Schlauchboot 2

[Elvis Strindberg]

Elvis hob grinsend einen Mundwinkel. Klar, die Kiste hing schon ziemlich tief, aber dachte Sébastien denn wirklich, er - Elvis Strindberg, Veteran so mancher Schlacht am Buffet und sicher längst Träger des goldenen Traggurts, wenn der endlich mal verliehen wurde - würde sie so lange Zeug einladen lassen, bis sie untergingen? Natürlich war schon einiges Wasser zusammen mit ihrem Treibgut ins Innere gelangt, und ja, das Manövrieren fiel schon schwer, sodass er seine Muckis ordentlich einsetzen musste, aber wenn der Sébastien ihn gefragt hätte... also Elvis hätte noch ein paar Dingelchen einsammeln können. Jetzt nicht die Sachen, die eh fast am Ufer hingen, dafür tigerten ja sein Schützling und der junge Mann mit dem Seesack (jetzt natürlich ohne Seesack) zwischen dem Gestrüpp hin und her. Andererseits beschlich Elvis das Gefühl, als hätten sie so langsam nahezu alles eingesammelt, was es noch einzusammeln gab; das gesunkene Boot war ja auch kein reines Frachtschiff gewesen. Was jetzt nicht mehr im Wasser dümpelte, war wohl erst einmal verloren.
"Hier, amigo", sagte er und schob Luca, der davon wenig begeistert schien, ein Paddel mit dem Fuß herüber. Irgendwie - also sicher wusste auch Luca ü-ber-haupt nicht, wie das hatte passieren können! - irgendwie war es während des Einladens immer mehr außer Reichweite des jungen Canalli geraten, denn sonst hätte der doch bestimmt längst gern wieder mitgepaddelt. "Bringen wir das Schätzchen nach Hause."
Noch immer grinsend begann Elvis, ihr Boot auf den richtigen Kurs zu bringen. "Nimm's nicht allzu schwer", versuchte er Sébastien aufzuheitern, als er dessen Seufzer selbst durch das Rauschen des Flusses hörte. Mannmannmann, den hatte doch wohl noch nicht der Blues gepackt? "Ich bin schon mal schlimmer gestartet." Auch wenn die Mücken mittlerweile tief genug tanzten, die Hitze drückend genug war und der Himmel sich anschickte, sein hübsches Muster aus Wolken zu verdichten, sodass Elvis bald mit dem Beginn der Gewitter rechnete. Dann wurden sie noch mal nass. Also alle.

[Sebastien Lemaitre]

Auch Sébastien hatte die Wolken bemerkt, die sich über ihnen zusammenzubrauen begannen. Das fehlte jetzt gerade noch. Obwohl..., bis er das Boot gemeinsam mit Luca hoch zur Anlegestelle gepaddelt hatte, war er vermutlich eh so nass geschwitzt, dass es darauf letztlich auch nicht mehr ankam. Die beiden paddelten wie wild, um das schwer beladene Schlauchboot gegen die träge Strömung vorwärts zu bewegen, derweil Elvis am Steuer den Kurs hielt. "Du bist schon mal schlimmer gestartet?" fragte Sébastien dann leicht ausser Atem nach. "Ernsthaft? Wie?" Viel schlimmer als dieser Start ging es doch wirklich kaum.

Als sie endlich wieder bei den anderen ankamen, war der Himmel über ihnen so finster, dass es nur noch eine Frage von Minuten war, bis sich das Unwetter über ihnen entlud. Aber Sébastien war so durchgeschwitzt und erhitzt, dass er gegen einen abkühlenden Regenguss plötzlich gar nichts mehr hatte. "Schnell, bringen wir die Sachen ins Trockene, bevor sie noch nasser werden...", sagte er, sprang an Land und begann ihre Ausbeute zu entladen.

tbc Unterer Laufe der Laete bzw. Zeitsprung

[Elvis Strindberg]

"Ha! Und wie!" Elvis nickte enthusiastisch und kramte in seinem Gedächtnis nach ein paar besonders dramatischen Geschichten aus seiner umfangreichen Trägerhistorie. "'99, da war ich oben an der Grenze zu Panama, da muss uns irgendwer was ins Essen gemischt haben, denn da lag die ganze Mannschaft am Abreisetag kotzend auf den Knien und hat der Porzellankönigin gehuldigt. Junge, was hab ich da reihern müssen!" Reichlich unpassend zu seiner damaligen Empfindung grinste Elvis breit. "Danach hätte ich jede Kotzmeisterschaft gewonnen." Er lachte laut, während er sein Paddel kräftig durch das Laetewasser zog und dabei den Kurs korrigierte. Sein Hintern war mittlerweile von dem Wasser, das mit dem Frachtgut ins Boot geschwappt war, ziemlich durchnäßt, und Elvis wusste, dass er sich gleich an Land erst mal würde entschuldigen müssen, um irgendeinen Baum gießen zu gehen. "Und dann hab ich mal auf so nem Tauchschiff ausgeholfen, also so ein Frachter, auf dem sie auch eine Tauchkabine dabei hatten, mit der die Forscher runterwollten, um irgendein Wrack zu untersuchen, 2006 war das. Da sind wir gleich am ersten Tag von einem Sturm erwischt worden, ich sag dir... Der hat jedenfalls das Mini-U-Boot über Bord gespült, da war die Expedition gleich zu Ende. Und die Hälfte war seekrank, da haben wir auch ordentlich die Fische gefüttert, und wer sein Glück gegen den Wind versucht hat, hatte die eigene Kotze gleich wieder im Bart kleben." Wieder musste Elvis lachen. Das war nämlich so einem arroganten Arschkriecher passiert, und keiner hatte Mitleid mit dem Typen gehabt.
"Oh, und dann war da noch so eine Tour in Neu-Argento, das ist jetzt zwei oder drei Jahre her, da waren unsere Bergführer verschwunden. Der Chef von der Tour hat noch rumgefragt, ob wer die ersetzen kann, aber das kannste da oben vergessen, wenn du dich nämlich in den Bergen verirrst, landest du ruckzuck in einer Spalte, oder dich erwischt ein Gewitter und du frierst dir den Schniedel ab.. Nee, das hat also keiner gemacht. Der Chef hat vielleicht getobt! Und dann, am Abend, kam so'n Anruf von der Polizei. Da sind die Bergführer mit der Vorkasse ab ins nächste Bordell und haben dermaßen über die Strenge geschlagen, dass die einkassiert wurden. Und die Polizisten wollten dann ordentlich Kohle sehen, da hat der Chef die ganze Chose gleich abgeblasen und die Jungs im Knast gelassen." Elvis wackelte melancholisch mit dem Kopf und schlug mit der Hand nach ein paar tieffliegenden Fliegen. "Der hatte sicher nie wieder Vorschuss gegeben."
Und so langsam klebte die Hose echt unangenehm! Nur gut, dass sie da auch tatsächlich schon das Land ansteuern konnten.

tbc: Unterer Lauf der Laete oder nächster Tag

[Narracion]