Lager Team Santiago

[Dante Powell]

Und da war Payne auch schon. Dante betrachtete scheinbar reglos, wie seine unfreiwillige Zielscheibe sich am Feuer fallen ließ. Eigentlich sollte man ihn da ja einfach hocken lassen. Andererseits war Dante der letzte, der gern das Maul aufmachte, um über seine Befindlichkeiten zu sprechen, und abgesehen davon war es ja nicht zuletzt seine Schuld, dass Simon nicht mehr lief, wie Simon eigentlich lief, und nicht mehr ätzte, wie nur Simon ätzte.
Dante verdrehte die Augen - halb über sich selbst, halb über Healy - und bückte sich wieder zu seinem Zelt, um das Erste-Hilfe-Kit aus seinem Rucksack zu holen. "Willst du ihn seinen Namen tanzen lassen?", fragte er trocken in Healys Richtung, auch wenn sein Blick, nachdem er sich mit dem Kit in der Hand wieder aufgerichtet hatte, Alejandro galt. Der stand da auch wie ein Schluck Wasser, den man bestellt und dann nicht getrunken hatte. Und seit wann brauchte eigentlich Healy Anregungen dafür, wie man jemandem Buletten an die Backe quasselte oder versuchte, ihm die Würmer aus der Nase zu ziehen? Denn den Wurm, wie der Junge hieß, wäre ja nun nicht ganz so unnützlich - wo der schon so knauserig mit seinen Ausweisen gewesen war!
Dante schlenderte hinüber zu Simon an der Feuerstelle.

[Alejandro Cortez]

Und hier im Dschungel reichte es anscheinend schon, wenn man an den Teufel DACHTE und der junge Gefangene musste nicht mal den Kopf heben um zu wissen, dass Payne – so hieß der Bursche ja, wie er gerade erfahren hatte – zurückgekommen war. Er kannte die Stimme. War nahe genug an seinem Ohr gewesen, vorhin.
Gestern.
Als sich dann alle einen alle einen guten Morgen wünschten, seufzte er leise. Kam jetzt ein munteres Kaffeepläuschchen und reichst-du-mir-mal-das-Salz-Gedöns, ja? Na ja. Solange man ihn in Ruhe ließ, sollte es ihm Recht sein.
Ließ man aber nicht.

Alejandro stierte noch ein wenig verbissener in den Boden, als sich die Burschen seiner viel zu schnell erinnerten, und ballte unbewusst die Hände zur Faust. Er brauchte weder eine Beschäftigungstherapie, noch war ihm langweilig, ihm war kotzübel, er hatte Schmerzen und er wusste nicht, was das Ganze hier sollte. Nachfragen war allerdings keine Option, da erstens, der Eindruck verstärkte sich mehr und mehr, er einfach zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen war und zweitens, es gesünder war, wenn er die Klappe hielt.
Das hatte er im Gefühl.
Außerdem sollten die sich lieber um den Angeschossenen kümmern, der hatte die Aufmerksamkeit nötiger als er. Und WOLLTE sie auch, im Gegensatz zu ihm.

[Simon Payne]

Der Hänfling antwortete und laberte noch eine Runde von irgendwelchen Anweisungen, die ihn nicht die Bohne interessierten. Wenn Simon gehen wollte, würde Simon gehen und jeder der versuchen würde, ihn aufzuhalten, würde den Versuch mit eine paar Fingern bezahlen - oder mit dem Leben. Simon gab keine Reaktion von sich, die irgendwie andeutete, dass er überhaupt gehört hätte, dass er hier zu bleiben hatte. Seine Aufmerksamkeit lag auf der Feuerstelle, wenngleich die Frage des Brummbären, ob man den Gefangenen seinen Namen tanzen lassen wollte, ihm ein kurzes Lächeln entlockte.

Seine Aufmerksamkeit wanderte zu dem Stofffetzen, mit dem er die Schusswunde verbunden hatte. Einen Moment kämpfte er sich mit dem Knoten ab, hatte dann die Nase voll und zog ein anderes Messer, zum den Stoff einfach aufzuschneiden. Dann wanderte sein Blick doch kurz zu dem Gefangenen.

"Hat er zu trinken bekommen, seit er hier ist?", erkundigte er sich vollkommen emotionslos. Wenn ihn Santiago leben haben wollte, war es keine gute Idee, ihn verdursten zu lassen. "Vermutlich habt ihr seine Taschen gecheckt. Hatte er irgendwas Brauchbares dabei?" Vermutlich nicht. Der Junge war vom Lager weg, um einen kleinen Spaziergang zu machen. Da hatte er vermutlich nicht viel bei sich gehabt.

Sein Blick hob sich flüchtig, als der Brummbär tatsächlich zu ihm schlenderte. Ein Erste-Hilfe-Kit in der Hand. Die gehässige Bemerkung schluckte er hinunter, denn ihm war klar, dass das bisschen Hilfe, was ihm gerade angeboten wurde, sofort umdrehen und gehen würde, wenn er ihn nur falsch ansah. So senkte er den Blick, studierte die Wunde.

[Dante Powell]

"Hatte nix dabei", antwortete Dante, während er sich neben Simon hockte und ebenfalls einen Blick auf die Wunde warf. Ziemlich blutig; hoffentlich hatte er keine Ader getroffen! Andererseits - hätte er das getan, wäre Payne bis jetzt vermutlich verblutet. Nein, er hatte vermutlich einmal mehr nur halbe Arbeit gemacht und Payne noch nicht einmal richtig getroffen. Hoffentlich sah Healy sich die Wunde nicht an. Der würde hinterher doch sicher wieder nur blöde Sprüche darüber machen.
"Und so wie der brüllen kann, brauch der gerade kein Wasser", brummte er, während er das Kit öffnete und - sofern Simon es jedenfalls zuließ - damit begann, sich um dessen Wunde zu kümmern: säubern, nähen, verbinden - was halt nötig war, um dafür zu sorgen, dass ihnen die Nervensäge noch länger erhalten blieb. Wenigstens hatte er an einer für Payne verflucht ungünstigen Stelle getroffen, und das im Fallen. Sicher gab das Punkte in der B-Note.
Kurz hob er den Blick, sah hinüber zu Alejandro, der offenbar zu keinem Kommunikationsversuch von sich aus bereit war (wer wäre das schon? Aber Dante konnte nicht umhin, es Healy irgendwie zu gönnen, dass da wieder jemand war, der nicht mit ihm sprach), und schnaubte abfällig. "Oder?"
Das konnte der jetzt als rhetorische Frage oder Anrede auffassen; vermutlich war es eh nur der Blutgeruch, der Dante dazu bemüßigte, so etwas Ähnliches wie eine Frage zu stellen.

[Alejandro Cortez]

‘Nein, hat er nicht.‘ Alejandro beantwortete Paynes Frage zwar nur innerlich, aber dafür eher als der andere Typ, der sich nun zu dem Verletzte – nein, zu dem Angeschossenen, denn verletzt war ER auch! – gesellt hatte und verfluchte beide. Den einen, weil er ihm nichts zu Trinken gegeben hatte und nur dumm daherlaberte, den anderen weil er ihn daran erinnert hatte, dass er eigentlich SCHON Durst hatte und...
... den dann gleich noch ein bisschen mehr, als er fragte, ob man ihn durchsucht hatte. Als ob man in seinen zerfetzten, Kleidern was hätte finden können! Und nein, seinen Passport schleppte er nicht mit sich rum, wenn er mal kurz einen kleinen Spaziergang machte!

Unwillig drehte der Gefangene seinen Kopf zur Seite und stierte in den Dschungel hinein. Wenn die meinten, dass er hier rumwinseln und um Wasser betteln würde, dann hatten sie sich getäuscht. Aber die beiden waren ja sowieso schon wieder anderweitig beschäftigt. Und so mürrisch wie sich die beiden bisher präsentiert hatten – also was ihr Verhältnis zueinander anging – würde der Große bestimmt nicht besonders sanft mit dem Schläger umgehen. Geschah ihm Recht. Jawohl!

Resigniert legte der Alejandro den Kopf in den Nacken und stierte zur Abwechslung mal in den Himmel. Beziehungsweise in das Blätterdach, das diesen vor seinen Blicken verbarg. Irgendwie war das heute ein beschissener Tag.
Und er wusste immer noch nicht, was sie von ihm wollten.

[Simon Payne]

Nein. Natürlich hatte er nichts bei sich gehabt. "Seinen Namen wissen wir also auch noch nicht?", erkundigte er sich schlicht weiter. "Wie nennen wir ihn? Er sieht wie ein ..." Simon runzelte die Stirn und betrachtete den Dunkelhaarigen erneut. Noch so ein Handtuch wie Healy. "Sieht wie ein Rory aus. Nein, Aubrey. Oder Nevada ...", sinnierte er herum. Wenn ihm genug blöde Namen einfielen würde der Kerl vielleicht freiwillig mit der Information herausrücken.

Auf jeden Fall hatte der Bengel wohl noch nichts zu trinken bekommen, wenn sein trotziger Gesichtsausdruck und die Aussage von dem Brummbären, dass er ja wohl nichts brauche, wenn er noch so herumbrüllen könne, irgendeinen Anhaltspunkt bot. Aber Simon brauchte anschließend auch unbedingt zu trinken, da würde er den Gefangenen zur Sicherheit mitversorgen. Im Moment war er stinkig auf Healy und Dante und wenn sie ihm blöd kamen, würden sie ihren Gefangenen ebenso schnell wieder verlieren, wie sie ihn gemacht hatten. Simon war tatäschlich verrückt genug, den Jungen laufen zu lassen, nur um den beiden eins auszuwischen. Aber das wussten die ja nicht.

Er ließ tatsächlich zu, dass der Brummbär die Wunde versorgte. Mehr aus dem Grund heraus, dass er sie ohnehin nicht selbst hätte versorgen können, als wirklich irgendwelches Vertrauen zu dem Mann zu haben. Aber verrückt oder nicht, Simon wusste sehr genau, wann es besser war, einfach mal die Klappe zu halten und das hier war genau so ein Moment.

[Dante Powell]

Offensichtlich hatte der Junge wirklich kein Verlangen nach Wasser; sonst hätte er wohl das Maul aufgemacht. Dante nahm es achselzuckend zur Kenntnis - ebenso, wie er mit leichter Überraschung, aber auch einer Portion Erleichterung registrierte, dass Simon nichts gegen seine Behandlung einzuwenden hatte. Also fuhr er damit fort, die Wunde zu versorgen, worin er berufsbedingt einige Erfahrung gesammelt hatte. Natürlich waren seine Stiche nicht die feinsten, aber Narben brachten einen nicht um, und bei Simons Lebensstil konnte Dante sich auch nicht vorstellen, dass der Mann von Eitelkeitssorgen geplagt wurde. Zumindest würde er nicht mehr langsam verbluten.

Die Namensraterei brachte ein müdes Zucken in Dantes Mundwinkel. "Sieht aus wie einer, über dessen Namen wir uns nicht mehr lange Gedanken machen müssen", brummte er, ohne von seiner Arbeit aufzusehen. Ein unliebsamer Zeuge - normalerweise gab es da eine schnelle und relativ problemlose Möglichkeiten, so einen loszuwerden. Sicher, direkt am Lager der Expedition hatten sie ihn nicht umlegen können, sowas gab ja auch immer unfreundliche Spuren und noch unfreundlichere Fragen, aber jetzt, wo die Expedition doch vermutlich eh der Meinung war, dass der Junge sich verlaufen hatte, konnten sie sich seiner hier auch in aller Ruhe entledigen. Wenn den je wer fand, würden die Aasfresser schon dafür gesorgt haben, dass nicht mehr viele Spuren auf sie hindeuten konnten.

[Alejandro Cortez]

Alejandro schnaubte leise, als der Angeschossene ihn mit diversen doofen Namen bedachte, nur um ihn – offensichtlich genug – zum Reden zu bringen. So funktionierte das nicht. Da konnten die sich auf den Kopf stellen! Und das mit dem Wasser... nun, das konnte ER wohl vergessen. Der Gefangene schluckte und bemühte sich krampfhaft NICHT an seinen Durst zu denken und das kalte Glas Wasser, das gerade in seinem Kopf herumschwebte zu ignorieren.
‘ Verdammt nochmal!‘

Wenigstens waren die beiden damit beschäftigt, diesen Payne zu verbinden und kümmerten sich nicht weiter um ihn. Brachte ihm zwar nichts, weil er sowieso nirgends hinkonnte, aber wenigstens musste er sich keine dummen Sprüche anhören.
Auch wenn ihn TROTZDEM interessierte, wieso er hier war.

Allerdings hatte der Große irgendwie so geklungen, als ob man ihn, Alejandro, sowieso wieder loswerden wollte und vielleicht hieß das ja, dass sie vorhatten ihn einfach hier zu lassen. Das hatte Vor- und Nachteile. Ein Vorteil war, dass er dann rumbrüllen konnte und ihn vielleicht jemand vom Lager hören würde, einer der Nachteile, dass... er keine Ahnung hatte, ob die Expeditionsteilnehmen überhaupt nach ihm SUCHTEN. Vielleicht dachten sie ja, er wäre den anderen beiden gefolgt und...
Weiterdenken war ungesund, also ließ er es wohl besser.

[Simon Payne]

Das Zucken in Dantes Mundwinkel verbuchte Simon als kleinen Sieg und rang sich ein müdes Lächeln ab. Er fühlte sich mehr als ein bisschen unwohl, im Moment und war sich nicht sicher, wie viel Blut er im Laufe der Nacht verloren hatte. Eigentlich hatte er die Wunde doch direkt verbunden, oder nicht?
"Mag sein", kommentierte er das Murren des Brummbären und betrachtete kurz die Arbeit des Größeren. Ob er davon Narben behalten würde und wie diese aussahen, war ihm reichlich egal. Hauptsache versorgt.

Wieder glitt sein Blick zu dem Gefangenen und zurück zu Dante, dann umher. Er hatte Durst. Er brauchte etwas zu trinken ... und der Gefangene wohl auch, egal ob der Brummbär das hören wollte oder nicht. Aber sagen würde er nichts. Die Typen hier im Lager waren nicht gerade die freundlichsten Gefährten. War er auch nicht. Eigentlich. Aber im Moment konnte er wohl mit dem Gefangenen sympathisieren. Irgendwie ... oder er bekam Fieber. Ups.

"Danke", murrte er trotz allem, als das Bärchen mit der Versorgung fertig war. Auch wenn der Idiot ja eigentlich Schuld daran hatte, dass er gerade Probleme hatte. Trotzdem. Anstand musste sein. Auch für einen Simon Payne.

[Dante Powell]

Dante nickte nur knapp auf Simons Dankeschön hin, denn er hatte das Gefühl, als müsste jede seiner Antworten auch mti einer Entschuldigung verknüpft sein. Oder sollte er sagen, dass er ihn selbst verbunden hätte, wenn irgendwer anderes ihn angeschossen.. nein. Nein, das brachte das leidige Thema nur wieder auf. Also begnügte Dante sich damit, die Nadel zu säubern und alle Fläschchen und Tuben sowie das übrig gebliebene Verbandszeug wieder einzupacken. Hoffentlich benötigten sie so bald nicht wieder was davon.

"Wann wollte Santiago.." ..zurück sein, hatte er fragen wollen, aber der, dem er die Frage stellen wollte, war nicht zu sehen. Dante runzelte die Stirn. Verdammt, wo war Healy denn jetzt hin verschwunden? Suchend blickte er hinüber zu Alejandro - nein, wider jeden Erwartens hockte er nicht beim Gefangenen und versuchte ihn zum Quatschen zu bringen. Sollte er sich hingelegt haben? Dante ging leicht in die Hocke, um in Richtung von Healys Zelt zu starren, aber da konnte er auch keine Bewegungen ausmachen. Fuck. Hatte der nicht gerade noch gesagt, sie sollten alle im Lager bleiben?

"Wo ist denn Healy hin?", erkundigte er sich in Simons Richtung, warf aber auch dem Gefangenen einen Blick zu, der unter den zusammengezogenen Brauen durchaus bedrohlich wirken konnte. Wenn der Hüpfer was gesehen hatte, während Dante sich um Paynes Wunde gekümmert hatte, und das Maul nicht aufmachte, würde er's bereuen. Argwöhnisch spannte Dante seine Muskeln an. Konnte es sein, dass irgendwer den Kleinen gesucht und schon gefunden hatte?!