Frachtunterstand

[Catarina Bolivar]

Das wurde ja immer besser und besser.
Irgendwen hier festhalten wäre vermutlich etwas aufwendig gewesen, aber Gott sei's gedankt, hatte Catarina keinerlei Probleme damit, sich ungewollt irgendwelchen Verwandten aufzuhalsen. Oder sie kurzerhand zu erpressen, je nachdem was grade praktischer war. Mit hochgezogenen Augenbrauen musterte sie das Boot - nein, sie gönnte Garcia das erfreute Lächeln nicht, das sich grade auf ihren Lippen breit machen wollte - und zerstörte den imaginären Tusch mit einem verwirrten "Und wo steckt Miguel jetzt?" Wenn er das jetzt auch noch wusste, hatte er sich tatsächlich einen Vorschuss verdient.

[Garcia Blanco]

Also so ein bisschen mehr Begeisterung wäre ja jetzt schön gewesen! Da klärte er quasi ihre Fragen und Probleme im Handumdrehen, und die zeigte sich nicht mal beeindruckt. Zicke!
Garcia rümpfte die Nase, lehnte sich wieder gegen eine der Kisten und zuckte mit den Achseln. Hellsehen konnte er ja nun nicht, und das Halsband mit dem GPS-Sender hatte der Junge auch nicht umgelegt. "Da das Boot noch hier ist, ist er noch nicht zurück. Gestern spät ist er mit diesem Franzosen hier aufgekreuzt, hat das da", er nickte in Richtung Schlauchboot, "hiergelassen und ist in sein eigenes Boot gestiegen. Der Franzose hatte es verdammt eilig; ich nehm an, der Junge hat irgendwo in der Stadt gepennt und wird in den nächsten Stunden hier auftauchen, wenn er nicht seinen Lohn irgendwie in der Stadt durchbringt." Garcia lächelte beinahe gehässig. Wär er ein junger Mann, würde er sicher die Chance nutzen, mal einen freien Abend in der Stadt statt in einem Kaff zu verbringen, wo er mit den meisten Weibern in seinem Alter verwandt war. "Aber er wird wieder herkommen." Garica zuckte mit den Achseln. Schlauchboot holen und so.

[Catarina Bolivar]

Hm, da hatte der Herr Verwalter natürlich Recht. Früher oder später musste Miguel wieder auftauchen, um das Schlauchboot abzuholen. Die Expedition brauchte das Ding schließlich. Madame lächelte also süffisant und kramte einen Augenblick in ihrer Handtasche, Garcia anscheinend völlig vergessen.
"Du hast doch mit Sicherheit ein funktionierendes Telefon, nicht wahr?"
Catarina zückte mal wieder ihr üppig gefülltes Portemonnaie und drückte Garcia drei weitere Scheinchen in die ungepflegten Hände.
"Wenn Miguel hier auftaucht, hältst du ihn bitte mit irgendwelchen Ausreden hier fest und kontaktierst mich. Es wäre doch zu schade, wenn ich meinen geliebten... was auch immer verpasse, wo ich doch schonmal hier bin. Und das Boot. Das Boot könnte eventuell ein wenig unvorteilhaft gelagert sein, du verstehst schon."
Die Summe dürfte ihn eigentlich von der kleinen Extraarbeit überzeugen. Langsam mochte sie den Mann, auch wenn er aussah wie ein nepalesischer Yaktreiber.

[Garcia Blanco]

"Tja, das ist ja auch wirklich nicht mein Problem, wenn da jemand etwas Scharfkantiges auf das Ding gestellt hat", erklärte Garcia lächelnd, während er in aller Seelenruhe die Geldscheine durchblätterte und durchzählte. Wenn sie weiterhin dafür zahlte, durfte Senorita Bolivar gern weiterhin zickig wie eine Große sein. Da konnte er ja fast anfangen, sie beinahe sympathisch zu finden.
Er schob die Scheine in seine Gesäßtasche und blickte Catarina fragend an. "Unter welcher Nummer erreiche ich dich? Und wie lange muss ich ihn aufhalten?" Abgesehen davon, dass das Boot leider, leider nicht in der Verfassung sein würde, es sofort mitzunehmen, würde ihm sicher was einfallen. Und wenn er ihn 'aus Versehen' im Keller einsperren musste!

[Catarina Bolivar]

Sie überreichte Garcia ihre Visitenkarte, die durch die Nummer ihres Satellitentelefons ergänzt worden war. Blödes klobiges Ding. Langsam wurde es wirklich Zeit, dass moderne Kommunikation Einzug in Atempo hielt. In Primera funktionierte es schließlich auch wunderbar.
"Zwei, drei Stunden sicherlich. Ich werde mich gleich nach Atempo aufmachen, die liebe Verwandtschaft besuchen und das ganze Gedöns." Garcia konnte sich vermutlich ausrechnen, dass er Miguel mindestens so lange festhalten musste, wie Catarina für den Rückweg von Atempo zum Handelsposten brauchte. Zu Fuß, weil Madame sicherlich nicht rudernderweise in einem Fischkutter reiste. "Wenn er auftaucht, ruf mich einfach an und ich mach mich auf den Weg."
Was tat man nicht alles, um den Chef zufrieden zu stellen...

[Garcia Blanco]

Ah, Catarina, richtig. Denn vermutlich hatte er ihren Vornamen ja tatsächlich mal gewusst - oder auch nicht. Jetzt tat er es jedenfalls. Wozu Visitenkarten nicht alles gut waren!
Garcias Blick wanderte unwillkürlich zu Catarinas Schuhwerk, während er die Visitenkarte noch in der Hand hielt. Damit wollte sie... Na, es war ja nicht sein Problem, wenn sie sich gern die Hacken brechen wollte. Hauptsache, sie war pünktlich hier, um ihm seine Belohnung dafür zu geben, dass er sie angerufen hatte. Wenn sie dabei hinkte, auch gut. Nur Geld hinkt nicht, dachte Garcia und grinste.
"Dann wünsch ich dir eine gute Reise." Er machte sich nicht den Umstand, ihr die Hand hinzuhalten, sondern verstaute lieber sorgfältig die Visitenkarte da, wo auch schon das Geld hingewandert war. Was stellte er denn jetzt mal am besten mit dem Schlauchboot an? Vielleicht ließ er erst mal die Luft ab. Und stopfte es dann irgendwo hin. Ja, das klang nach einem Plan. Er hatte halt den Platz gebraucht. Für - mehr Platz. Ging Miguel ja wohl nichts an, wie er seine Arbeit hier erledigte! "Wir hören voneinander."

[Catarina Bolivar]

"Eine Freude mit dir Geschäfte zu machen."
Ob ihr Lächeln falsch war wusste sie selbst nichtmal genau. Vielleicht freute sie sich auch einfach darüber, diesem Neandertaler nicht zum Abschied die Hand geben zu müssen. Garcia ließ sie stehen wo er war, sollte er sich um alles weitere kümmern, bis Miguel wieder auftauchte. Stattdessen schulterte sie ihre umgepackten Klamotten und stöckelte los zum Wanderpfad Richtung Atempo. Tatsächlich auf ihren Highheels. Und tatsächlich mit beneidenswerter Trittsicherheit. Wenn man eben jahrelange Übung hatte...

tbc: mal schaun

[Garcia Blanco]

Garcia blickte ihr nur kurz nach - immerhin wartete eine Menge Arbeit auf ihn, und auch, wenn sie ihn quasi mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen und ihm damit zusätzliche Stunden geschenkt hatte, so waren doch auch Fischer es gewohnt, vor Sonnenaufgang auszulaufen. Wer wusste schon, wie lange Miguel brauchen würde, um hier aufzutauchen und Anspruch auf seinen Besitz zu erheben? Also gestattete Garcia sich nur einige kurze Momente, in denen er das Geld noch einmal hervorzog, genüsslich zählte und anschließend - getrennt von der Visitenkarte - in einer anderen Hosentasche verstaute. Ein guter Morgen war das.

Eine gute halbe Stunde später machte Garcia sich auf den Weg zurück ins Haus. Unter dem Arm trug er eine mit breitem Klebestreifen zusammengebundene Rolle Schlauchfolie. Die Sitzbretter hatte er unter ein paar weiteren Frachtkisten verstaut, die entfernten Stöpsel achtlos in eine Kiste mit Kleinkram geworfen (und diese gut durchgeschüttelt), die Paddel auseinander geschraubt. Beide trug er mit ins Haus; nun galt es nur noch, sie einzeln an verschiedenen Orten aufzubewahren, damit es auch lange dauern würde, sie zu 'finden'. Gut, Miguel könnte dafür immer noch einen Ersatz finden - nicht aber für das Schlauchboot selbst. Mal sehen. So etwas konnte man doch sicher am besten im Schlafzimmer aufbewahren...

tbc: später irgendwo am Handelsposten

[Narracion]