Hafenbezirk

[Narracion]

Der Hafen von San Palabra ist insbesondere morgens ein viel frequentierter Ort, an dem sich Fischer, Händler, Hafenarbeiter und Passanten die nicht vorhandene Klinken gegenseitig in die Hand geben. Die Ankerplätze liegen strikt nach Fischerei, Sportbooten, Hausbooten und sonstigen Schiffen getrennt liegen; die Frachter für den Transport der Fischkonserven haben ebenfalls ihren eigenen Kai.

An den Piers der Fischerboote grenzt ein kleiner Platz, auf dem täglich in den Vormittagsstunden frischer Fisch feilgeboten wird. Neben den Bootshäusern und einigen Lagerhallen am anderen Ende des Hafenbeckens gehört das Hafenviertel von San Palabra vor allem den kleinen Kneipen und Geschäften, die erst nach der Mittagshitze öffnen und dann bis spät abends für ihre Kundschaft da sind.

Die Mehrzahl der Schiffe im Hafen von San Palabra sind Fischerboote; dazu kommen einige Segel- und Sportboote der wohlhabeneren Bevölkerung sowie einige Transport- und Frachtschiffe. An einem speziellen Pier liegt "Auf, auf und davon", ein kleines Unternehmen, das mit seinem Wasserflugzeugen Fracht und Personen transportiert.

[Narracion]

[Luca Canalli]

cf: Hafenkneipe "Piranha"

Luca hielt seinem Onkel die Tür auf und folgte ihm dann leichtfüssig aus der Kneipe. Er blinzelte ein paar Mal gen Himmel, hier draußen war es doch um einiges heller als in der Spelunke. Luca rümpfte seine Nase leicht. Nur der Gestank war ähnlich. Fischig. Er konnte es kaum noch erwarten, endlich an Bord der Paloma Nera zu gehen, es sich auf dem Sonnendeck auf einer der Liegen mit einem kühlen Drink bequem zu machen und noch ein wenig zu entspannen, ehe er sich in diese abenteuerliche Expedition stürzen würde. Vielleicht ergab sich sogar noch die Gelegenheit auf ein kleines Intermezzo mit der Krankenschwester seines Onkels...
Der Student grinste, während er seine Sonnenbrille aus dem schmalen Etui beförderte, das er in einer Seitentasche seiner Hose verstaut hatte, und sie sich auf die Nase setzte. Schon besser.
Im Plauderton: "Ich bin gespannt, wie Professor Bueno sich im Dschungel schlagen wird, sie scheint mir ja bisher nicht so der Typ Dschungelqueen zu sein..", verschmitzt schmunzelte er seinen Onkel von der Seite an, ehe er den Blick nach vorn richtete und sich in Bewegung setzte.

[Homer Canalli]

cf: Hafenkneipe "Piranha"

Canalli tänzelte fast die Stufen hinab, blieb unten erst einmal stehen und blickte sich um, als müsste er sich gegen die Sonne blinzelnd erst einmal vollkommen neu orientieren. Wo stand der Wagen noch einmal? Es war nicht besonders weit zum Liegeplatz seiner Yacht, aber er hatte zu hart in seinem Leben gearbeitet, um diesen Weg laufen zu müssen.
"Sie ist eine hervorragende Wissenschaftlerin", belehrte er seinen Neffen. "Zu dumm", fügte er mit einem belustigten Lächeln hinzu, "dass sie beschlossen hat, ihre Karriere mit so einem lächerlichen Hirngespinst zu vernichten."
Nun, zumindest war Williams klug genug gewesen, die Expedition offiziell zu tarnen. Andererseits - sollte nach dem Fehlschlag bekannt werden, dass sie Forschungs- und private Gelder verbraten hatten, um Beweise für den Selenismus zu finden... das würde sich in kaum einer Vita gut machen, außer in der Vita jenes Mannes, der sich darüber empörte - seines Neffen. Aber darüber und wie Luca seine Informationen am besten an ein renommiertes Wissenschaftsjournal weitergab, würde er später mit ihm reden, wenn er von diesem Ausflug zurück war.
"Ich bin viel eher darauf gespannt, ob Senorita Perceptua schon an der Paloma Nera auf uns wartet." Er zückte seine kleine Taschenuhr, warf einen so missbilligende Blick darauf, als hätte er nicht etwa gerade selbst ein bisschen mehr Zeit in dieser Hafenkneipe verplempert, als nötig gewesen wäre, und verstaute die Taschenuhr dann wieder. "Ich möchte dich ungern zu spät zu deinem 'Rendezvous' bringen."

[Elvis Strindberg]

cf: Pier für kleinere Transport- und Passagierschiffe

Aha, Batata americana aus den silicon hills. Da hätte er jetzt auch selbst drauf kommen können: Die meisten vollkommen bekloppten Globetrotter kamen aus den Staaten. Und mitten im Nirgendwo fiel ihnen dann ein, dass sie es daheim viel gemütlicher hatten und ihnen im Dschungel oder in der Wüste oder in der Pampa auch das Netz fehlte, um ihren Anwalt anzurufen, falls sie einen Skorpion verklagen wollten oder eine Boa.
"Nicht schlecht, Batata, nicht schlecht", grinste er müde über Teddys Witz. "Aber Tupelo wäre origineller gewesen." Da Teddy nun auf gleicher Höhe war, versetzte er ihm noch einen kameradschaftlichen Schlag gegen die Schulter. "Da arbeitest du noch dran."
Wenn er dem Frischling beibringen wollte, wie er im Dschungel überlebte, musste er sicher viel Arbeit reinstecken - und vielleicht würde einer von ihnen das nicht überleben. Also Teddy. Elvis überlebte alles.
Gerade wollte er dazu ansetzen, Teddy seine erste Lektion zu erteilen, als er zwei Männer aus der Kneipe kommen sah. Das allein wäre nichts Aufregendes gewesen, aber es waren zwei Männer, die er kannte! Und einen davon sogar persönlich! Dem hatte er doch schon mal Ausrüstung getragen, damals in Dings.. also, das war doch noch kein Jahr her!
Überrascht blieb Elvis stehen. Eine archäologische Expedition ganz in der Nähe und hier ein Archäologe mit seinem.. Vater? Onkel? .. Verwandten, der auch in der Forschungsbranche war und zu den Verblendeten gehörte, die niemals auch nur im Traum extraterrestrische Intelligenz für die Beförderung humaner Kultur in Betracht ziehen würde? Ähm, wo waren seine Gedanken gerade noch gewesen? Ach ja: Ein Archäologe in einem Kaff am Ende der Welt, das auch Ausgangspunkt einer archäologischen Expedition war? Das konnte doch kein Zufall sein! "Sieht aus, als hätte der Glücksgott der Affen uns mit Scheiße beworfen", erklärte er Teddy zufrieden, um gleich darauf in frenetisches Winken auszubrechen. "E Senor! Senor Canalli! Senor Luca Canalli!"

[Teddy Wilcox]

c.f: Pier für kleinere Transport- und Passagierschiffe

Noch zählte Teddy sich zu den eher untypische Amerikanern. Zumindest war ihm vollkommen bewusst dass es Zuhause bequemer war und dass er demnach an irgendeiner psychischen Krankheit leiden musste, wenn er trotzdem auszog und sich wagemutig in den tiefsten Urwald kämpfte. Aber Boa verklagen... och. Konnte man das direkt im Voraus machen, während man noch halbwegs Handyempfang hatte?
„Wär Tupelo nicht genauso naheliegend gewesen?“ Und wieso diskutierten sie hier über Geburts- und Wohnort des Kings? Also, ehemalig versteht sich. Der ‚kameradschaftliche’ Schlag ließ Teddy doch ein paar Zentimeter nach vorne stolpern und wieder einmal fühlte er sich als Schwächling bestätigt. Konnte er das hier noch absagen?
„Wirklich überraschend wäre vermutlich Honolulu. Oder Friedberg. Oder tatsächlich Texas, da war er auch ein Weilchen. Aber gut, wer wird schon gern an die Zeit seiner militärischen Ausbildung mit Hilfe schlechter Witze erinnert. Vermutlich ist Graceland doch die bessere Alternative. Warst du schonmal da? Also ich würd ja nicht gern hin, das soll recht touristisch aussehen hab ich gehört. Mal abgesehen davon hätte ich keine Lust auf die Horde 80-jähriger die an seinem Grab weinen. Da kann man ja nur depressiv werden. Hörst du eigentlich Elvis Presley?“, plapperte er munter drauf los während er hinter dem Älteren herstratzte. Reine Ablenkung, weil er nach wie vor nicht in die Kneipe wollte.
Dass Elvis stehen geblieben war, realisierte Teddy dann auch etwas zu spät, sah sich einen Moment verwirrt um und wurde dann auch noch Opfer einer unglaublich appetitlichen und leider viel zu anschaulichen erm... Redewendung. „Sehr eloquent“, kam’s daher wenig begeistert, ehe er ob des plötzlichen Fuchtelns erschrocken zusammenzuckte. Was war denn jetzt in den gefahren?

[Luca Canalli]

Als sein Onkel Luca belehrte, dass Bueno eine hervorragende Wissenschaftlerin war, konnte dieser nur mühsam ein verächtliches Schnauben unterdrücken. Zudem war sie nämlich auch eine hervorragende Giftnatter. Nur wegen dieser vermaledeiten Schlange ist er immerhin durch diese eine Prüfung gerasselt, die ihn einiges an Zeit gekostet hat. Er könnte sein Studium schon so gut wie in der Tasche haben, wäre diese vertrocknete Auster nicht.
Der Blick hinter den Gläsern seiner Sonnenbrille hatte sich verfinstert und nur mühsam konnte er sich auf die Worte seines Onkels konzentrieren, der von seiner Bekannten redete, die sie ein Stück begleiten würde. Gerade als er seinem Onkel etwas antworten wollte, hörte er seinen Namen...von einer nicht allzu vertrauten aber auch nicht ganz unbekannt klingenden Stimme gerufen. Er musste nicht lang suchen, bis er eine winkende Gestalt, nicht weit von ihnen ausmachen konnte und kurz kramte er in seinem Gedächtnis nach. Das war dieser merkwürdige Typ von einer der Expeditionen, an denen er bereits teilgenommen hatte...Jacko? Jackson? Nein, es war irgendein anderer Musikername.. wie auch immer... ob der wieder als Träger dabei war bei der Expedition? Aber war er dann nicht ein wenig spät dran?
Luca setzte ein unverbindliches Lächeln auf und hob leicht eine Hand zum Gruße, damit der andere endlich mit dem hektischen Gewinke aufhören würde. „Buenos dias!“ grüßte er die beiden anderen Männer, ohne jedoch Namen zu nennen, wäre ja peinlich, wenn er einen falschen nannte.
„Darf ich vorstellen, mein Onkel Homer Canalli.“ Er machte eine kurze Pause, davon ausgehend, dass der andere sich und seinen Begleiter selbst vorstellen würde und fügte schließlich hinzu: „Liege ich richtig, wenn ich vermute, dass wir hier gerade vor einem unserer Träger und unserem..“ kurz musterte er die Statur des etwas kleineren Mannes: „Koch...? ...stehen? Und falls dem so ist, seid ihr dann nicht etwas spät dran?“

[Homer Canalli]

Ein bescheidenes Lächeln, das nur mangelhaft verbarg, dass er nicht im geringsten bescheiden war, stahl sich automatisch auf Canallis Lippen, als er hörte, wie jemand seinen Namen rief - nur um dann doch überrascht und eine Spur enttäuscht feststellen zu müssen, dass gar nicht er, sondern sein Neffe gemeint war.
Er begutachtete die beiden Fremden mit der Neugier, die er auch für eine plötzlich auftauchende Kakerlake gehabt hätte. Hoffentlich hingen sie hier jetzt nicht länger fest! Er hatte nur wenig Interesse daran, dem Pöbel Autogramme auszustellen oder sich mit ihm fotografieren zu lassen; wenn er noch nicht einmal das Ziel wahrer Bewunderung war, hatte er noch viel weniger Interesse, auch nur eine Minute die Gegenwart solcher Menschen zu ertragen. Da vorne stand doch sein Auto, und wurde er nicht auch auf seiner Yacht zurückerwartet?
Einzig Lucas Spekulation, die beiden könnten Teil der Expedition sein, veranlasste ihn zu einer gewissen Form von Interesse. "Buenos dias, senores", sagte er ein wenig frostig, lächelte schmal und fügte hinzu: "Wobei ich kaum glaube, dass ich mich vorstellen muss." Sein Portfolio gab wahrlich ausreichend Gründe, weshalb sein Ruhm ihm vorauseilte.
Andererseits machten beide Herrschaften keinen allzu beeindruckenden Eindruck. Der eine war - nun ja. Und der andere stank erbärmlich nach irgendetwas, womit man doch höchstens Fliegen umbringen konnte! Liebe Güte, war Williams wirklich schon so verzweifelt, dass er diese beiden Gestalten angeheuert hatte..?

[Elvis Strindberg]

Junge, Junge, der Frischling konnte ja wirklich plappern! Noch dazu, ohne Atem zu holen! Wenn das mit dem Job als Träger auf Dauer nichts für ihn war, konnte er immer noch Touristiker werden und ahnungslose Touristengruppen mit dem Regenschirm ins Verderben locken.
"Meine Mutter ist ein großer Fan", erklärte er eindringlich, aber nur halblaut und packte Teddy am Arm, als Luca ihnen zunickte. "Und jetzt pass fein auf; das da ist ein Archäologe, den ich kenne, und wenn du kein sagenhaftes Unglück bringst, gehört der zu unserer Expedition - und ist unsere Fahrkarte zu unserem Arbeitsplatz, capisce?" Er hob die Brauen und grinste, ehe er Teddy losließ und mit langen Schritten zu Luca und seinem Onkel eilte, wo er zunächst erstmal eilfertig seinen Hut vom Kopf zog und sowas wie einen halben Bückling zelebrierte.
"Aber sicher kennen wir den Herrn Professor", erklärte er rasch. Hoffentlich konnte der Frischling die Zeichen der Zeit erkennen und zu diesem Punkt die Klappe halten. Na, und wenn nicht: Der war immerhin Amerikaner, die galten ja nicht als so schlau. Oder gebildet. Was doch irgendwie dasselbe war für einige Menschen.
"Elvis Strindberg, und das hier ist Ted..", Mist, jetzt war ihm doch der Nachname flöten gegangen? "Ted." Er beugte den Oberkörper nochmals vor und wandte sich dann breit grinsend an Luca. "Ich koche eigentlich nur zum Hobby, Senor." Er lachte keckernd. Jackpot! Wenn Canalli junior von 'wir' sprach, dann war der auf irgendeine Expedition dabei - und soweit es Elvis betraf, würde er sich von jeder Expedition hier in der Gegend anheuern lassen, sollte es denn wirklich gleich zwei verschiedene geben! "Und tatsächlich haben wir die Abfahrt verpasst. Ganz knapp. Sie sind nicht zufällig gerade auf dem Weg und könnten uns mitnehmen..?"

[Teddy Wilcox]

Seine Mutter war Fan? Herrgott nein, wirklich. „Kaum zu glauben“, kam’s daher auch eher ein wenig trocken, bevor ihm die wohl erste von vielen Lektionen in Sachen Dschungelcamp für Doofe offenbart wurde. Skeptisch musterte er die beiden fremden Herren einen Moment – nein, er kannte den Herrn Professor tatsächlich nicht, hielt aber fein die Klappe – setzte dann ein dermaßen gekünsteltes Grinsen auf, dass es beinahe wehtat und murmelte ein akzentbesetztes „Capisce“ in seinen nicht vorhandenen Bart.
„Ted Wilcox“, half er rasch nach, hielt dann allerdings wieder den Mund. Den King of Pop so bücklinghaft zu sehen war doch irgendwie amüsant. Musste man hier so mit den Leuten umgehen? Anscheinend konnte der Kerl ja nicht nur mit Macheten rumfuchteln, sondern auch noch ganz fabulös schleimen. Langsam entwickelte Teddy eine Art jugendlicher Bewunderung für Elvis.
Sollte er jetzt aufklären dass er ebenfalls Träger war? Oder zumindest einen darstellen sollte. Wobei, wenn er den Trupp schon nicht als Träger umbrachte, dann garantiert als Koch. „Ebenfalls Träger“, verbesserte er dann vorsichtig, in der Hoffnung nicht direkt ausgelacht zu werden, sondern wenigstens eine kleine Schonfrist zu bekommen.
Vielleicht war es klüger, einfach treudoof neben dem Älteren stehen zu bleiben, so wenig schief wie möglich zu grinsen – den Hut natürlich ebenfalls rasch vom Kopf gezogen, was sich in wenigen Minuten noch rächen würde – und Elvis einfach mal machen zu lassen. Er kannte die Herrschaften ja anscheinend, aber die ihn irgendwie nicht.