Wirtshaus

[Narracion]

Das kleine Wirtshaus von Atempo wird von seiner Theke aus dunklem Holz dominiert, an der je nach Breite vier bis sechs Personen Platz haben. Darüber hinaus gibt es zwei große, runde Tische für je acht Personen mit Tischen und Bänken. Die unverputzten Steinwände sind weiß getüncht. Durch die gardinenlosen Fenster fällt Tageslicht in den Raum.

Ein Flur führt zur Küche, die aber nur in den seltensten Fällen benutzt wird, zum Lagerraum mit Kühlmöglichkeiten und zur Toilette.

Das Wirtshaus versorgt die Bevölkerung von Atempo hauptsächlich mit flüssigen Spezialitäten: Bier, Tequila, Rum und Whiskey, Selbstgebrannter von der Wirtin, Kaffee, Tee, Säfte und Wasser.

[Narracion]

[Miguel Bolivar]

cf: Dorfwege

Miguel schaffte es, die schwer hinkende Bueno die kurze Treppe hoch in den Innenraum des Gasthauses zu manövrieren und dort auf einen Stuhl zu setzen. Das Lokal sprühte nicht gerade vor Leben, aber an der Decke direkt über ihr drehte ein Ventilator träge seine Runden und sorgte für einen kühlenden Luftstrom. "So am besten lagern Sie Ihren Fuss hoch...", er schob ihr einen anderen Stuhl hin und half ihr vorsichtig, ihren verletzten Fuss dort draufzulegen, "...ich hole etwas Eis."

Kaum drehte er sich von ihr weg tauchte auch schon die Wirtin auf, Miss Ruby, einigermassen überrascht, dass um diese Zeit Gäste vorbeikamen. Miguel erklärte ihr kurz die Situation, betonte auch, dass es sich bei den Fremden um eine Expedition handelte, die in den kommenden Monate auf der Suche nach Spuren der 'Inka'(!) den Dschungel durchkämmen wollte, und liess sich eine Ladung Eis in einem Beutel geben, den er umgehend Bueno überreichte. "Das wird helfen", versicherte er ihr. "Und falls Sie was essen oder trinken möchten...", er zeigte Richtung Ruby. "Die Auswahl ist allerdings vielleicht nicht, was Sie sich gewohnt sind."

[Scott Mitchell]

cf: Dorfwege

Scott betrat wenig später als Bueno und Miguel das Dorfwirtshaus. Er hatte sich entschlossen, sein Fahrrad doch hinter das Haus zu bringen. Im Schatten würden sich die schwarzen Lenker und Sattel auch nicht so aufhitzen. Und es war definitiv sicherer. Vor Garcia.
Nun, er sollte Ruby unbedingt fragen, ob er sein Fahrrad während der Expedition bei ihr unterstellen konnte. Ruby gehörte zu den wenigen, die Garcia mühelos die Stirn bieten konnte.
Apropos Ruby.. Er trat an den Tresen heran, hinter dem sie wieder verschwand, nachdem sie den Beutel Eis ausgehändigt hatte und überreichte ihr das Paket, ehe er mit leicht zerknirschtem Unterton erklärte, dass er ihr in den nächsten Wochen nicht mehr im Weg stehen würde.
Dass Miss Ruby grinsend mit dem Handtuch nach ihm schlug und ihn lachend zum Teufel wünschte, nahm er mal als gutes Zeichen auf?
Er drehte sich zu Bueno und Miguel um und schob sich in die Bank. "Ich kann ihnen für den Anfang eine der Limonaden empfehlen. Das Wasser ist erst zu genießen, wenn der Magen sich umgestellt hat."

[Mercedes Bueno]

cf: Dorfwege

Die kurze Verschnaufpause, in der sie sowohl von Miguel, der Frau hinter der Theke und Scott unbeobachtet blieb, hatte Dr. Bueno genügt, um sich davon zu überzeugen, dass es auf diesen Stühlen keine wirklich bequeme Sitzposition gab, auch wenn der Schmerz in ihrem Fuß nicht mehr so stechend war, seit er mit Miguels freundlicher Hilfe höher lag. Tatsächlich war es in dem Steingebäude kühler als draußen, aber Dr. Bueno fehlte das charakteristische Flapp-flapp-flapp eines Ventilators, der doch selbst an Orten zu finden war, die sich für eine Klimaanlage zu alternativ waren. Nun, dieses Dorf bildete da offensichtlich eine Ausnahme. Aber zumindest gab es tatsächlich Eis. Welch Mirakel!

Dr. Bueno zog die Luft zwischen den Zähnen ein, als sich die plötzliche Kühlung fast schmerzhaft an ihren Knöchel schmiegte, und schloss die Augen. Irgendwo zwischen den unterschiedlichen und kaum angenehmen Wahrnehmungen drangen die Worte der beiden jungen Männer - und weckten unwillkürlich ihren Starrsinn.

"Also bitte, meine Herren, ich bin keine Gringa!" Geboren und aufgewachsen in Narracion würde ihr doch wohl kaum die einheimische Küche etwas anhaben können! Es sei denn, sie aßen hier Käfer oder Maden, von einigen Dörfern hörte man ja grässliche Geschichten auf den Universitätsfluren - und nur, weil sie sich kaum noch an Nahrung erinnern konnte, die nicht in Primera zubereitet worden war, würde ihr Magen doch sicher nicht kapitulieren für ein bisschen.. Wasser. Ihre Stimme verlor ein wenig die zurechtweisende Schärfe, als sie fortfuhrt. "Aber ein Kaffee wäre angenehm." Sie runzelte die Stirn, und ihr Blick glitt über die Wände des Wirtshauses. Nun, sie hatte es kaum anders erwartet: keine Bücher. Sie richtete ihren Blick wieder auf die beiden Herren. "Eine Bibliothek besitzt dieser Ort vermutlich nicht? Oder eine Dorfchronik?" Sie würde sich ja vermutlich ein Weilchen hier aufhalten müssen; vielleicht konnte sie ja hier ihre Nachforschungen vorantreiben und dem Professor per Telefon mitteilen!

[Miguel Bolivar]

"Eine Bibliothek?" Miguel sah sie belustigt an. "Das hier ist ein Fischerdorf, Senora - hier gibt es weder Bedarf für Bibliotheken noch für Dorfchroniken." Soweit kam es noch, dass sie anfing hier im Dorf rumzustöbern. Er beäugte ihren Fuss samt Eisbeutel und ertappte sich dabei, dass er hoffte, er möge verletzt genug sein, um sie möglichst lange unbeweglich zu halten. Nachdem Scott und Miss Ruby ein paar Worte und ein Päckchen getauscht hatten, brachte sie Bueno einen Kaffee und dazu eine Limonade in der Flasche, die sie vor ihren Augen öffnete. Nur um anschliessend kund zu tun, was für eine überflüssige Idee sie es fand, im Dschungel rumzurennen und nach alten Steinen zu suchen.

Miguel grinste. "Solange sie uns dafür bezahlen, dass wir ihre Sachen tragen, während sie das tun..." Und am Ende würden sie abziehen, ohne etwas gefunden zu haben, und für dieses Privileg reichlich Geld liegen gelassen haben. Miss Ruby schüttelte den Kopf und zog sich hinter ihren Tresen zurück. "A propos Sachen tragen", erklärte der junge Fischer in Buenos Richtung. "Ich werde mal sehen, ob ich noch ein paar andere davon überzeugen kann, Ihnen zu helfen. Sie sind hier inzwischen auf jeden Fall in guten Händen." Er nickte Bueno und Scott zu und verliess das Lokal wieder. Allerdings nicht, um weitere Träger zu suchen, sondern um so rasch wie möglich die richtigen Leute zu warnen, damit die Priesterinnen erfuhren, was hier los war.

tbc Zeitsprung / mal sehen

[Scott Mitchell]

Scott schmunzelte offensichtlich, als Senora Bueno ihren Unmut freien Lauf ließ. Nun, er würde es bei der Warnung belassen. Flach lag sie ja ohnehin schon. Trotzdem nahm er es wohlwollend zur Kenntnis, dass sie einen Kaffee bestellte. Dann war das Wasser wenigstens abgekocht.
Er griff mit einer Hand zur Limonade und stürzte einen großen, erfrischenden Schluck in sich hinein, ehe er sich mit dem Handrücken über den Mund fuhr. Er konnte nun wirklich nicht nachvollziehen, wie man bei der Hitze auch noch Kaffee trinken mochte. Aber jedem sein Plaisir.
Er zuckte mit den Schultern, als Senora Bueno ihre Frage nach der Bibliothek stellte, ehe Miguel auch schon antwortete.
Kurz sah er ihm hinterher, bevor er sich wieder zu seiner Banknachbarin umdrehte. "Zumindest keine schriftlichen." Scott verzog seinen Mund zu einem schiefen Grinsen. "Aber man könnte meinen, dass manche der Alten hier die Weisheit mit Löffeln gegessen haben."

[Mercedes Bueno]

Dr. Bueno hob kritisch die Brauen und schenkte Miguel und - als diese ihr Unternehmen mit so wenig Ehrfurcht und Verständnis bedachte - auch Miss Ruby einen vorwurfsvollen Blick. In diesem vorsintflutlichen Kaff also, umgeben von Barbaren und Banausen, sollte sie den Anfang ihres Jahresurlaubs verbringen, anstatt neue Erkenntnisse zu entdecken? Madre de Dios!
Als würde es jemals keinen Bedarf an Geschichte und Geschichten geben! Sowas hing doch nicht von der Menge der Menschen ab, sondern höchstens von ihrem Charakter!
"Viel Erfolg", verabschiedete sie Miguel kühl, fast bitter, und nippte an ihrem Kaffee, dessen Geruch schon ihre Lebensgeister weckte und ein wenig vom Pochen ihres Knöchels und der grässlichen Erkenntnis ihres Scheiterns ablenkte. Scotts Worte ließen sie jedoch gleich frische Hoffnung schöpfen.
"Wirklich?" Interessiert blickte sie ihn an. "Und von wem könnte man das meinen?" Wo war denn noch mal ihr Notizbuch? Das musste sie sich doch aufschreiben!

[Scott Mitchell]

Scott stützte sich mit seinen Unterarmen auf den Tisch und machte eine Kopfbewegung nach draußen.
"Um die Mittagsstunde kann man im Schatten des Baumes, draußen auf dem Platz, zwei alte Herren beobachten. Den Padre und Martinez, Ladeninhaber. Neuen sind sie nicht sehr aufgeschlossen, aber wenn man sich lange genug herumtreibt, fassen sie Vertrauen und können einiges erzählen." Scott zuckte mit den Schultern. Er gehörte noch nicht zum auserwählten Kreise, andererseits gab er auch nichts auf Geschichten.
"Und wenn Sie den aller neuesten Tratsch hören wollen, müssen sie nur in eben diesen Laden gehen. Martinez' Frau wird sie gut versorgen." Scott lachte leise. Er kaufte immer nur das Allernötigste, und hatte sein Geld bereits abgezählt, bevor er an die Kasse kam.
"Und es dürfen auch nicht Jones und Mama, Isolda Santos, fehlen. Es sind allerdings alle mit Vorsicht zu genießen. Ich kann Ihnen jedoch versprechen, dass Sie sich nicht langweilen werden."

[Mercedes Bueno]

Dr. Bueno schrieb eifrig mit, nachdem sie das Notizbuch herausgefischt hatte. Ein Padre - nun, vielleicht konnte sie sich eine Krücke organisieren und einmal zur Beichte gehen. Am besten kaufte sie die Krücke in diesem Laden, und dann noch..
"Jones und Mama wer?" Irritiert runzelte Dr. Bueno die Stirn und blickte Scott fragend an. Das klang nun doch eher kryptisch. Andererseits hatte sie nun insgesamt fünf Namen, die es abzuklappern galt, sobald sie ein wenig beweglicher war als jetzt. Wenn die Gesprächigkeit dieser Leute nur etwas Hartnäckigkeit entfernt war... Dr. Bueno hatte gemeinsam mit Prof. Williams immerhin alle nötigen Papiere für diese Expedition organisiert, da war für ihre Stufe von Hartnäckigkeit doch sicher an manch offizieller Stelle schon ein neues Wort erfunden worden! Daran sollte es wirklich nicht scheitern.
Ihr wurde gleich etwas leichter ums Herz. Sie würde also doch nicht vollkommen nutzlos sein!