rückte ihren Rucksack zurecht und drehte sich einmal um ihre eigene Achse, um dann zufrieden mit der Zunge zu schnalzen, als ihr Blick auf einen etwa kniehohen Stein fiel, der direkt am Fuße eines Straßenschildes stand.
Mit ein ein paar flotten Schritten war sie bei besagtem Stein und kletterte mit einem beherzten Schritt darauf, das brachte ihr bestimmt mindestens dreißig Zentimeter mehr Körpergröße ein!
Mit einer Hand hielt sie sich an dem Straßenschild fest, mit der anderen schirmte sie die Augen ab, um sich dann auf dem Fischmarkt umzusehen. So, wenn sie Dante wäre... ah moment, das war doch... - Hopps! - Das war wirklich ein mehr als glücklicher Zufall.
"Entschuldigung... Pardon.. Sorry.." Flink und wendig wie ein kleiner Fisch schob sich Emily über den Markt in Richtung des soeben entdeckten Dante. Zumindest hoffte sie, dass sie ihn richtig erkannt hatte, es war doch schon wieder ein klein wenig her, dass sie zusammen gearbeitet hatten.
Breit grinsend blieb sie schließlich wenige Schritte von ihm entfernt stehen und fing an zu plappern: "Da bist du ja! Gut, dass ich dich endlich gefunden habe, ich habe einen riesigen Kohldampf.."

[Dante Powell]

Und da war sie auch schon. Dante zog fast unmerklich die Brauen dichter zusammen. Vielleicht hatte er einmal zu oft an Evans gedacht, dass sie jetzt auch gleich auftauchte. Wengistens in Ruhe die Bestellung aufgeben hätte sie ihm ja noch gönnen können.
"Dann musst du was essen", entgegnete er und schob sich an Emily vorbei weiter zum Schnellimbiss. Eine sehr kurze Schlange stand vor dem Fenster, an dem man seine Bestellung aufgeben konnte. Zwar war es hier draußen auch nicht gerade still, aber die Vorstellung, sich in ein mit dem Duft und der Hitze des Frittierfetts angefülltes enges Kabuff zu begeben, behagte Dante auch nicht sonderlich. Ein HotDog auf die Hand würde an der frischen Luft viel besser schmecken als in der Enge.
Dante reihte sich hinten an, ohne sich groß der Vorstellung hinzugeben, Emily auf diese Weise abhängen zu können. Jetzt, wo sie ihn gefunden hatte, würde sie ihn vermutlich nicht so schnell wieder aus ihren Fängen lassen.

[Emily Evans]

"Das ist eine großartige Idee!" Grinsend schloss sich Emily Dante an und stellte sich hinter ihm in die Reihe. "Mein Genius hat wohl beim letzten Mal auf dich abgefärbt." Sie kicherte kurz amüsiert und ließ ihre Augen dann über die kleine Tafel mit den Angeboten huschen. Pommes hörten sich doch ganz gut an...
"Treibst du dich schon lang hier rum, oder bist du gerade erst angekommen?" Lange Zeit für eine Antwort ließ sie ihm jedoch nicht und plapperte munter weiter: "Ich hab ja erst gedacht, ich finde dich nie, manchmal wünschte ich mir schon, ich wäre ein paar Zentimeter größer. Du hast es im Gegenzug dazu echt gut mit deiner Körpergröße, da verlierst du wohl eher selten den Überblick. Aber zum Glück hat mich meine Spürnase dann ja doch noch auf die richtige Fährte gebracht!"
Sie stopfte eine Hand in ihre Hosentasche, um einen zerknitterten Geldschein herauszuziehen und stupste Dante dann an, während sie zu ihm auf blinzelte: "Ich lad dich ein." Wieso auch nicht? Immerhin hat sie das Geld eh erst vor wenigen Minuten diesem einen unaufmerksamen Passanten aus der Jackentasche gezogen...selbst schuld, wenn der nicht aufpassen konnte.

[Dante Powell]

Dante verdrehte die Augen, während er Emily sein breites Kreuz zuwandte. Atmete die eigentlich zwischendurch, oder was sie so beschäftigt, neue Wörter über die Lippen zu blubbern, dass sie irgendwann einfach umkippen würde? Gut, sie waren jetzt ein Team - mal wieder. Aber musste er sich, nur weil sie ihm jetzt an den Hacken klebte, denn mit ihr unterhalten? Doch wohl nicht. Wer nicht auf eine Antwort warten konnte, hatte sowieso keine verdient.
"Ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr", brummte er lediglich. Wobei denken das falsche Wort war. Hoffen traf es eher. Seit Santiago ihm mitgeteilt hatte, dass sie wieder mit Evans zusammenarbeiten würden, hatte er gehofft, dass dem Mädchen irgendwas dazwischen kommen würde. Seine Tage zum Beispiel. Oder eine Spinne, die in der Haustür saß. Irgendwas. Aber das Schicksal meinte es nicht gut mit ihm.
Er bestellte sich seinen HotDog, eine große Portion Pommes und ein großes Wasser - man brauchte ja was zum Rausschwitzen, hob noch mal fragend seine Braue in Emilys Richtung, ob sie das mit der Einladung immer noch aufrecht erhalten wollte, und ließ sie dabei an die Ausgabe vor.

[Emily Evans]

Emily lachte nur kurz locker auf bei Dantes Brummen, seine mürrische Art kannte sie ja bereits, allerdings hatte sie sich auch bisher nicht daran gestört.
"Als ob ich mir einen Job wie diesen hier entgehen lassen würde!" Tadelnd schüttelte sie den Kopf, auch wenn er davon vermutlich nichts mitbekam, da sie ja hinter ihm stand. "Spannende Abenteuer, gute Bezahlung und angenehme Gesellschaft, welches Genie könnte da schon widerstehen." Emily grinste und verstummte für einen Augenblick, als Dante seine Bestellung aufgab, um dann ebenfalls an die Ausgabe zu treten, zu klären ob die Pommes in pflanzlichem Fett frittiert wurden, wie es meist der Fall war, und sich dann eine Portion zu bestellen, dazu eine Flasche Wasser...und einen von den Lutschern, die ihr ins Auge fielen, gerade als sie sagen wollte, dass das alles war. Erdbeergeschmack, lecker!
Zufrieden mit ihrer Auswahl reichte sie der Bedienung den Geldschein: "Stimmt so, danke", ließ den Lolli in ihre Hosentasche sinken und folgte Dante mit Pommes und Wasser bewaffnet: "Was meinst du, wie lange wir noch Zeit haben, bis die anderen zu uns stoßen?"

[Dante Powell]

Ja, wer konnte sich sowas schon entgehen lassen: Hitze, lange Fußmärsche mit Gepäck, ungewisses Ziel - und das alles, weil irgendwer verhindern wollte, dass wer was fand, was es eh nicht gab. Ehrlich, die beklopptesten Menschen hatten doch immer die meiste Kohle und die spleenigsten Hobbys. Dante war dennoch gespannt, wie lange Evans brauchen würde, um sich zu wünschen, sie hätte sich den Job doch entgehen lassen. Sicher nicht lange. Wo sie doch so ein Genie war.
Da sie bezahlt hatte, fand Dante es dann doch höflich, darauf zu warten, dass sie auch fertig war, ehe er sich langsam in Richtung einer Kaimauer aufmachte. Essen im Stehen machte unglücklich, und der Platz sah doch ganz nett aus.
"Kann nicht allzu lange dauern." Gleichmütig zuckte er mit den Achseln, während sein Blick routinemäßig die Menschen maß, die den Markt bevölkerten. Wenn ihm ein neugieriger Blick begegnete, hielt er ihn lang genug, bis der andere den Blick abwandte. "Vielleicht eine Stunde noch?" Wie lange konnte so ein Gespräch schon dauern? "Wenn du also noch was besorgen wolltest, mach das lieber jetzt."
Dann könnte er zumindest in Ruhe essen.

[Emily Evans]

Mit zufriedenem Lächeln folgte Emily Dante zur Kaimauer, darauf achtend, unterwegs in niemanden reinzulaufen, immerhin hatte sie beide Hände voll, da konnte sie so eine Gelegenheit kaum nutzen, um zu ein wenig zusätzlichem Geld zu kommen, also würde das kaum lohnen...
Eine Stunde vermutlich, hörte sie Dantes Zeitangabe, genug Zeit also, um in Ruhe zu essen und dann vielleicht noch eine kleine Runde über den Markt zu drehen, vielleicht gab es an einem der Stände einen netten Comic, den sie noch nicht kannte. Etwas zu lesen für unterwegs konnte nicht schaden.
"Nein, nein, nur keine Eile, lass uns erst einmal essen, wäre doch unhöflich, wenn ich dich hier allein futtern lasse und mich einfach aus dem Staub mache." Außerdem mochte sie Hektik beim Essen nicht besonders. "Aber danach werde ich noch eine kurze Runde über den Markt drehen, falls noch Zeit ist."
An der Kaimauer angekommen, stellte sie ihre 'Fracht' kurz ab, um dann ihren Rucksack von den Schultern sinken zu lassen und es sich gemütlich zu machen. "Glaubst du eigentlich, dass es überhaupt etwas gibt, dass die finden könnten? Ich hab mich mal ein wenig umgesehen im Internet und das, was ich da gefunden hab..." Sie zuckte leicht mit den Achseln. Las sich eher wie Hirngespinste. Enthusiastisch schnappte sie sich ihre Pommes, tunkte eines davon in etwas Ketchup und begann genüsslich zu kauen.