Frachtunterstand

[Narracion]

Der Unterstand steht nicht weiter entfernt vom Steg. Holzbohlen bilden auch bei schlammiger Witterung die Möglichkeit, mit einem Schub- oder Sackkarre zwischen Unterstand und Steg hin und her zu fahren. Hier werden die Waren, die von der MS Caminante geliefert werden, solange aufbewahrt, bis sie von den Bewohnern der umliegenden Siedlungen per Boot oder Karren abgeholt werden.

Das Dach des Unterstands ist im hinteren Bereich mit Wellblech, im vorderen mit Palmwedeln gedeckt, durch die es erstaunlich wenig hereintropft. Abgesehen von der Hinterwand hat der Unterstand, der etwa sechs mal fünf Meter groß und drei Meter hoch ist, keine Wände; Stützbalken teilen den Raum in verschiedene Gebiete. Ein paar Regale, Haken für Netze und leere Kisten und Fässer sind hier immer zu finden; auf dem mit Kies ausgestreuten Boden werden die Waren auch gern mal mit Planen und Heringen gesichert.

[Narracion]

[Mercedes Bueno]

cf: Steg

"Genau das ist das Problem." Dr. Bueno nickte heftig. "Die Behörden mauern mit aller Kraft." Sie schnitt eine Grimasse. "Dabei sind wir ja weiß Gott keine trampelige Reisegruppe." So wie diese amerikanischen Billigtouristen, die manchmal in Primera einfielen und dann im Tross auch über das Universitätsgelände geführt wurden. Wenn sie konnte, machte Dr. Bueno dann immer einen großen Bogen um sie - die waren schrecklich laut, meist mit irgendwelchen Fressalien bestückt und stellten so schrecklich dumme Fragen! Wo die Toiletten waren, zum Beispiel. Gab es in Amerika denn keine Schilder?
Forsch näherte sie sich dem Frachtunterstand. Natürlich wäre ein rascher Beginn ihrer Unternehmung auch in ihrem Sinne. Wenn sie den Tempel erst einmal gefunden hatten, würde es ihr sicher kaum noch etwas ausmachen, dass es hier schwül-warm war, dass überall Insekten auf sie lauern konnten und es bald einen wirklich weiten Weg zur nächsten Toilette geben würde, die über eine anständige Wasserspülung verfügte. Ihr Blick wanderte hinüber zu dem einzigen Haus in Sichtweite. Nun, vermutlich waren sie jetzt schon davon so weit entfernt wie von San Palabra.
Dr. Bueno konzentrierte sich wieder auf die vor ihr liegende Aufgabe. Beinahe wäre sie über eine der Holzbohlen gestolpert, die den Unterstand mit dem Steg zu verbinden schien - der primitive Versuch, eine Straße anzulegen? - und nun knirschte der Kies unter ihren Schuhsohlen. "Es wirkt einigermaßen stabil auf mich", murmelte sie, während ihr Blick zweifelnd nach oben ging. Ein grünes Dach aus Blättern. Aber dahinten sah es besser aus, da schien das Dach aus einem anständigen Material zu sein. "Und groß genug ist es sicher." Wenn sie die Instrumente, die sie zur Auswertung brauchen würden, sobald sie den Tempel gefunden hatten, erst einmal hier ließen, dann...

[Viktoria Klein]

cf: Steg

Tja die Behörden waren eine Pest. "Sie haben völlig Recht." In vielerlei Hinsicht. "Unsere Ausrüstung würde hier mit Sicherheit Platz finden." Viktoria betrat den Unterstand und schob mit einem Schuh ein Blatt nach draußen. "Man müsste die Sachen natürlich hochstellen, damit sie nicht feucht werden und Tiere es schwerer haben, daran zu kommen. Und.."
Viktoria blickte vom Frachtunterstand durch die offenen Wände nach draußen. Mit skeptisch hochgezogener Augenbraue: "Vielleicht eine Wache?" So konnte ja praktisch jeder hier ran und auch wenn viele wahrscheinlich überhaupt nicht wußten, was hier herumlag und wozu das überhaupt gebraucht wurde. Aber interessierte Käufer von ebay würden sicherlich ihren Gefallen an ihre Ausrüstung finden.

[Miguel Bolivar]

cf: MS Caminante / Hinterdeck

Nach der vierten Runde hatten Miguel und Teo das gesamte Material der Expedition entladen und beim Frachtunterstand aufgestapelt. "Das war die letzte Kiste", erklärte Miguel mit Blick auf die beiden anderen Frauen und rieb sich nach getaner Arbeit die Hände. Er sah Bueno an. "Vielleicht möchten Sie alle erst mal mit ins Dorf kommen, etwas essen und dann können wir sehen, ob sich ein paar Träger finden lassen?" Miguel klang freundlich und hilfsbereit.

"Natürlich kommt es darauf an, wo genau Sie hinwollen und wie lange Sie dafür in etwa planen." Der junge Fischer war schon sehr gespannt, was sie dazu sagen würde. "Die meisten sind Fischer und haben andere regelmässige Verpflichtungen, die sie nicht wochenlang liegen lassen können." Er sah zwischen den beiden Frauen hin und her. "Und keine Sorge, Ihre Sachen sind sicher hier, der Verwalter ist ganz bestimmt bereit, ein Auge darauf zu haben." Gegen ein Trinkgeld zweifelsohne.

[Teo Howard]

cf: MS Caminante/Hinterdeck

Mit einem letzten Ächzen wuchtete Teo ihre Kiste auf den Stapel der Ausrüstungsgegenstände, die sie gemeinsam mit Miguel vom Schiff geschleppt und hier unter den wachsamen Blicken der beiden Frauen aufgeschichtet hatte. Sie bevorzugte es, solche Aktionen nicht unbedingt dann zu starten, wenn sich der Mittag mit großen Schritten näherte. Vielleicht hätte es doch genügt, den Stapel auf dem Steg zu errichten.
Sie lehnte sich kurz gegen eine höhere Kiste. Wenn der Sabotageakt am Boot geglückt war und sich erst nach der Zeremonie genug Träger fanden, hatte sich die Sache wohl sowieso schon erledigt. Schade, dass es in Atempo nichts Hotelähnliches gab, sonst hätte man diese Truppe Gringos da ganz bequem einquartieren können, bis keine Gefahr mehr bestand, dass sie ihnen während des Rituals in die Quere kamen.
Unwillkürlich stieß Teo ein Lachen aus. "Klar, das macht Garcia mit links", grinste sie. Und hinterher würden sie die Hälfte der Sachen bei ihm auslösen müssen, weil sie irgendwelche Lagerzeiten überschritten hatten. Sie kannte Leute, die sie anflehten, ihre Waren nicht von Bord zu lassen, wenn niemand zum Abholen vor Ort war, um Garcias Lagerpreisen zu entgehen. Und wenn sie nicht ganz irrte, hatte ihr Onkel mal erwogen, sich von Garcia ein Gegenangebot einzuholen. Was daraus wohl geworden war?

[Mercedes Bueno]

"Über Feuchtigkeit müssen wir uns keine Sorgen machen; die empfindlichen Materialien sind gut verpackt." Dr. Bueno krauste die Nase. Allerdings war es doch wirklich sehr nah an der Anlegestelle - Senorita Klein hatte nicht unrecht, ein Wachposten wäre nicht schlecht. Aber woher nehmen, wenn sie doch schon keine Träger hatten? Zögernd blickte sie hinüber zum Steg, von dem aus gerade der Fischer und ihre Bootsführerin ihre Ausrüstung zu ihnen herüber trugen. Ob dieser seltsame Mann, der mit dem Professor hatte sprechen wollen, vertrauenswürdig war?
Ehe sie Viktoria danach fragen konnte, gab sie allerdings Anweisungen, wohin das Gepäck zu stellen sei - immerhin mussten sie entscheiden zwischen dem, was sie mitnehmen mussten, wie der Campingausrüstung, dem Boot, den Vorräten und den Medikamenten, und der Ausrüstung, die sie für die Analyse vor Ort brauchen würden, wenn sie erst fündig geworden waren. Wenn man das außen vor ließ.. nun, zwei oder drei Träger dürften dann auch reichen.
"Es gibt also tatsächlich ein Gasthaus im Dorf?", erkundigte Dr. Bueno sich erfreut bei Miguels Angebot und warf einen zufriedenen Blick zu Viktoria. Das hätte sie natürlich Senorita Sanchez auch fragen sollen, aber so in den eigenen Vermutungen bestätigt zu werden, gefiel ihr auch. Ein gutes Zeichen für die Expedition!
Nachdenklich schürzte sie ihre Lippen, während sie sich auch den Hinweis über Garcia über den Kopf gehen ließ. Sie würde Prof. Williams darauf ansprechen; letztendlich musste er das entscheiden. Oh, oder eventuell konnte ja auch Senorita Sanchez da weiterhelfen. Sie wandte sich an Viktoria, als müsste sie sich noch mit ihr besprechen und bat sie leise: "Erkundigen Sie sich doch einmal bei Senorita Sanchez über diesen Garcia, vielleicht kennt sie ihn."
Anschließend wandte sie sich wieder an Miguel. "Wieviel verdient denn ein Fischer so pro Woche hier?", fragte sie langsam. Regelmäßige Verpflichtungen waren doch eigentlich nichs, was man mit Geld nicht aus der Welt schaffen konnte.

[Viktoria Klein]

"Stimmt." Viktoria schüttelte über sich selbst den Kopf. "Sie mussten ja auch auf dem Boot sicher sein." Manchmal wusste sie wirklich nicht, ob sie nicht mal nachts von Aliens entführt und hirnlos zurück geschickt wurde.
Ein wenig verwundert sah sie zu, wie Teo und Miguel eigenhändig die ganze Ausrüstung unter den Frachtunterstand brachten und scheinbar locker die Kisten übereinander stapelten. Zu blöde, dass die beiden schon anderweitig beschäftigt waren. Sie würden sich sicherlich hervorragend als Träger machen.
Viktoria beugte sich leicht vor, als Bueno ihre Stimme senkte. "Garcia.. Ok." Antwortete sie ebenso leise. "Ich bin gleich wieder zurück."
Sie warf Teo noch einmal einen fast bewundernden Blick zu, das Mädchen hatte wirklich was in den Armen.

tbc: Steg

[Miguel Bolivar]

Miguel wusste natürlich genauso gut wie Teo, dass Garcia ein ziemlicher Bastard sein konnte. Mit etwas Glück würde das allein die Gruppe ein oder zwei weitere Tage aufhalten... aber die ältere der beiden Frauen schien seinen Vorschlag zumindest für prüfenswert zu halten. Ebenso wie den mit dem Dorf.

Der junge Fischer sah der anderen Frau hinterher, die nach kurzem Geflüster mit Bueno Richtung Steg ging, dann nickte er. "Ja, ein Gasthaus gibt es schon... aber auf grössere Gruppen ist das nicht eingerichtet. Wir haben hier nicht oft Touristen." Was gabs hier schon, ausser Dschungel und dem Selenistentempel? "Aber mindestens das Essen sollte kein Problem sein." Vielleicht konnte Ruby ja extra was beimischen, das furchtbaren Durchfall auslöste. Das war ein sehr klassisches Problem der meisten Gringos, die hier in die Gegend kamen und wäre wohl nicht weiter verdächtig.

Auf Buenos nächste Frage zuckte er mit den Schultern. "Kommt drauf an, wie gut der Fang ist und was er verkaufen kann. Viele fischen vor allem, damit ihre Familien was zu essen haben. Für wie viele Wochen bräuchten Sie denn die Träger?" Wenn die wirklich nichts ausser ihrem persönlichen Gepäck selber schleppen wollten, dann müssten sie schon vier, fünf Leute engagieren, soviel war klar.

[Teo Howard]

Dass Viktoria sich entfernte, stürzte Teo in einen Konflikt. Welcher Neugier sollte sie jetzt folgen: der, wohin es Viktoria verschlug, oder der, was dieses Gespräch hier bringen würde? Ach, was war das gemein, dass immer alles gleichzeitig passieren musste!
Teo wischte sich die schwitzigen Haare aus der Stirn und befeuchtete sich kurz zögernd die Lippen. Einerseits war sie schon neugierig, was Miguel hier herauskitzeln würde, aber andererseits schien es darauf hinauszulaufen, dass die Forscher wirklich erst einmal zur Einkehr nach Atempo gelockt wurden. Ob das womöglich einen durchschlagenden Erfolg auf dem Sanitärsektor erzielen würde, würde sie erst erfahren, wenn sie Miguel oder Ruby oder sonst jemandem bei einem ihrer nächsten Besuche hier begegnen würde. Das hieß, dass ihr da eh mindestens ein Tag quälender Neugier bevorstand.
Und bei Viktoria und den anderen? Nun, das konnte sie ja vielleicht eher herausfinden! Und von Sebastién verabschieden musste sie sich ja auch noch.
"Ich hole dann schon mal das Restgepäck von Bord und stelle es auf den Steg", erklärte sie beiläufg, auch wenn ihre Muskeln und Hände bereits protestierten. Aber sooooo schwer konnte das ja jetzt gar nicht mehr sein.

tbc: Steg