Die Tempelchronik von Narracion

Nun, ein paar Augenblicke würde Miguel sicher noch schlafen können..

"Senor!" Teo reckte in deutlich gespielter Entrüstung den Zeigefinger und blinzelte Richard vergnügt an. "Keine Rundfahrt mit der Caminante ist 'normal'." Und sei es nur deshalb, weil pessimistische Landratten die Hälfte der Zeit befürchteten, der Motor könnte explodieren oder auf offener See verrecken. "Abgesehen davon - ja, sie lichtet auch auf dem Weg zu anderen Orten den Anker. Wo wollen Sie denn hin?" Mit offener Neugier musterte sie den Gringo.

Ob das ein Angler war? Er sah ein bisschen nach Angler aus - nur ohne so einen albernen Hut, und eine Rute hatte er auch nicht dabei. Allerdings könnte seine Ausrüstung ja auch noch in der Pension sein.

Rick musste leicht schmunzeln, wie so oft in diesem Gespräch jetzt. Keine Fahrt war also normal, wer würde denn etwas anderes behaupten? Wohl nur dann, wenn es das Publikum wohl auch erwarten würde, dass die Fahrt normal war. Die gespielte Entrüstung war ihm fast schon sympathisch, was man ebenso an der Deutlichkeit in seinem Gesicht erkannte.

"Mein eigentliches Ziel wird mich in Atempo erwarten. Es wäre natürlich gut zu wissen, dass man bereits jetzt eine Möglichkeit hätte, dort auch hinzugelagen." Wobei er das eigentlich nie als Problem betrachtet hatte - dann widerrum war jedoch die große Frage, was Richard Bishop überhaupt als Problem ansah. Das war so ziemlich... wenig.

Schon wieder Atempo? Teo runzelte skeptisch die Stirn. Was veranstaltete diese Expedition da, eine Konferenz für Leute, gegen die sie gar nichts hatte, die sich aber bitteschön von ihrem Tempel fernhalten sollten? Im ersten Moment wollte sie sich - schon um ihre Neugier zu befriedigen - gleich bei ihm erkundigen, was er denn ausgerechnet in Atempo wollte, aber da sie fürchtete, die Antwort zu kennen und nicht gleich den Tag mit schlechten Nachrichten beginnen wollte, entschied sie sich, die Fragerei auf die Fahrt zu verschieben. Na, zumindest Onkel James würde zufrieden sein. So viele Fahrgäste nach Atempo in den Ferien waren selten.
"Sie haben aber ein verflixtes Glück, Senor", antwortete sie ernsthaft, schon um ihr Stirnrunzeln wie einen Teil der Vorstellung wirken zu lassen. "In der Tat ist die Caminante das einzige Schiff, das nach Atempo fährt." Also fahrplanmäßig und ganz freiwillig. "Sie finden sie am Pier dort hinten." Sie deutete vage in die richtige Richtung. "Aber genießen Sie erst einmal Ihr Frühstück." Sie grinste ihn breit an. Und vielleicht würde er dann feststellen, dass die Caminante schon abgelegt hatte, wenn er am Pier auflief; mit ein bisschen Glück sogar in dem Glauben, dass es vielleicht seine Schuld war. Sie mussten ihn ja nun wirklich nicht unbedingt heute dort hin bringen...