Irgendwo im Dschungel

[Dante Powell]

"Dann..." ..erschlag ich sie, dachte Dante und hieb grimmig mit seiner Machete einen Zweig ab, "... hätte Santiago uns schon bescheid gegeben." Immerhin hatte der doch auch kein Interesse daran, Zeit zu verschwenden!
Süßkram, Comics, Klamotten, Waschzeug... Welcher Idiot schleppte Comics mit? Nun gut, die Sache mit dem Idioten erklärte es dann von allein: eine Frau natürlich. Er würde die nachher mal durchblättern; vielleicht lag da ja irgendwas drin. Und wenn nicht, eigneten sie sich zumindest für eine Handlung, für die man immer frisches Papier brauchen konnte, bevorzugt allerdings weicheres. Oder sie konnten damit Feuer anmachen.
"Frauen sollte man halt eh zuhause lassen", brummte er. "Machen nur Ärger." Was war nur aus der guten alten Zeit geworden, als man sie schon aus Aberglaube nicht einmal auf ein Schiff gelassen hatte? Sagte ja keiner, dass die nur zwischen Küche und Bett pendeln sollten, aber es gab halt einfach Jobs, für die waren Frauen nicht geschaffen. Ihrer zum Beispiel. Da musste man auch einfach mal die Fresse halten können!

[Simon Payne]

Er hatte die Situation lange genug beobachtet, um zu wissen, dass er nichts von seinen Zielübungen auf das Mädel berichten sollte. Die hätte wohl zum Team gehört. Whops. Was war sie aber auch so schreckhaft gewesen? Er hatte ja nicht einmal wirklich dicht an ihr vorbei geworfen. Frauen. Die gehörten einfach nicht in den Dschungel. Hatte er schon immer gewusst. Nicht sein Problem. Sie hatte ihn nie gesehen. Selbst wenn sie wieder auftauchte, würde er keinen Ärger haben.
Wie eine Raubkatze schlich er näher, geschützt vor den Blicken Santiagos, da dieser ihm netterweise auch noch den Rücken zuwandte. Viel zu einfach. Viel zu langweilig. Er war wirklich versucht, einfach wieder zu gehen. Aber hey, womöglich würde es noch spannender werden. Mal abwarten.

Sein Gesicht verzog sich zu einem süffisanten Grinsen, als er beobachtete, wie sich Santiago niederließ und eine Karte studierte. Er schliech näher, ein Messer in der Hand, eine bedrohliche Gestalt. Auf Sauberkeit achtete er wenig, wenn er im Dschungel unterwegs war. Dementsprechend war seine Kleidung dreckig und sein Gesicht hätte er vielleicht auch mal wieder waschen sollen. Egal. Er nahm ja nicht an einem Schönheitswettbewerb teil.

"Nein, wie niedlich! Eine Karte!", rief er aus, noch immer einige Meter von Santiago entfernt. Den Boss beim ersten Auftauchen gleich anzukratzen wäre womöglich wenig hilfreich für seine Zwecke. Das hob er sich für später auf. Oder so. "Simon braucht keine Karten. Er kennt den Dschungel wie seine Westentaschen." Zufrieden nickend schob er das Messer zurück in die Scheide an seinem Oberschenkel. "Wie die Innenfläche seiner eigenen Hand." Er nickte abermals, nun zu voller Größe aufgerichtet. Ein weiteres Grinsen zeigte sich auf seinen Lippen. "Ärger im Team, Santiago? Jetzt schon?"

[Raphael Healy]

„In welchem Jahrhundert bist du noch gleich geboren worden?“ Er grinste sich hinter Dantes Rücken fröhlich einen ab. Evans Unfähigkeit schob er weniger auf ihr Geschlecht, sondern vielmehr auf ihre flummihafte Persönlichkeit. Die Frau hatte nun mal gigantische Hummeln im Hintern und noch dazu vermutlich Kontakt zu irgendwelchen Leuten, zu denen sie keine Kontakte unterhalten sollte. Zumindest konnte Raphael sich ihr Verschwinden nach wie vor nicht anders vorstellen. Im schlimmsten Fall war Evans irgendwohin verschwunden um sie zu verraten, dann würde Santiago sie vermutlich zum Freischuss freigeben. Im realistischen Fall hatte sie sich beim Pissen verlaufen. Im besten Fall war sie von der Dschungelkatze gefressen worden.

Ein Weilchen wanderten sie schweigend durch den Dschungel zurück – Schweigen war irgendwie ganz Powells Ding, da wirkte er zumindest richtig professionell und zufrieden – bis sie von Weitem schon wieder die Stelle erkennen konnten, an der sie ihr Lager aus dem Urwald gerodet hatten.
„Sollte sie doch wieder da sein, überlässt du den ersten Schuss mir.“ Nur damit das direkt mal klargestellt war. Umbringen würde er Evans nicht, aber zumindest von ihren Kniescheiben durfte sie sich verabschieden, wenn sie wirklich nach dem Pinkeln wieder aufgetaucht war.

[Dante Powell]

So eine Frage verdiente doch gar keine Antwort. Es ging ja nicht darum, ob er diese Weichspüler-Theorien nachplapperte oder nicht, von wegen 'Jeder Job kann von Männern und Frauen gleich gut ausgefüllt werden', also all der Kram, den Schlappschwänze nötig hatten, um eine Frau für sich klarzumachen - nein, es ging um pure Fakten. Jobs, die er mit Männern zusammen erledigt hatte, funktionierten. Frauen machten immer Ärger - zum Beispiel weil denen irgendwer zwischen die Beine wollte und deshalb extra dick auftrug, oder weil die Frau sich aufregte, dass ihr wer in die Bluse linste - oder sie sich aufregte, weil das eben keiner tat. Es war immer dasselbe: Stress. Dante mochte keinen Stress. Stress fiel auf und verbrauchte zuviel Energie, die man eigentlich in den Job investieren sollte.

Er schlug wortlos den Weg frei, wobei ihm dann doch auffiel, dass es leichter war, einen vor kurzen gegangenen Weg zurückzuverfolgen, als sich einen ganz neuen Weg zu suchen. Dennoch ziemlich schweißtreibend. Er hatte eh das Gefühl, als würde die Luft immer dicker. Musste an einem nahenden Gewitter liegen, von denen es in diesem Scheißland wohl jeden Tag eines gab. Aber der Regen würde wenigstens den Schweiß abspülen.
"Den ersten?" Dante kräuselte die Oberlippe und wandte den Kopf nach hinten. "Brauchst du etwa einen zw..." Er stutzte und blieb stehen. Da hinter Healy - glänzten da nicht zwei Katzenaugen in dem dichten Geäst eines Urwaldriesen? Zumindest wirkte es, als läge da etwas oder jemand im Schatten auf der Lauer.. "Keine. Hektischen. Bewegungen", sagte er langsam. "Katze."
Wenn das wieder so ein Vieh wie gestern an der Brücke war, dann gute Nacht.

[Raphael Healy]

Keine Antwort war auch eine Antwort und Raphael grinste still in sich hinein. Er war sich nach wie vor nicht sicher, ob er Dante nun mochte oder nicht, aber auf gewisse Weise amüsant war der Kerl auf jeden Fall. Bisschen meschugge, aber amüsant. Er konnte sich schon denken, auf welche spitzfinde Finte Powell nun wieder hinauswollte und setzte grad an um ihm direkt eine passende Antwort zu präsentieren, als der Jüngere prompt im Satz stockte und Raphael bloß fragend die Augenbrauen hob. Was war denn jetzt mit dem?
Wunderte es jemanden, dass sein Adrenalinpegel beinahe sofort in die Höhe schoss, wenn er nur an das Wort Katze dachte? Das Mistvieh von gestern hatte er immer noch nicht vergessen und jetzt sollte da noch so eine sein? Oder womöglich die Selbe, wer wusste schon wie groß das Revier von so einem Vieh war? Langsam wandte er den Kopf und sah über seine Schulter. Das Tier war im dunklen Schatten schwer auszumachen, aber er wäre ein beschissener Scharfschütze, wenn er die riesige Katze nicht entdeckt hätte. „Oh scheiße“, kam’s ebenso langsam und ruhig wie Raphaels folgende Bewegungen, als er sich vorsichtig zu dem Tier umdrehte. Alles war besser, als mit dem Rücken zu dem Vieh zu stehen. „Rückwärts. Richtung. Camp.“ Hauptsache sie ließen das Tier nicht aus den Augen. Seit wann hatten es Raubtiere eigentlich auf Menschen abgesehen? In den ganzen Büchern und Dokus erzählten die doch immer, dass die Viecher eher Angst vor Menschen hatten!

[Dante Powell]

"Okay", brummte Dante und begann damit, mit einer Hand nach hinten zu tasten, um sich dann langsam, Schritt für Schritt von dem Vieh zu entfernen. Was zum Henker war das eigentlich für eine Katze? Gehörte die hier zum Empfangspersonal? Für eine Kuschelkatze fand Dante sie dann doch viel zu groß, und sollten die Blätter eigentlich so zittern, als würde das Tier schon ungeduldig mit der Schwanzspitze zucken?
Mit möglichst ruhigen Bewegungen versuchte Dante, seine Machete in die dazugehörige Halterung zu schieben; er hätte doch gern seine Hand frei, um an seinen Revolver zu kommen. Nur für den Fall, dass die Raubkatze sich anschickte, sie als Zwischenmahlzeit auszuwählen. Entweder konnte er ihr damit in den Rachen schießen - oder er schenkte ihr Healy, das war doch vielleicht auch eine Möglichkeit, die eigene Haut zu retten. Andererseits war es doch sicher ein gutes Zeichen, dass die Katze bisher noch nicht gesprungen war.
"Was. Ist. Mit. Deiner. Waffe." Für einen Moment schoss Dante die Frage durch den Kopf, warum er eigentlich seine Stimme dämpfte. Das Vieh verstand doch ihre Sprache nicht! Oder..?

[Raphael Healy]

Nach seiner Waffe tastete er schon längst vorsichtig, nur war das Ding dummerweise immer noch an seinem Rücken. Seine Hand wanderte langsam höher, während er weiter rückwärts ging und nicht mal darauf achten konnte, dass er Powell nicht auf die Füße trat. Wieso war der Penner eigentlich plötzlich hinter ihm? Er wollte hier nicht als Whiskas enden, so hatte er sich das nicht gedacht! „Schon. Dabei.“ Konnte nur leider alles nicht so schnell gehen wie es sollte. Er war zwar unglaublich geschickt und flink mit dem Gewehr, aber wer wusste wie schnell dieses Drecksvieh hatte. Nachher kam er grade mal bis zum Entsichern und war dann schon Gulasch.
Vorsichtig zog er die Barrett M82 von seiner Schulter und die Blätter hinter der Katze raschelten deutlicher. Hoffentlich wusste das Vieh nicht was ihm blühte, sonst wurde es eng. Erstaunlicherweise atmete er allerdings ganz ruhig und auch sein Herz raste nicht, wie es das vermutlich sollte. Auf Katzenangriffe war er zwar nicht trainiert, aber Extremsituationen kannte er Gott sei Dank zu genüge.

Das Gewehr klickte leise, als er es entsicherte und dann langsam anlegte. Sollte er das Vieh vorsichtshalber einfach mal erschießen, oder noch abwarten, ob die Raubkatze ihnen was tun würde? Irgendwie war ihm wohler, wenn er dran dachte, dass das Drecksvieh nicht in der Nacht wiederkommen konnte.

[Santiago]

Santiago fuhr herum, seine Pistole in der Hand und auf Simon gerichtet, bereit zu schiessen. Es hätte auch nicht viel gefehlt und er hätte es getan, weil er Simon wegen seines Aufzugs und des verdreckten Gesichts fast nicht erkannt hätte - und sich ohnehin bereits damit abgefunden gehabt hatte, dass der eh nicht mehr auftauchen würde. "Du!" rief er dann aus, als er realisierte, wen er vor sich hatte. Den Mann, der ihm gedroht hatte, seine ganze Aktion hier auffliegen zu lassen, wenn er ihn nicht Teil seines Teams werden liess. Den Mann, mit dem er einmal recht erfolgreich zusammengearbeitet hatte, allerdings pausenlos begleitet von der unterschwelligen Rivalität, wer der Boss der Mission war. "Ich dachte schon, du seist ner Anakonda zum Opfer gefallen oder so was..." - was ihn nicht wirklich gestört hätte. Obwohl: Simon könnte nützlich sein auf dieser Mission. Er war durchgeknallt genug, um auch jene Dinge zu tun, bei der andere vielleicht Skrupel zeigen könnten, und er kannte die Gegend hier tatsächlich sehr gut. Deshalb hatte er sich letztlich auch auf die 'Erpressung' eingelassen.

"Ärger? Im Gegenteil. Wir haben gerade eben unsere erste Aktion erfolgreich durchgeführt. Allerdings scheint eins unserer Teammitglieder kalte Füsse bekommen zu haben." Er lächelte. "Oder ist einer Anakonda begegnet." Santiago musterte sein Gegenüber und steckte dann seine Pistole wieder weg. Offensichtlich war Simon schon ein Weilchen im Dschungel unterwegs, sonst würde er nicht so aussehen. "Was hat dich bewogen, dich hier doch noch zu zeigen?"

[Simon Payne]

Hätte es ihn interessiert, dann hätte er vielleicht ein wenig darauf geachtet, wie Santiago auf ihn interessierte. Aber das kümmerte ihn genausoviel als würde in China ein Sack Reis umkippen. Er war hier und damit würden sie sich nun abfinden müssen. Er hatte sich auch längst abgewandt und besah sich das Lager, während ihn sein aktueller Arbeitgeber mehr oder minder begrüßte. Verächtlich schnaubend fuhr er herum, das Gesicht zu einer düsteren Mine verzogen. Mit verschwörerischer Stimme murmelte er: "Dort draußen gibt es weit gefährlichere Dinge als eine kleine Anakonda. Weit gefährlicher." Einen Moment länger starrte er Santiago in die Augen, ehe er sich abrupt wieder abwandte und geradezu übermütig über den Platz hopste. "Simon musste sich doch erst ein Bild von der Lage machen!", erklärte er grinsend. "Er geht doch nicht blind ins feindliche Lager! Eh. freundliche Lager, natürlich."
"Erste Aktion? Meinst du damit die Schießübungen auf die Schlauchboote?", erkundigte er sich wenig beeindruckt. "Ihr habt daneben geschossen. Wo war das bitte ein Erfolg? Hättet ihr mal Simon rangelassen. Der hätte schon dafür gesorgt, dass von denen keiner mehr weiterzieht." Er grinste boshaft. "Das würde Simon eh interessierten!", rief er auf einmal aus und sprang wieder auf die Füße, das Messer gezogen, ohne sich dessen wirklich bewusst zu werden. "Es gehen so viele Expeditionen flöten ... warum bringen wir die nicht einfach um?" Er zuckte die Schulter und sah sich erneut um, ob da womöglich noch etwas Brauchbares verborgen war, in diesem Lager. Mit einer gelangweilten Geste winkte er ab. "Simon sagt schon, dass er das Lager erst einmal in Augenschein genommen hat." Die Frage war aber auch wieder zu blöd!

"So. Und wo ist der Rest von deinem Team, falls die nicht auch die Flucht ergriffen haben, wegen einer großen, bösen Anakonda? Simon will schließlich wissen, wem er den Arsch retten soll." Vor einer Tasche ging er in die Hocke und riss sie einfach auf. Interessiert durchwühlte er den Inhalt, um zu sehen, was es alles zu finden gab. "Was hast du eigentlich gegen Anakondas, Santiago? Simon sagte doch, es gibt gefährlichere Kreaturen. Simon trägt ne lebende Anakonda als Gürtel, wenn sie ihm in die Quere kommt. Vor den Schatten muss man sich verbergen. Aber nicht in den Schatten. Nicht in der Dunkelheit. Das ist ihr Revier. Oh und die Katzen. Wenn du wirklich vor etwas Angst haben willst, dann lieber vor den Katzen." Er zog ein Feuerzeug aus der Tasche hervor, nickte zufrieden und schob es sich in die Hosentasche, ehe er einen weiteren Beutel heranzog und auch darin zu wühlen anfing.

[Santiago]

Simon mochte zwar nützlich sein, aber er war leider auch anstrengend, sehr anstrengend. Und wenn Santiago ehrlich war, hatte er so ein bisschen drauf gehofft, dass es ihm erspart bleiben würde ihn mitzunehmen - nachdem er in Atempo nicht aufgetaucht war. Aber nun gut, es war wie es war, aber er würde ganz sicher Unruhe ins Team bringen, soviel war klar. Ein hyperaktives Kind mit mordlüsternen Neigungen.

"Unser Auftraggeber möchte ein etwas subtileres Vorgehen", antwortete er schliesslich. "Kommt hinzu, dass dieser Professor keine so ganz unbekannte Nummer ist. Klar, wenn es nicht anders geht, lassen wir sie alle über die Klinge springen, aber wenn es anders geht, werden wir es vermeiden. Und das gilt auch für dich, damit das klar ist." Santiago fixierte ihn mit bestimmtem Blick. "Der Rest des Teams dürfte bald zurück sein", erklärte er dann. Und sich vermutlich masslos wundern über den Neuzugang. Santiago hatte ihn nicht erwähnt, in der leisen Hoffnung, dass sich die Sache mit Simon erledigt hatte. No such luck.

Gefährlichere Kreaturen, hm? "Die Katzen sind uns auch schon aufgefallen", erklärte er und runzelte die Stirn. "Aber was genau meinst du mit Schatten?" Vermutlich irgendeine wilde Fantasterei. Aber Simon kannte die Gegend hier tatsächlich. Eventuell konnte es nicht schaden, seine Warnungen ernst zu nehmen.