Kirche

[Narracion]

Die Kirche von Atempo ist ein aus Holz gebautes Gebäude mit einem Flachdach; eine Glocke, mit der zur Messe und im Brandfall geläutet wird, steht für jeden zugänglich direkt vor dem Gebäude. Über der nie verschlossenen, breiten Eingangstür hängt ein Petruskreuz - immerhin ist Petrus auch Schutzheiliger der Fischer.

Im Innern wirkt die Kirche eher schummrig und stickig, da die Fenster weder besonders breit noch besonders zahlreich sind. Der Steinfußboden ist immer sauber gefegt, Bänke und Stühle bieten Platz für rund 30 Personen; die übrigen Messebesucher stehen oder setzen sich auf den Boden. Herzstück ist der Altar, der an genau jener Stelle errichtet wurde, an dem das erste Kreuz von Atempo errichtet wurde. Zu Padre Estebans 'Kummer' hat er keine Kanzel; er predigt von einem Stehpult aus, das wie der Altar erhöht errichtet wurde. Ein geschnitztes Taufbecken und ein ebenfalls mit Schnitzereien verzierter Beichtstuhl stehen hinter einem handgewebtem Vorhang, auf den der Kreuzweg gestickt wurde. An der Rückwand hinter dem Altar hängt ein großes Kruzifix.

Da die Wohngebäude des Priesters und seiner Haushälterin direkt neben der Kirche errichtet wurden, hat die Kirche keine Sakristei oder weitere Räume, sondern nur den Altarraum.

[Narracion]

[Mercedes Bueno]

cf: Vortag

Eine Sonntagsmesse in einem winzigen Flecken wie Atempo hatte Dr. Bueno in ihrer persönlichen Sammlung von Kirchenerlebnissen noch gefehlt. Sie hätte ja vermutet, dass die Reaktionen der Dorfbevölkerung auf jemanden, der sich unter offensichtlichen Schmerzen humpelnd in ihre Kirche - also, wenn man das eine "Kirche" nennen wollte! - schleppte, sehr viel herzlicher ausfallen würden, aber abgesehen davon, dass man ihr ganz hinten einen Platz überlassen hatte, fühlte sie sich doch wie eine Aussetzige, umringt von Menschen, die sie mehr mit dem Ausdruck musterten, den man unerwünschten Insekten schenkte, als mit Gastfreundschaft. Und der Priester hatte mit seiner Predigt nun auch niemanden zu geöffneteren Armen und Herzen aufgerufen! Dr. Bueno presste die Lippen aufeinander. Wenn sie es nicht genauer wüsste, würde sie glauben, dass dieser Mann der Kirche der Nächstenliebe sie hasste, nur weil sie hergekommen war! Diese unverschämte dicke Frau, die sie vorhin beim Reingehen angerempelt hatte - mit völliger Absicht, dessen war Dr. Bueno sich gewiss - machte sich ja noch nicht mal die Mühe, ihre Feindseligkeit zu verbergen! Aber wenn dieses Dorf glaubte, sie gäbe deshalb auf, dann hatte es sich geirrt! Falls hier Hinweise auf den Tempel zu finden waren, würde Dr. Mercedes Bueno sie finden, jawohl!

Sie wedelte sich mit einer Hand Luft zu, während der Priester den letzten Segen sprach, ehe er seine Schäfchen entließ. Wirklich, sie hätte doch erwartet, dass sie in ihrem Gotteshaus wenigstens einen Ventilator hätten! Oder glaubten die Menschen hier, Schwitzen brächte sie näher zu Gott? Wenn ja, dann waren hier doch so einige sehr viel gläubiger, als sie sollten.

[Perceptua Jones]

cf:Oscar Jones Hütte

Perceptua fand es wunderbar. Das Dörfliche, die Dorfbevölkerung, hinter deren Stirnen es wohl gerade arbeitetete ("Das ist also diese Dings aus England?"). Oder was mochten sie denken, fragte sich Perceptua. Sie kam fast im letzten Moment herein, alle drehten sich um- und so konnte sie nur alle freundlich lächelnd anblicken. Beinahe hätte sie gesagt "Oscar läßt sich entschuldigen..."aber das wäre wohl nicht so gut...gewesen.
Während der Messe sah sie sich um und erkannte einige Dorfbewohner aus Oscars Beschreibungen. Eine junge Frau sah allerding fremd hier aus, städtisch. Sie sah aus, als ob sie fremd war und sich auch fremd fühlte. Gehörte sie zur Expedition? Aber warum war sie nicht mitgefahren?
Die Messe war zuende und der Priester eilte zur Kirchentür- für den Smalltalk mit den Gemeindemitgliedern. Perceptua stellte sich ihm vor. Sie wechselten ein paar Worte. Dann sah sie die Fremde auf den Ausgang zuhumpeln.

[Mercedes Bueno]

Dr. Bueno wartete ab, bis die Dörfler gegangen waren - sie fühlte sich noch nicht allzu sicher auf ihren Krücken, die aus dem örtlichen 'Supermarkt' stammten und sicher nicht von medizinischem Fachpersonal eingestellt worden waren. Jemanden um seine Begleitung zu bitten war allerdings ebenso undenkbar gewesen wie die Vorstellung, dass sie sich vor aller Augen auf die Nase legte. Also bemühte sie sich um ein schmales Lächeln, das säuerlicher ausfiel, als sie es geplant hatte, während die Dörfler sie beim Vorübergehen anstarrten, und erst als sie halbwegs sicher war, dass niemand mehr hinter ihr stand, stemmte sie sich umständlich hoch, hantierte solange mit den zuvor unter ihrem Platz verstauten Krücken, bis sie sie vollkommen unter Kontrolle glaubte, und machte sich dann humpelnd in Richtung Ausgang auf. Hm, da standen allerdings noch eine Frau und der Priester.

"Buenos dias", begrüßte Dr. Bueno die beiden etwas angespannt. Herrje, sie glaubte ja nahezu zu spüren, wie sie näher zu Gott kam (also stärker zu schwitzen begann), und ihre Arme zitterten ein wenig. Dass man soviel Kraft für einen so kurzen Weg brauchen konnte... "Könnten Sie....?" Sie versuchte den beiden zu bedeuten, dass sie ihr aus den Weg treten sollten, begann dabei allerdings doch etwas heftiger zu schwanken.

[Perceptua Jones]

Perceptua trat schnell zur der Frau und stützte sie, auch wenn ihr das vielleicht nicht so angenehm war. Freundlich sah sie die Frau an und stellte sich kurz vor.
"Ich bin Perceptua Jones. Ich bin gestern gerade angekommen in Atempo, um meinen Onkel zu besuchen. Kann ich Ihnen helfen? Oder kommen Sie doch mit zu mir, wir machen uns noch einen Kaffee, Oscar ist angeln gegangen."
Sie nickte ihr aufmunternd zu.

[Mercedes Bueno]

Dr. Bueno schwankte zwischen Dankbarkeit und Verärgerung, als Perceptua ihr zur Hilfe kam - Verärgerung über ihre eigene Unzulänglichkeit, mit diesen Krücken zu hantieren, nicht darüber, dass sie vor einem Sturz auf den Kirchenboden bewahrt worden war. "Gracias", bedankte sie sich und horchte auf, als die Fremde ihren Namen nannte. Jones? Und Onkel Oscar? Oscar Jones war doch einer der Namen gewesen, die der einheimische Träger ihr genannt hatte, bei denen sie Informationen finden könnte!

"Gern." Dr. Bueno lächelte etwas wärmer und stemmte sich mit Perceptuas Hilfe so hoch, dass sie ihr in die Augen sehen konnte. "Zu einer Tasse Kaffee sage ich nein. Ich bin Dr. Mercedes Bueno aus Primera." Sie legte den Kopf leicht schief, musterte Perceptua flüchtig. Nein, nicht der Klang der Stimme und die Sprachmelodie passten nicht recht hierher, ihre Kleidung war auch - zivilisierter. Kein Wunder, wenn sie nur auf Besuch hier war! "Sie kommen also nicht von hier?"

Eher beiläufig verabschiedete sie sich vom Priester - sie würde sich bei Gelegenheit einmal einen Termin zur Beichte geben lassen, vielleicht konnte sie ihn im Anschluss daran auch beruflich befragen - und humpelte neben Perceptua nach draußen.

tbc: Dorfwege

[Narracion]