Hinterdeck

[Narracion]

Direkt an die Kabine schließt sich der Motor an, ein ziemliches Monstrum aus ölverschmiertem Metall, das abwechselnd laute, beunruhigend-stotternde und ebenfalls laute, tuckernde Geräusche von sich gibt, wenn das Schiff fährt. Wenn man weiß, wo, kann man auf dem Motor sogar Kaffeewasser heiß machen und Spiegeleier braten. Unter eine Klappe steht der Werkzeugkasten stets griffbereit und kommt auch meist einmal auf jeder Fahrt zum Einsatz. Auch ein Kanister mit Diesel für Notfälle ist unter dieser Klappe verborgen sowie ein paar Handschuhe und eine Tube mit Brandsalbe.

Im Heckbereich hinter dem Motor können Gepäck, Gerätschaften oder Waren verstaut und dank in die Bordwände eingelassenen Metallringen seegangsicher vertaut werden. Dieser Teil des Schiffes ist direkt über der Schiffsschraube, bietet je nach Ladung aber auch noch ein bis zwei Personen Platz, um sich über die Heckreling zu beugen und je nach Seegang und körperlichen Bedürfnissen die Wellen hinter dem Boot zu bewundern oder die Fische zu füttern. Auch für ein anderes menschliches Bedürfnis kann dieser Platz benutzt werden, denn eine Toilette gibt es an Bord nicht, und hier ist die Wahrscheinlichkeit gering, mit unangenehmen Gegenwind rechnen zu müssen.

[Narracion]

[Teo Howard]

cf: Vorderdeck

"Soooo..", sagte Teo lautstark, kaum dass sie die Kajüte passierten, und deutete mit einer ausholenden Geste auf die unter der Plane seefest verschnürten Kisten und Pakete. Sie hatten sogar ein Schlauchboot dabei, wenn sie die Verpackung richtig interpretierte, dazu die Zeltsäcke, Kisten mit Vorräten und allerhand Werkzeug. Teo fiel es schwer einzuschätzen, ob man das alles wirklich brauchte, wenn man den Ausgrabungsort erst noch suchte, aber wenn wirklich die gesamte Ausrüstung ständig mitgeschleppt werden musste.. vier bis fünf, vielleicht sogar sechs oder sieben Träger müssten es dann schon sein. Wobei sie jetzt nicht wusste, wieviel davon die Expeditionsteilnehmer selbst tragen würden und konnten. Die musste man ja sicher auch noch mitzählen.
Aber eigentlich war ihr das egal - wenn es nach ihr ging, würde die Expedition ihren Ausgrabungsort ja sowieso nie erreichen!
"..das ist die Ausrüstung der Expedition." Sie wandte den Kopf und blickte den ihr folgenden Miguel ernst an, auch wenn ihre Stimme launig blieb. Man wusste ja nie, ob ihre Stimme nicht noch zum Vorderdeck hinüber reichte. Kam ja auch drauf an, ob und wieviel die da sprachen. "Es sind Archäologen, weißt du? Und sie suchen einen Tempel." Dabei deutete sie mit dem Daumen erst auf sich und dann auf Miguel.
Sie beugte sich vor, dicht genug um wieder flüstern zu können. "Einen selenistischen Tempel."

[Miguel Bolivar]

cf: Vorderdeck

Miguel war Teo gefolgt und starrte nun auf die erstaunliche Menge an Material. Was hatten die vor? Aber dann rückte die junge Frau auch schon raus damit. "Mierda!" entfuhr es ihm und er starrte sie mit grossen Augen an. "Bist du sicher?" Dann fiel ihm ein, dass er nicht allzu laut werden durfte, und er senkte seine Stimme ebenfalls zu einem Flüstern. "Woher können die davon wissen? Wie viel wissen sie?" Das war eine Katastrophe! Jetzt so kurz vor der Zeremonie. Wenn die den Weg kannten, was er sich wirklich nicht vorstellen konnte, dann konnten sie in weniger als zwei Tagen dort sein. Aber ohne Insider-Informationen war das völlig ausgeschlossen...

Miguel ging im Kopf bereits besorgt sämtliche Tempelmitglieder, Priesterinnen und Wächter durch und fragte sich, ob wohl irgendwer etwas verraten haben könnte und weshalb. Dann sah er sie erneut an. "Bist du dir wirklich sicher?"

[Teo Howard]

"Leider ja", wisperte Teo zurück und ging noch ein paar Schritte weiter, um sich schon mal wieder an Knoten lösen zu machen - langsam natürlich, damit sie genug Zeit zum Reden hatten. "Delia hat es vorhin laut gesagt, auch wenn ich getan habe, als hätte ich es nicht gehört. Die anderen haben immer von einem Inka-Tempel gesprochen."
Sie biss sich kurz auf die Unterlippe. "Vielleicht hat Delia es mit Absicht gesagt, um mich zu warnen." Gut, warum sie es nicht schon während der Fahrt getan hatte, wusste sie jetzt nicht, aber das spielte ja auch überhaupt keine Rolle mehr! "Delia Sanchez", sagte sie erklärend und sah Miguel fragend an. Klingelte da was bei ihm? "Sie kommt aus Atempo, und sie gehört zu uns. Sie.. sie meinte, sie würde schon aufpassen, dass die Expedition nicht zu nahe kommt." Teo klang nicht allzu überzeugt bei diesen Worten und zuckte leicht mit den Achseln. "Wenn ich es richtig verstanden habe, folgen sie nur Hinweisen aus einem alten Lied und haben noch nicht wirklich eine Peilung, wo sie hin müssen."
Und wenn es nicht gerade kurz vor einer Zeremonie wäre...
"Aber die bleiben sicher nicht nur zwei Tage." Sie deutete mit dem Kinn auf den Haufen vor sich. Der sprach schon allein dagegen, und Sébastien hatte auch nicht geklungen, als würden sie schnell schlapp machen.

[Miguel Bolivar]

Miguel folgte Teo und gab sich Mühe, die Scharade aufrechtzuerhalten, dass er ihr hier nur half. Aber in seinem Kopf arbeitete es fieberhaft weiter. Wenn das wirklich so war, musste er die anderen warnen. Aber das war kaum möglich, bevor sie nicht alle beim Tempel versammelt waren... Dann drang Teos Stimme mit Delias Namen zu ihm durch. Er runzelte die Stirn. "Ich glaube nicht, dass ich sie kenne, oder?" Das war die Latina gewesen, die gerade eben von Bord gegangen war, soviel war klar.

Überrascht realisierte er, dass Teo sich mit ihr offenbar schon über das alles unterhalten hatte. "Können wir ihr vertrauen? Weiss sie denn, wo der Tempel wirklich ist? Wie sicher bist du, dass der Rest es nicht weiss?" Fragen über Fragen. Wenn die nur dem alten Lied und Gerüchten folgten, dann würde es schwer werden für sie. Aber konnte es wirklich sein, dass das alles war, was sie in der Hand hatten? Würden sie dann einen solchen Aufwand betreiben? Sein Blick schweifte über das Material. "Nein, das sieht mehr nach zwei Monaten aus." Entscheidend war, dass sie die Zeremonie ohne Störung über die Bühne bringen konnten, danach würden sich schon Mittel und Wege finden, die Expedition auf falsche Fährten zu führen.

[Teo Howard]

Verwirrt runzelte Teo die Stirn und hielt in ihrem Tun inne. Warum kannte Miguel Delia nicht? Sich in Atempo aus dem Weg zu gehen - ging das überhaupt? Und wenn Miguel sie nicht kannte.. Maldita sea! Die Farbe wich aus Teos Gesicht. Hatte sie etwa unbewusst mit einer Außenseiterin über den Tempel gesprochen..?! Oh, sie könnte ja niemandem mehr in die Augen sehen, wenn es so wäre!
Teo schluckte hart und schüttelte im Zeitlupentempo den Kopf. "Ich weiß es nicht", wisperte sie. "Aber ich dachte.. also, ich könnte schwören, dass ich Delia schon..." Sie schloss kurz die Augen und suchte dann Miguels Blick. "Sie ist zum Studieren aus Atempo fort. Vielleicht hat sie sich ja auch nur verändert, dass du sie jetzt nicht mehr erkennst? Ihre Mutter und ihre Großmutter leben noch in Atempo." Beinahe flehentlich sah sie Miguel an. Er musste sie doch einfach kennen! Es konnte doch nicht sein, dass sie sich wie eine Zweijährige in den Dschungel führen und fressen ließ!
Und überhaupt, woher sollte Delia denn wissen, dass sie, Teo, Selenistin war? Das ging doch gar nicht. Dazu musste sie sie doch schon mal gesehen haben, und das war doch bestimmt auf dem Weg zur Zeremonie.
Apropos Weg.. "Sie schien auf jeden Fall zu wissen, dass der Tempel hier in der Nähe ist. Ob sie den genauen Weg kennt.." Teo zuckte mit den Achseln. Sie selbst würde den Tempel vermutlich nicht finden, wenn sie nicht den Wegmarken folgte, aber die Wegmarken waren ja vor jeder Zeremonie da. Manchmal hatte sie sogar den Eindruck, als würde der Tempel bei Vollmond nach ihr rufen - doch das war natürlich blanker Unsinn.

[Miguel Bolivar]

Miguel, der selbst gerade ziemlich aufgeregt war, bekam erst gar nicht mit, dass Teo so heftig auf die Option reagierte, dass er Delia möglicherweise nicht kannte. Erst als sie zu sprechen begann und seine Augen wieder auf sie fokussierten, realisierte er ihren Schrecken. "Delia... mhhh...zum Studieren fort...?" Langsam nickte er. "Doch..., ich glaube, ich weiss wer sie ist. Sie ist ein bisschen älter als ich, ich hatte nie wirklich viel zu tun mit ihr. Und sie war dann wirklich eine ganze Weile weg, oder?" Er runzelte die Stirn. "Aber wenn es wirklich die ist, an die ich mich erinnere, dann kennt sie den Tempel, ziemlich gut sogar."

Er dachte kurz nach. "Und du bist sicher, dass sie die Expedition hintertreiben will - und nicht etwa die Seiten gewechselt hat?" Hätte sie dann nicht schon viel früher eine Warnung geben können? So wie das hier aussah, war diese ganze Reise von langer Hand vorbereitet worden. Miguel seufzte. "Wie auch immer... was machen wir? Diese Gringos dürfen den Tempel auf keinen Fall finden. Nicht jetzt vor der Zeremonie und auch sonst nicht!" flüsterte er eindringlich auf sie ein.

[Teo Howard]

"Eine ganze Weile, ja." Teo fiel ein Stein vom Herzen, als Miguel sich an Delia zu erinnern begann. Sie war also nicht auf irgendeinen perfiden Täuschungstrick hereingefallen! Erleichtert pustete sie sich eine Strähne aus dem Gesicht und schüttelte den Kopf.
"Ich kann ihr jetzt ja nicht in den Kopf kucken, aber warum sollte sie mir überhaupt gesagt haben, dass sie unseren Tempel suchen, wenn sie die Seite gewechselt hätte?" Sie konnte sich auch nicht vorstellen, dass das überhaupt ein Selenist je machen würde! Und ja, Delia hatte es ihr nicht in der vielleicht besseren Situation unter vier Augen gesagt, aber immer hatte sie es gesagt! "Die anderen sprechen konsequent von einem Inka-Tempel, da hätte sie ja einfach auch nur den Mund halten müssen." Sie runzelte die Stirn. "Sie schien sehr überzeugt davon zu sein, die Sache regeln zu können. Also alleine." Teo schnitt eine Grimasse. "Vielleicht war sie auch zu lange weg."
Ratlos blickte sie Miguel an. "Können wir sie irgendwie woanders hinschicken? So weit weg vom Tempel wie möglich?" Sie konnte jedenfalls darauf verzichten, sich auf dem Weg zur Vollmondzeremonie fürchten zu müssen, dass man sie sah! Oder dass sie einen Umweg nehmen musste, weil die Gringos an der Laete campten.

[Miguel Bolivar]

"Mhh... Inka-Tempel...", murmelte Miguel nachdenklich. Es klang schon eher so, wie wenn Delia auf ihrer Seite war und nicht auf der der Expedition. Dennoch... "Vielleicht hat sie das auch nur gesagt, damit wir denken, wir bräuchten uns nicht darum zu kümmern, und stattdessen führt sie sie direkt hin", spekulierte er flüsternd. Oder war er jetzt komplett paranoid?

Geistesabwesend kratzte er sich am Kopf, während er Teos Vorschläge innerlich beratschlagte. "Das könnten wir nur, wenn wir uns als Träger anheuern lassen. Aber ich muss spätestens in zwei Tagen zum Tempel für die Vorbereitungen", seine Stimme war zu einem kaum hörbaren Flüstern abgesunken. "Ich kann nicht einfach..." Obwohl, er war ein Tempelwächter, nicht? Gehörten nicht genau solche Dinge zu seinen Aufgaben? Wenn der Tempel in Gefahr war, und er etwas dagegen tun konnte, musste er es dann nicht tun, egal, was er sonst für Verpflichtungen hatte? "Ich könnte mich als Träger anheuern lassen und du könntest die anderen warnen und informieren..." Das wäre vielleicht ein Weg. Selbst wenn Delia auf ihrer Seite war, konnte es nicht schaden, wenn sich zwei darum bemühten, die Expedition ins Leere laufen zu lassen. Und falls sie nicht auf ihrer Seite war, umso besser, wenn er dabei war...