Schlauchboot 1

[Narracion]

Das gelblich-beige Schlauchboot bietet ausreichend Platz für Passagiere und Gepäck; die Passagiere können höchstens zu zweit nebeneinander sitzen. An Bug und Heck ist das Boot etwas schmaler, sodass hier in der Regel nur eine Person sitzt. Es bläst sich von selbst auf und kann unaufgeblasen in einer Tasche leicht transportiert werden; die Paddel sind aus besonders leichtem Material, werden zusammengesteckt und belasten das Gepäck auf dem Trockenen ebenfalls nicht. Es braucht allerdings ein Weilchen, sämtliche Luft aus den Kammern zu lassen. Aufgeblasen lässt sich das Boot dank als Trage- und Halte'griff' befestigter Kordeln ebenfalls über Land transportieren.

[Narracion]

[Ray Williams]

cf: Vortag

Im vorderen Boot hielt Ray beständig Ausblick nach allem, was auch nur entfernt mit einer 'Großen Hand' vergleichbar war. Die Liste der Wegmarken, die ihm Dr. Bueno heute morgen beim Abschied noch einmal übergeben hatte, war zu lang, als dass sie jetzt erst noch tagelang dem Fluss folgen müssten, um die erste zu entdecken - zumindest hoffte Ray das. In all seinen Forschungen war nie ein Hinweis darauf zu finden gewesen, wie lang die Reise insgesamt dauern würde, ob sie Stunden, Tage oder gar Wochen dauerte.

Im schlimmsten Fall war die Wegmarke im Lauf der letzten Jahrhunderte zerstört worden. Seit der Selenismus nicht mehr existierte, konnte alles Mögliche für die Vernichtung gesorgt haben: Unwetter, Erdstöße, ein Buschbrand... Die Naturschutzgesetze in dieser Gegend hielten die Hoffnung wach, dass Brandrodung oder andere menschliche Eingriffe nichts beschädigt hatten, aber sicher gehen konnte Ray nicht. Er konnte nicht einmal sicher sein, dass der Fluss im Laufe der Zeit nicht seinen Lauf geändert hatte und die 'Große Hand' jetzt irgendwo im Dschungel ihrer Entdeckung harrte. Aber er würde sie finden - davon war er fest überzeugt.

[Miguel Bolivar]

Miguel sass im vorderen Boot und paddelte. Das alles würde hier noch in richtige Arbeit ausarten - nicht nur würde er den Gringos helfen müssen, ihr ganzes Zeug rumzuschleppen, jetzt musste er sie auch noch flussaufwärts paddeln. Als Fischer war er sich zum Glück allerlei gewohnt, und er war auch sehr fit. So gesehen, kein Problem. Zudem war er heute schon wesentlich entspannter als am Vortag, war es ihm doch gelungen, die Nachricht über die Existenz dieser Gruppe und ihr Ziel am Abend gleich ein paar Leuten weiterzugeben, die sie raschest möglich den Priesterinnen zutragen würden. Die würden dann schon wissen, was zu tun war. Klar war die Chance gross, dass er das Ritual dieses Mal verpassen würde, aber er war schliesslich ein Tempelwächter, und das hier war deshalb genau das, was er tun musste.

Sein Ziel war, möglichst viel und komplett unauffällig dazu beizutragen, dass die Expedition sich verzögerte, falschen Fährten folgte, sich verzettelte oder sonst wie ins Stocken kam. Und dafür würden sich bestimmt immer wieder Gelegenheiten ergeben. Schon zweimal hatten sie kurz am Ufer angelegt, weil da etwas gewesen war, das sich aus der Ferne allenfalls als Wegmarke hätte interpretieren lassen - eine davon hatte er selbst "entdeckt", sie hatte sich aber, so eine Überraschung, als unpassend erwiesen. Und mittlerweile kam es ihm auch so vor, wie wenn die hier eine Stecknadel im Heuhaufen suchten und eigentlich erstaunlich wenig Ahnung hatten. Auch dies trug durchaus zu seiner Entspannung bei. Sein Blick ruhte auf dem Professor, ganz vorn im Boot, der aufmerksam das Ufer beobachtete. Sollte er.

[Scott Mitchell]

Zum wiederholten Male fragte sich Scott bei was für einer sinnlosen Expedition er hier eigentlich hineingeraten war. Große Hand.. Könnte er ihnen zeigen. Zumindest morgen eine Hand mit Schwielen. Zumindest wenn er kein Kletterer wäre.
Seine Hände waren ohnehin von Hornhaut geprägt. Da machte so ein Paddel auch nicht aus. In seinen Oberarmen merkte er allerdings schon durchaus die Bewegungen. Es wurden wohl andere Muskeln beansprucht. Nun, ein wenig körperliche Anstrengung würde ihn schon nicht aus den Stiefeln hauen.
Nur diese zermürbende Erwartungshaltung der anderen machte ihn zu schaffen. Wenn er unterwegs war, hielt er sich meistens nach seiner Lust und Laune und nicht nach irgendwelchen obskuren Wegmarkern.
"Und Sie sind sich sicher, dass sich die große Hand am Ufer befinden soll?" Diesen Gedanken sprach er nun zum ersten Mal laut aus.

[Alejandro Cortez]

´Na wunderbar.´ Genervt schlug Alejandro nach der gefühlt-tausendsten Stechmücke und fragte sich ein ums andere Mal – und es waren, dafür dass er nun wirklich noch nicht so lange dabei war, verdammt VIELE Male, die ihm dieser Gedanke gekommen war – was zum Teufel er hier suchte. Natürlich wusste er, dass es um DIE Hand ging, aber… ´Was MACH ich hier eigentlich?´ Wer war so doof und tauschte ein bequemes Bett, vernünftige Klamotten und eine Wohnung mit Klimaanlage gegen DAS hier ein?

´Nur jemand, der total bescheuert ist.´ Jetzt musste er doch wieder grinsen. Ja, er war bescheuert. Aber er war nicht der einzige Bescheuerte hier. Er starrte auf den breiten Rücken seines Professors – der so gar nicht nach einem typischen aussah – und sah dann zu Miguel hinüber, der emsig vor sich hin ruderte. Schlechtes Gewissen hatte er dabei allerdings keins, er würde schon noch seinen Teil beitragen. Nur die Ruder-Tätigkeit zählte er nun mal nicht zu ´seinem Teil´. Alejandros Stärken lagen wo anders, deswegen kniff er auch ganz fest die Augen zusammen und versuchte angestrengt, den Dschungel zu ´durchbohren´. Also mit den Augen.

„Und?“, fragte er, da man zum Suchen schließlich keine Stille brauchte, „Sehen Sie irgendwas?“ Er wusste zwar, dass die Frage völlig überflüssig war, weil man DAS bestimmt sofort gemerkt hätte – ein aufgeregtes Hände-Wedeln? Ein entzückter Aufschrei? Wie auch immer, man HÄTTE es mitbekommen! - aber eine Runde semi-gepflegte Konversation musste drin sein, wenn er schon in einem semi-dünnhäutigen SCHLAUCHBOOT durch die Wildnis rudern musste. Okay, gerudert WURDE, aber egal. Bei Kleinigkeiten war Alejandro großzügig.

Bei Moskitos allerdings nicht.

Ohne auf eine Antwort zu warten, fasste er nach hinten zu seinem Seesack und holte ES hervor. Es, das Wunderheilmittel. Das Spray der Sprays. Die Rettung vor diesen Stechviechern! Ein kurzes, ungeduldiges Schütteln und schon verpestete ein widerlicher Gestank die ansonsten eigentlich recht angenehme Luft. „Noch wer?“, bot der Student an und grinste fröhlich in die Runde. „Ich hab noch genug davon dabei.“

[Ray Williams]

Ray runzelte die Stirn. Wenn er etwas entdeckt hätte, hätte er doch gewiss schon Anweisung gegeben, das Land anzusteuern! "Nein, tue ich nicht...", entgegnete er Alejandro, stutzte dann allerdings und wandte den Kopf, um Scott einen nachdenklichen Blick zuzuwerfen. Das war ja eine ganze neue Möglichkeit! Wenn die Hand tatsächlich nicht an Land war, sei es, weil sie es nie gewesen war oder weil der Lauf des Flusses längst über sie hinwegführte, dann suchten sie womöglich an der falschen Stelle! "Nicht an Land, nein." Nachdenklich schüttelte er den Kopf. Natürlich war es noch zu früh, um die Möglichkeit auszuschließen, dass sie die Hand einfach noch nicht erreicht hatten, aber es war durchaus ein interessanter Gedanke.
"Miguel", wandte er sich an den einzigen wirklichen Einheimischen im Boot, "ein Fels oder Stromschnellen oder etwas in der Art hier im Flusslauf ist..." Er brach ab, als er husten musste, weil ein Luftzug von hinten eine Wolke Insektenspray in seine Lunge blies. Verdammt, er hatte sich in Sicherheit gewogen, als der amerikanische Träger in das andere Boot gestiegen war! "Was zum Henker ist das?", keuchte er. "Anti-Brumm?"

[Miguel Bolivar]

Auch Miguel verzog das Gesicht, als die Schwaden des Mückensprays bei ihm ankamen. Zum Glück lebte er nicht in einer Welt, die solche Widerlichkeiten herstellte! Zum Glück kamen solche Leute nur selten hierher... "Gracias", sagte er zu Alejandro und schüttelte den Kopf. Er war mit einer komplett geruchlosen Tinktur eingerieben, welche die Mücken abhielt, und natürlich war es nicht nett, dass er sie mit den anderen nicht teilte. Aber je grösser das Unbehagen der Expeditionsteilnehmer, desto höher die Chancen, dass das hier zu nichts führte.

Als der Professor ihn ansprach, kurz bevor er wegen des Sprays einen Hustenanfall bekam, sah er ihn aufmerksam an. Felsen oder Stromschnellen im Fluss? Miguel nickte. "Ja, die gibt es immer wieder mal. Etwas weiter oben kommen sogar recht grosse Stromschnellen, da werden wir ans Land müssen, und die Boote ein Stück tragen müssen, bevor wir wieder aufs Wasser können." Er warf einen Blick zu seinem Ruderpartner, dessen Frage etwas ungeduldig geklungen hatte. Genau darauf zählte Miguel: Dass die Gringos gar nicht die Geduld hatten, so lange zu suchen wie es nötig war, um irgendwas zu finden.

[Scott Mitchell]

"Es könnte doch auch.." Scott hielt angestrengt die Luft an, als der Student plötzlich mit dem Antimückenspray die Luft verpestete. Ob man sich irgendwann an das Zeug gewönnen könnte? Oder war es wie Knoblauch? Hatte man die Wahl zwischen Leiden und Mitmachen?
"Reich mal rüber." Grinste Scott Alejandro an. Nun, wenn er sowieso in dem Mief sitzen musste, konnte er wenigstens auch auf die Stechmücken verzichten.
"Nun," Er wandte sich wieder dem Professor zu. "Es konnte ja auch der Fluss selbst sein. Der Fluss könnte sich wie eine Hand gabeln, der Handteller könnte ein See sein." Scott zuckte mit den Schultern. Allerdings hatte er noch nichts davon gehört, dass die Laete in einem See mündete. "Wie war nochmal der genaue Wortlaut?" Scott wischte mit seinem Unterarm über die Stirn, bevor er wieder beherzt in die Paddeln griff.

[Alejandro Cortez]

Alejandro zuckte nur mit den Achseln, als er von Ray wie erwarteten einen unverständigen „Wie kann man so dumm fragen?“-Blick kassierte. Nun, hätte ja sein können, dass der Professor mal vergaß sich bemerkbar zu machen, auch wenn er normalerweise sehr deutlich zu verstehen gab, was er dachte, meinte und von einem erwartete. Aber dieser Trip war schließlich nicht ‚normal‘. Außerdem schien Scott den Professor mit seiner Bemerkung auf was Neues gebracht zu haben und auch Alejandro sah nun pflichtbewusst ins Wasser. Ob so womöglich eine HAND die andere wusch? Der Student grinste.

Dann sah er auf, ohne auch nur den Hauch eines schlechten Gewissens zu zeigen. „Nix Anti-Brumm“, meinte er mit erhobener Augenbraue, „Anti-Uiiiiiiii“. Sein Spray war um Welten besser als das andere Zeug, das wusste er ganz sicher, auch wenn sowohl Professor Williams als auch Miguel seine Wunderwaffe verschmähten. Wenigstens Scott zeigte sowas wie ansatzweise Vernunft und bereitwillig hielt er dem fleißigen Ruderer die Spraydose hin. „Auf dass sie dran verrecken, diese Mistviecher“, meinte er und nickte grimmig. ´Und auf dass wir NICHT verrecken, wenn wir uns jetzt über Stromschnellen in irgendwelche Handteller-Seen stürzen.´ Hoffentlich ging da nichts nach unten und die Finger krümmten sich plötzlich nach unten, so dass sie über was Wasserfallähnliches drüberrutschten.