An Deck

[Elvis Strindberg]

Elvis schnitt kurz eine nachdenkliche Grimasse. Sollte ihm der Name was sagen? Oscar Jones, Oscar Jones... aber so sehr er sich das Hirn auch zermarterte, es fiel ihm niemand Bekanntes mit diesem Namen ein. Natürlich legte der gleichlautende Nachname nahe, dass es ein Verwandter von Senora Jones war, aber wusste man das sicher?
"Aha", grinste er schief und blickte fragend zu Perceptua auf, während er sich bückte, um an seinem Rucksack zu nesteln. Sah schließlich aus, als ginge es jetzt von Bord; einer der Typen in der schwarzen Uniform machte sich bereits an einem Beiboot zu schaffen.
"Und Oscar Jones ist - Ihr Bruder?" Irgendeinen Tipp konnte er ja mal ins Blaue schießen.

[Perceptua Jones]

"Nein, ein Verwandter meines Vaters." antwortete Perceptua. "Oscar ist 96." fügte sie lächelnd hinzu.

"Oh, ihr Reisegefährte wird wohl sehr froh sein, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. " Sie blickte zu dem jungen, grünlich aussehenden Mann hinüber.

Dann wandten sich ihre Gedanken Atempo zu. Wie sie wohl in Atempo zurechtkommen würde? Hoffentlich verstand sie sich auch mit Oscar und den anderen Dorfbewohnern...

Sie erhob sich.

[Elvis Strindberg]

"Das wäre dann ein sehr alter Bruder", lachte Elvis, stand ebenfalls auf und blickte mit einem Funken Anteilnahme hinüber zu Teddy. Na, wenigstens die Fische schienen aktuell von Nachschub verschont zu bleiben. "Jaa, er kann es wohl wirklich kaum erwarten; er hat ja schon versucht, die Bucht zu verfüllen."
Elvis sah, wie Lopez mit einem großen Koffer zum Beiboot schritt und kurz darauf auch Luca Canalli frisch geduscht und gut bepackt zurück an Deck kehrte. Es schien tatsächlich los zu gehen! Warum sie nicht am Handelsposten, sondern hier herausgelassen wurden, konnte sich Elvis nicht vorstellen, aber das würde sich schon noch alles finden.
"Eh, Teddy!" Er ging hinüber zu seinem neuen Schützling. "Schwing die Hufe. Das Abenteuer wartet!"
Und mit langen Schritten ging Elvis zum Beiboot, in das Luca bereits kletterte, und machte sich bereit, gegebenfalls Senora Jones oder Teddy beim Einsteigen zu helfen.

tbc: Atempo/Bootsstrand

[Homer Canalli]

cf: Salon

Canalli blinzelte, als er aus dem schützenden Zwielicht, das der Jalousien sei Dank im Salon herrschte, in die pralle Mittagssonne hinaustrat. Zufrieden bemerkte er, dass die beiden Träger bereits zu Luca ins Beiboot kletterten. Der Verwalter im Handelsposten war bei Aussicht auf ein kleines Handgeld so freundlich gewesen, ihnen per Funk durchzugeben, dass die Expedition bereits aufgebrochen und gen Atempo gezogen war, und da sie Senorita Jones sowieso hier absetzen wollten, war es doch viel klüger, gleich alle Passagiere hier von Bord gehen zu lassen - ehe am Ende noch der vierte Passagier, nämlich der Eigengeruch dieses eigenartigen jungen Mannes, für Lackschäden an der Paloma Nera sorgte.
Canalli lächelte schmal, während er auf Perceptua zuhielt. "Perceptua, meine Liebe." Er schenkte ihr ein breiteres Lächeln zum Abschied. "Wie schade, dass sich unsere Wege schon wieder trennen. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen bei Ihrem Besuch; vielleicht sehen wir einander ja bei einer Soirée Ihres lieben Herrn Vaters in Englang. Sie müssen mir dann un-be-dingt von Ihren Erlebnissen berichten, ich insistiere darauf." Er ergriff ihre Hand, um sie noch einmal weich zu schütteln.

[Perceptua Jones]

"Gewiß," erwiderte Perceptua.
"Nach ein paar Wochen in Atempo freue ich mich sicher sogar darauf, mit meiner Mutter in den Club zu gehen." lachte sie.
"Vielen Dank , daß Sie mich mitgenommen habne. " Sie nickte Canalli freundlich zu und begab sich zum Beiboot.


tbc: Atempo/Bootsstrand

[Homer Canalli]

Canalli trat an die Reling, während das Beiboot zu Wasser gelassen wurde, und blieb dort mit gelegentlichen Winken stehen, während Lopez die Passagiere zum Strand fuhr. Seine Krankenschwester, die mit einem Sonnenhut kam und darauf bestand, dass er ihn gegen die brennenden Sonnenschein auch aufsetzte, winkte er ungeduldig fort - was sie sich auch gefallen geließ, nachdem Canalli ihre Anweisung befolgt hatte - und konzentrierte sich stattdessen auf das Bild, das sich ihm an Land bot.

Besonders idyllisch wirkte dieses Atempo wahrlich nicht auf ihn; ein Kaff am Ende der Welt, das für einen weitgereisten, hoch gebildeten Herrn wie ihn nichts bot. Im Prinzip war es der perfekte Ort für Williams' Expedition: rückständig, vermutlich voller Aberglauben und Märchen, die nur ein Narr oder Kind glauben würde. Mit Lucas Hilfe, den Steinen, die Senor Santiago mit seinen Leuten vor ihre Füße rollen lassen würde, und nicht zu vergessen Trägern wie seinen beiden kurzfristigen Passagieren würde Williams schneller aufgeben und gedemütigt in den Schoß der Universität zurückkehren, um dort seine Sachen zu packen und in die Bedeutungslosigkeit zu diffundieren, als Canalli brauchen würde, um den sich anbahnende Sonnenbrand wieder loszuwerden!

Für einen Moment schob sich ihm die Erinnerung an einen lauen Sommerabend vor vielen Jahren in Canallis Kopf, als er in dem kleinen Örtchen Apariencia noch als unbedeutendes Mitglied eines Forschungsteams einen Silberteller verpackte, den Taucher wenige Tage zuvor aus einem Wrack geborgen hatte. Selbst ohne das Fachwissen, das ihm heute selbstverständlich war, hatte er bemerkt, wie wenig die Symbole und Figuren auf dem Teller zur Symbolik der Inka gehörten; insbesondere die vier Frauengestalten hatten wenig mit Mama Killa, der "Mutter Mond" der Inka, gemein. Andererseits war das über 40 Jahre her, und der Rausch des anschließenden Festes, das erst vom Brandgeruch in den Morgenstunden gestört wurde, hatte seinen Erinnerungen auch womöglich einen Streich gespielt. Er hatte sich ja sogar kurzfristig eingebildet, die Brandstifter gesehen zu haben, aber da mindestens eine der Gestalten seiner charmanten jungen Begleitung jenes Abends geglichen hatte - und welche Frau würde schon derart mit dem Feuer spielen? - hatte er niemandem je davon erzählt.

Canalli schüttelte den Kopf, um die unwillkommenen Gedanken zu vertreiben. Er musste sich damals geirrt haben. Vielleicht gehörte der Teller zu einer unbekannteren, nun für immer verloren gegangenen Seitenlinie der Inka? Wusste er es? Nein, wusste er nicht. Was er hingegen wusste, war, dass ein Medienrummel um eine angebliche wissenschaftliche Sensation, die nur auf den Phantastereien einiger Abenteurer basierte, weder der Universität noch der Wissenschaft noch ihm selbst nutzen wurde. Und deshalb würde es ihn nicht geben - wenn überhaupt dann nur ein kurzes Aufflackern, das mit der raschen und totalen wissenschaftlichen Vernichtung dieser Amateure enden würde, die Luca auffliegen ließ.

Ohne darauf zu warten, dass Lopez mit dem Beiboot zur Paloma Nera zurückkam, wandte Canalli sich ab und watschelte zurück in den Salon. Zeit für einen weiteren Eistee und einige Streicheleinheiten. Castor und Pollux fühlten sich ganz bestimmt schon vernachlässigt.

tbc: wenn wieder gebraucht

[Narracion]

[Homer Canalli]

cf: hier, vor einer ganzen Weile

Canalli litt. Er litt, weil es heiß war - viel heißer als in seinem klimatisierten Büro oder der klimatisierten Stadtvilla in Primera. Er litt, weil nichts funktionierte, wie es sollte: Von Santiago hatte er noch gar nichts gehört, von Catarina, dass sie von ihrer nervigen Verwandtschaft in Atempo festgehalten wurde und noch keinen Vollzug in gewissen Geschäften berichten konnte, und von Luca... von Luca hatte er eine seltsame MMS bekommen, die etwas zeigte, was man mit viel Phantasie als Hand bezeichnen könnte. War diese ominöse Wegmarke, die Williams gesucht hatte, nicht genau so etwas gewesen: eine Hand? Er hatte überlegt, Luca anzurufen, das aber dann verworfen. Ebenso wollte er nicht riskieren, Kontakt mit Santiago aufzunehmen. Nein, nein, nein, das lief einfach alles nicht so, wie es sollte!

Er zupfte ein Stofftaschentuch aus seiner Brusttasche und betupfte sich damit umständlich Stirn und Schläfen. Die Mittagshitze hatte ihn nicht schlafen lassen; irgendetwas musste mit der Klimaanlage der Yacht nicht in Ordnung sein! Außerdem war er sowieso schon viel zu lange hier. Am besten brach er dieses Abenteuer bald möglichst ab. Williams würde sich blamieren, Luca würde sauber aus der Sache herauskommen. Sollte Catarina dafür sorgen, dass Luca eine sichere Heimreise hatte.

Morgen, schwor sich Canalli. Morgen würde er wieder in See stechen - lassen.

[Narracion]