Lager Team Santiago

[Dante Powell]

Da er Healy seinen wohlgeformten breiten Rücken zuwandte, erlaubte es sich Dante, das Gesicht zu einer Grimasse zu verziehen und die Augen zu verdrehen. Sinnlos in den Dschungel starren - er dachte nach. Und er beobachtete. Beides war meilenweit davon entfernt, sinnlos in den Dschungel zu starren! Immerhin war irgendwo hinter diesen Bäumen das Camp ihrer Zielpersonen. Gut, es war unwahrscheinlich, dass er von denen beim Holzsuchen so weit abkam, dass er plötzlich hier bei ihnen quasi vor der Haustür stand, aber selbst ohne menschliche Bewohner war der Dschungel voller Leben. Insekten und Käfer, die wie Borke oder Blätter aussahen, winzige Bewegungen in den Baumkronen, die auf Affen oder Vögel hinwiesen oder vielleicht ein Faultier oder eine Schlange.. nicht, dass Dante jetzt Botanik und Zoologie als Hobby erkannt hätte, aber herrje: Wenn er gewollt hätte, hätte er sicher irgendwelche Viehzeug finden können! Es war erstaunlich, was man durch ruhiges Beobachten alles entdecken konnte, aber jemandem wie Healy schien das nicht einzuleuchten.

"Ja", antwortete Dante erneut einsilbig und lächelte fein. Eine andere Antwort hatte eine solche Frage doch nun wahrlich nicht verdient. Er wandte seinen Kopf und blickte über seine Schulter hinweg zu Healys. Die Geräusche von knisterndem Papier hatten Dante schon zuvor verraten, dass sein Teamkollege etwas las; dass es ausgerechnet eines von Evans' Comics sein musste... hoffentlich war das kein schlechtes Omen, dass er nun auch bald damit anfangen würde, ihm Gespräche aufzuzwängen.

"Würd's für dich mehr Sinn machen, wenn ich dabei brabbele?", erkundigte er sich nüchtern. Konnte ja sein, dass der Evans so sehr vermisste, dass er sich nun eine Ersatz-Emily suchen wollte... und dafür stand Dante nun sicher nicht zur Verfügung!

[Raphael Healy]

Wie gesagt, er starrte sinnlos in den Dschungel.
Vermutlich konnte er Powells Faszination auch einfach nicht nachvollziehen, weil ihn Insekten und anderes Getier eher weniger interessierten und er keinen Blick für die Schönheit der Natur hatte. Da waren Evans Comics tatsächlich interessanter und die waren eigentlich schon scheußlich genug.
"Ein wenig", gab er zu. "Es käme vermutlich auf den Sinn des Gebrabbels an, aber zumindest wäre es ein Zeichen dafür, dass du wenigstens einen Basisschatz an Sozialkompetenz aus der Kinderstube mitbekommen hast. Ich klammer mich da momentan dran, weil das da anscheinend keinen Funken davon besitzt", womit er flüchtig in Simons Richtung deutete und einfach mal davon ausging, dass Dante ihn in genau diesem Moment auch angesehen hatte.

Ihm war schon klar, dass Dante kein geeigneter Gesprächspartner war und eigentlich suchte er auch keinen 24/7 Entertainer, aber sich den ganzen Tag anzuschweigen, war ihm dann auch wieder zu langweilig. Vielleicht konnte Powell ihn zumindest so lange unterhalten, bis Santiago seine Schelte beendet hatte. Dann durfte er gerne wieder in seinen schweigenden Zustand abdriften und Healy geflissentlich ignorieren... bis dem wieder langweilig wurde. "Glaubst du dem Spinner eigentlich? Also, dass diese Katzen immer zu Zweit unterwegs sind?" Er hatte zwar nicht den ganzen Tag in den Urwald gestarrt, aber dass bisher keine zweite Katze aufgetaucht war, war auch ihm aufgefallen.

[Dante Powell]

Plaudern als Sozialkompetenz - ja, waren sie hier denn auf einem Kindergeburtstag? Mit solchen versteckten Angriffen ließ Dante sich nicht aus der Reserve locken. Ungerührt zuckte er mit den Achseln und blickte wieder in den Dschungel. Natürlich hielt ihn das wenig davon ab, seine Meinung über Simon Payne kundzutun - kucken und reden konnte er gleichzeitig. Also fast immer jedenfalls.
"Dem glaub ich nicht mal, dass der Himmel blau ist", brummte er. Sprachen schließlich alle Indizien dagegen: Es war keine zweite Katze aufgetaucht, um den Tod ihrer Gefährtin zu rächen oder auch nur ein Büschel ihres schwarzen Pelzes zu zeigen, und abgesehen davon hatte Dante auch während der Angriffe nie zwei Exemplare gesehen.
"An der Brücke und gestern war es jedenfalls nur eine. Hatte die zweite Angst vor uns?" Er schnaubte geräuschvoll. Nein, nein, der Spinner konnte doch erzählen, was er wollte! Eine Katze blieb eine Katze blieb eine Katze blieb...
Seine Muskeln spannten sich plötzlich unwillkürlich an, als er eine Bewegung im Dschungel ausmachte. Konnte das etwa... nein. Nein, das war sicher nur eine optische Täuschung gewesen, hervorgerufen durch Healys Fragerei. Genau deshalb vermied er so ein Geplauder - das störte nur die Konzentration!

[Raphael Healy]

Gut, war er also nicht der Einzige, der Simon vollends misstraute. Vielleicht konnten sie Santiago ja überstimmen und so dazu nötigen, den Kerl so bald wie möglich wieder loszuwerden. Gerne übernahm Healy das persönlich, man war ja nicht pingelig.
"Vor dir mit Sicherheit, so gut wie du schießen kannst." Nein, er konnte es nicht lassen. Und selbst wenn er könnte, würde er nicht wollen. Dazu machte es zu viel Spaß.
"Der Kerl scheint ne Menge Scheiß zu reden, wenn der Tag lang ist. Ich sag dir, wenn er mir noch einmal mit seinem Messer vor der Nase rumwedelt, schieß ich ihm im Schlaf die Eier weg, egal ob die Expedition das hört oder nicht." Er riskierte doch nicht sein eigenes Leben, weil Santiago in der Mitarbeiterauswahl gepatzt hatte. Und er bezweifelte, dass Canalli die Knalltüte eingestellt hatte. Sein Blick wanderte immer wieder zum Chef und dem Idioten rüber, mal mehr, mal minder skeptisch. Was besprachen die Beiden da bitte so lange? Und wieso durften er und Dante das nicht hören?

[Santiago]

Santiago sah Payne kalt an, als der sich an ihn randrängte, ihm drohte und verlangte, dass er ihn los liess. Natürlich tat er nichts dergleichen. "Fuck you, Payne, du wolltest hier unbedingt dabei sein. Halt dich an meine Regeln oder verschwinde." Seine Stimme blieb ganz ruhig, klang allerdings eisig. "Niemand wird dich vermissen."

Dann rückte der andere plötzlich raus mit seinen 'Schatten'. Eine überaus absurde und abenteuerliche Geschichte. "Dämonische Kreaturen." Santiago sah ihn an, als ob er nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte, was ohnehin sehr wahrscheinlich war. "Im Dschungel." Er schüttelte den Kopf. "Zuviel Koks geschnupft, huh? Oder was immer hier in der Gegend gerade populär ist." Als Payne zurück trat, liess Santiago ihn los. "Ja, besorg dir dein Abendessen. Falls dir ein 'Schatten' begegnet, grüss schön."

Kopfschüttelnd drehte sich Santiago um und ging zurück zu den anderen beiden, die im Lager sassen und mit ähnlich leisen Stimmen etwas besprachen wie er und Payne gerade. "Was gibts zu Wispern?" fragte er gerade heraus. Obwohl er es natürlich wusste. Payne. A fucking pain in the ass. Dann fiel ihm auf, dass Healy ein Comic aus Evans' Gepäck in der Hand hatte und er runzelte die Stirn. "Vermisst ihr Evans wirklich so sehr?"

[Simon Payne]

Simon blickte Santiago einen Moment aus ebenso kalten Augen an, ehe sich ein breites Grinsen auf seinen Lippen zeigte. "Nah. Simon fickt lieber jemand anders als sich selbst. Wo bleibt denn da der Spaß?" Dass ihn niemand vermissen würde, interessierte ihn nicht. Er war nicht hier um Freundschaften zu schließen und er legte keinen Wert darauf von allen gemocht zu werden. Er mischte hier mit, weil ihm langweilig gewesen war. Nicht mehr und nicht weniger.

Natürlich glaubte ihm Santiago kein Wort, aber auch das war ihm herzlich egal. Er hatte es gesagt. Wenn sich jemand im Dschungel wirklich einen Schatten einfangen sollte, war es wenigstens nicht seine Schuld gewesen under konnte guten Gewissens sagen, dass er ja gewarnt hatte. "Bitte", meinte er nur Schulterzuckend. "Wenn du munter dein ganzes tolles Team verlieren willst, hör nicht auf Simon Payne. Simon lebt zwar schon seit Jahren im Dschungel, aber hey, der hat ja keine Ahnung, nicht wahr?", murrte er hinter Santiago her. Ihm war egal, ob der Typ ihn hörte oder nicht. Klar, auch er hatte nichts handfestes in der Hand, wenn es um die Schatten ging, aber oh, er war lieber vorsichtig.

Nun wandte er seine Aufmerksamkeit jedoch wirklich dem Wasser zu. Weit konnte sein Abendessen doch noch nicht sein. Er hatte jetzt wirklich Lust auf Schlange ...

[Dante Powell]

Dantes Gesichtszüge verhärteten sich leicht. Das war jetzt die zweite Spitze gegen seinen Schuss an der Hängebrücke! Hätte Healy damals mal reagiert, statt jetzt eine große Klappe zu haben! "Die Katze hat uns nicht gefressen", stellte er lakonisch fest, gerade als Santiago zu ihnen trat.
Fast ein bisschen widerwillig wandte Dante sich halb vom Dschungel ab. Er musste sich einfach geirrt haben; da konnte nicht schon wieder was lauern - bloß weil Payne phantasierte und Healy unfähig war, mal zehn Minuten das Maul zu halten. "Wir diskutieren, ob's die zweite Katze gibt", sagte er knapp, während er an Santiago vorbei in Simons Richtung schielte. Sah nicht aus, als würde der jetzt seine Sachen packen - also hatte Santiago ihn nicht zurück in das Erdloch geschickt, aus dem er gekrochen sein musste. Schade. Aber nicht seine Entscheidung, sondern Santiagos.
"Und Healy offenbar schon." Dante musste etwas breiter grinsen, als der Witz es eigentlich verdient hatte. Allerdings war das wenigstens mal kein Spruch auf Kosten seiner Schießkünste. Ehrlich - eine Katze aus zwei Metern war doch leicht. Seine war viel weiter weggewesen, er hatte kein Gewehr gehabt, die Brücke hatte gewackelt, da waren noch zwei Leute zwischen gewesen... das ließ sich doch überhaupt nicht vergleichen!

[Raphael Healy]

"Die hat wenigstens geredet, auch wenn's größtenteils Mist war."
Was hatte Santiago sich da eigentlich für ein Traumteam zusammengesucht? Der Spinner und der Stumme. Er wollte sich ja nicht beschweren, aber... doch, er wollte sich beschweren. Mehr noch über Simon, als über Dante, aber 'Pain in the ass' traf zweifelsfalls auf Beide zu. Und egal was Powell behauptete, er war immer noch ein grottenschlechter Schütze. So. Sein Blick wanderte zu Payne, der sich aus irgendeinem Grund in die Büsche geschlagen hatte und am Wasser rumlungerte.
"Fängt Gollum jetzt sein Abendessen, oder was macht er da?" Wenn er wüsste, wie richtig er damit lag...

[Santiago]

Santiago rollte mit den Augen. "Es wird hier vermutlich ein paar Dutzend dieser Katzen geben, die nichts gegen eine grössere Mahlzeit haben. Lasst euch von Payne bloss nicht verrückt machen." Er setzte sich an das Feuer, das dafür sorgen würde, dass sich weder Katzen noch sonst was allzu nahe heran trauen würde. "Auf der Hut müssen wir ohnehin sein, aber die Expedition genauso." Er lächelte. "Mit etwas Glück greift sich eine dieser Raubkatzen den Professor, das würde vermutlich zum abrupten Abbruch der Expedition führen." Und war im Übrigen ohnehin Plan B, sollte die Gruppe allzu weit kommen: Das plötzliche Ableben des Professors dürfte alles sein, was es brauchte, falls es eng wurde.

Healys Gollum-Kommentar entlockte Santiago tatsächlich ein schiefes Grinsen. "Genau das macht er." Santiago bevorzugte die mitgebrachten Vorräte und fischte sich eine Büchse mit ewig haltbarer Suppe aus seinem Rucksack. Dann sah er die beiden an und sagte leise genug, dass Payne es nicht hören konnte. "Ich weiss, dass Payne eine Nervensäge ist. Aber er kennt die Gegend hier tatsächlich wie seine Westentasche. Und sein Maul ist grösser als... naja, Hunde die bellen, beissen nicht. Meist nicht, jedenfalls." Er öffnete die Büchse und hielt sie mittels einer Art Aluminiumstock, den er ebenfalls aus seinem Rucksack gezogen hatte über das Feuer, um den Inhalt zu erwärmen. Mit der Hand produzierte er eine Zigarette, zündete sie am Feuer an und nahm genüsslich ein paar Züge.

[Simon Payne]

Simon grummelte noch ein wenig vor sich hin, während er sich darüber ärgerte, dass ihm wegen Santiago sein Abendessen durch die Lappen gegangen war. Allein dafür sollte er dem Kerl ordentlich in den Allerwertesten treten. Aber schön. Er war ja nicht dumm und konnte sehr wohl eine kleine Wasserschlange wieder aufspüren, die sich verkrochen hatte. Was Santiago mit seinen Männern beredete, ignorierte er dabei erst einmal völlig. Interessierte ihn ja auch wirklich nicht.

Als er das Tier endlich wieder aufgespürt hatte, schob er das Messer doch wieder zurück und leckte sich angespannt über die Lippen. Einen weiteren Blick warf er auf das Lager und grinste kurz boshaft in sich hinein, ehe er mit einer blitzschnellen Bewegung die Hand ins Wasser schießen ließ und das Tier tatsächlich sofort zu fassen bekam. Die Hand fest um den Hals der Schlange gelegt, riss er das Tier aus dem Wasser hoch. Wütend zischte sein Opfer, doch die Giftzähne, sonst eine tödliche Waffe, waren völlig nutzlos, da sie diese nicht in seinen Körper bohren konnte.

"Hello beautiful", meinte er grinsend und machte sich auf den Weg zurück zu den anderen - oder vielmehr zum Feuer dort, denn er wollte nicht riskieren, dass das Fleisch ungenießbar wurde, weil das Tier sich zu sehr wehrte und er womöglich daneben schnitt und die Giftdrüsen verletzte. Die Schlange zappelte und wand sich, der Schwanz peitschte wild umher, aber Simon zeigte sich gänzlich unberührt von der Gegenwehr. Er freute sich schon auf das Essen.